InformationsZentrum Beton: Begehbare Schale aus Beton

Ein Beton-Kobel ist der Dreh- und Angelpunkt des ökologischen Themenwanderwegs der Gemeinde Rimpar – und ein Paradestück dafür, wie Topografie und ein Gebäude auf ideale Weise miteinander verschmelzen. Möglich wird das durch ein innovatives Planungskonzept, den flexiblen Baustoff Beton, ein ausgeklügeltes Herstellungsverfahren und ein eingespieltes Team.Einen kleinen Verschlag für Haustiere oder ein Nest für Eichhörnchen und Haselmaus nennt man Kobel. In der bayerischen Gemeinde Rimpar, etwa 10 km nördlich von Würzburg gelegen, ist jetzt mit dem Kobel ein mit der Landschaft nahezu verschmelzender Unterschlupf entstanden, der allerdings in erster Linie Menschen Zuflucht bietet. Bauherrin ist die Gemeinde Rimpar, die den Kobel fortan als Markenzeichen für den Ökolehrpfad etablieren möchte.

 

Unterschlupf mit archaischem Charakter

In seiner Grundfläche misst der Kobel 8 x 8 Meter, hat etwa 45 m² Nutzfläche, bietet Platz für ungefähr 50 Personen und sein höchster Punkt liegt bei 3,40 m. Nicht nur in den Dimensionen unterscheidet sich das Bauwerk von einem filigranen Kleintierunterschlupf, auch beim eingesetzten Material: Der Kobel ist eine homogene, offene Schale aus sandgestrahltem Beton der Festigkeitsklassen C30/37, XCF, XF1 WF, Zuschlag Muschelkalk.

Da sich der Kobel topografisch und hinsichtlich der eingesetzten Materialien harmonisch in die Umgebung eingliedern soll, wurden Rohstoffe gewählt, die erst mit längerer Nutzung ihren Charme entwickeln. „Wichtig ist, dass die Materialien gut altern können und auch auf Dauer beständig bleiben. Der Charakter der Materialien soll archaisch sein und bleiben, erklärt Architekt Jochen Hofmann, der ohnehin damit rechnet, dass der Kobel im Lauf der Jahre „Patina“ ansetzt. Um die sandgestrahlten Betonflächen vor unliebsamen Sprayerattacken und vor zu starker Verwitterung zu schützen, wurden die Betonoberflächen hydrophobiert.

 

Von der Kartoffel zur Betonschale

Die Idee zur Schale kam dem Architekten beim Kochen, genauer beim Kartoffelschälen, nachdem er lange nach einer geeigneten Form für den Kobel gesucht hatte. „Daher war das erste Modell tatsächlich eine halbierte und in der Mitte ausgehöhlte Kartoffel“, so Hofmann. Weiter ging es dann am Computer, später wurde die finale Form anhand eines 3D-Modells exakt bestimmt. Die Herausforderung war nun, dieses Planungsmodell in seinen genauen Dimensionen in die Realität umzusetzen. Dabei sollte alles möglichst ohne sichtbare Trennfugen im Bauteil und insgesamt wirtschaftlich ausgeführt werden.

„Wir haben lange überlegt, wie man Boden, Wand und Decke aus einem Guss herstellen kann. Schnell war klar, dass man hier nur mit Beton arbeiten kann, um diesen monolithischen Charakter zu erhalten“, so Hofmann. Für die weitere Ausführung auf der Baustelle wandte sich der Architekt an die Baufirma Liebstückel GmbH, vor allem Dipl.-Ing. Martin Liebstückel, und an das Ingenieurbüro WSP Ingenieure. Vor der Herstellung der großen Form fertigte man zunächst ein kleines Modell an. „Das Verfahren haben wir im Vorfeld gemeinsam mit der Baufirma und dem Tragwerksplaner entwickelt und beim Kobelprojekt erstmals getestet,“ so Jochen Hofmann.



Herausforderung gekrümmte Schale

Der Kobel besteht aus zwei Halbschalen, die vor Ort hergestellt wurden. Der erste Abschnitt war das Boden-/Wandelement. „Hier kam es darauf an, zunächst eine saubere, ebene Arbeitsfläche aus Magerbeton zu erstellen. Der Beton durfte allerdings nicht zu flüssig sein“, erklärt Martin Liebstückel. Verbaut wurde ein Magerbeton der Festigkeitsklasse C 12/15. Da der Kobel etwa 1 Meter ringförmig aus dem Gelände hinausragt, fertigte das Bauteam ein CAD-basiertes Lehrgerüst aus Holzschablonen für die Schalung an. „Dieses wurde mit Auffüllmaterial aus Sandbeton aufgefüllt, verdichtet und mit einem Ausgleichsputz abgezogen. Auf der Baustelle wurde ein Negativ als Schalung hergestellt“, erklärt Martin Liebstückel das aufwändige Verfahren. Auf dieser Schalung wurde die Bewehrung verlegt. Um die Halbschale später drehen zu können, betonierte man zwei Einbauteile in die Schale mit ein.

Nach der Trocknungszeit wurde das Boden-/Wandelement in einer spektakulären Aktion mit zwei Autokränen gewendet und in die finale Position gebracht. Anschließend konnte auf diesem Bauabschnitt der Aufbau der zweiten Halbschale des Wand-/Deckenelementes erfolgen. Hierzu wurde das Boden-/Wandelement vollständig mit Sandbeton aufgefüllt und darauf in gleicher Vorgehensweise wir zuvor beschrieben die Schalung für das Wand-/Deckenelement hergestellt. Darauf wurde wieder die Bewehrung eingebaut und die Lichtkuppel aus Cortenstahl mit eingesetzt.



Etwas Außergewöhnliches geschafft

„Nach der Trocknungszeit wurde der verdichtete Sandbeton in Kleinarbeit mit einem Minibagger aus dem Kobel heraus gebaggert. Die Oberfläche mussten wir sogar in Handarbeit freigelegen“, erzählt der Architekt Jochen Hofmann, dem der Kobel schon die ein oder andere schlaflose Nacht bereitet hat. Doch das gehört wohl dazu bei einem so außergewöhnlichen Projekt, zumal seiner Ansicht nach „alle Beteiligten wie Bauherrin, Tragwerksplaner, Baufirma und alle sonstigen Partner einwandfrei zusammengearbeitet haben.“

 

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