Zwang infolge von Schwinden und/oder Temperatur
Die in Stahlbetonbauteilen entstehende Zwangkraft ist häufig schwierig abzuschätzen. Dies gilt insbesondere bei Stahlbeton-Hochbaudecken, bei denen immer eine kombinierte Beanspruchung aus Last und zentrischem Zwang vorliegt. Bei der Bemessung im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit (und hierbei insbesondere beim Nachweis der Rissbreiten) ist eine realistische Abschätzung der Zwangkraft aber von wesentlicher Bedeutung. In Stahlbeton-Hochbaudecken können Zwangkräfte infolge von Schwinden und/oder von Temperaturänderungen entstehen. Diese beiden Arten von Zwang rufen in Stahlbetondecken unterschiedliche Arten von Beanspruchungen hervor. Dies liegt darin begründet, dass im Falle von Betonschwinden die im Verbund mit dem Beton liegenden Bewehrungsstäbe stützend wirken und die Schwindverformung behindern, während bei Stahlbetonbauteilen, auf welche Zwangkräfte infolge einer Abkühlung wirken, sowohl der Beton als auch die Bewehrung unter Zugspannungen stehen. Dieser Unterschied führt zu deutlichen Abweichungen im Verlauf der N-ε-Kurven von Stahlbetonbauteilen unter solchen Beanspruchungen und muss bei der Ermittlung der Zwangkräfte beachtet werden. Zwangkräfte können zudem auch für die Bemessung aussteifender Bauteile von wesentlicher Bedeutung sein. Wände, Aufzugsschächte u. ä. hindern Stahlbeton-Hochbaudecken daran, sich bei Schwindvorgängen, etwa infolge von Temperatureinwirkungen, zu verlängern oder zu verkürzen. Dabei entstehende Kräfte, die auf aussteifende Bauteile wirken, sind zum Teil erheblich und dürfen bei der Bemessung nicht vernachlässigt werden.