Mittelstand 4.0: Lücke zwischen digitalen Möglichkeiten und praktischem Einsatz schließen
17.07.2018Es mag paradox klingen, doch die Übernahme von modernen digitalen Methoden und Werkzeugen durch das deutsche Baugewerbe stockt aufgrund der aktuellen Hochkonjunktur. Kaum ein Bauherr ist bereit, sein Bauprojekt baubegleitend als ein mögliches Anwendungs- und Übungsfeld für neue digitale Anwendungen und Prozessketten anzubieten. Zu groß ist schlicht der Bedarf, Bauvorhaben so schnell wie möglich abzuschließen und das nächste Projekt starten zu können. Die Bereitschaft, neue Technologien, neue Methoden und neue Prozesse einem praxisgerechten Test zu unterziehen, ist gering. Die Folge ist, dass das enorme Wertschöpfungspotenzial von digitalen Methoden und Techniken ungenutzt bleibt und die mittelständisch geprägte Bauwirtschaft in Deutschland weiter an Wettbewerbskraft verliert. Viele Hersteller und Unternehmer sehen die Gefahr, auch und besonders im internationalen Wettbewerb weiter ins Hintertreffen zu geraten. Jetzt, da man bereit ist, die Digitalisierung aktiv anzugehen, scheitert es an den Möglichkeiten, dies zu tun. Es fehlen in großem Umfang die notwendigen Umsetzungs- und Übungsfelder.
Testfelder für die Erprobung digitaler Techniken und Methoden
Genau hier hilft das neue Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum Planen und Bauen mit seinen fünf regionalen Standorten und Forschungseinrichtungen. Um die Hürden beim Auftraggeber zu nehmen, werden von den Partnern des Kompetenzzentrums Planen und Bauen Zwischenschritte mit zielgruppenspezifischen Demonstratoren, generischen Bauanwendungsfeldern und ersten Umsetzungsprojekten initiiert. Im geschützten, aber praxisgerechten Testfeld können gemeinsam mit kleinen und mittelständischen Unternehmen neue digitale Lösungen und Prozessketten aufgebaut, erprobt, optimiert und der erzielbare Mehrwert nachgewiesen werden. Damit wird der Bauherr nicht zum Erstanwender neuer digitaler Techniken und Methoden, sondern erhält durch die praxisgerechte Anwendung im Testfeld einen nachvollziehbaren Nachweis der Funktions- und Leistungsfähigkeit der neuen Lösungen.
Damit steigen die Chancen, einen Erstanwender für neue Lösungen am freien Markt zu finden deutlich. Hierfür hat das Kompetenzzentrum bereits eine Reihe von Bauherren an sich gebunden, die bereit sind, neue Lösungen nach einem entsprechenden „Prove of Concept“ durch das Kompetenzzentrum Planen und Bauen in ihre Bauvorhaben einzubinden. Erste Umsetzungsprojekte wurden gestartet und es sollen noch viele weitere folgen. Auf der Webseite des Kompetenzzentrums wird man in Kürze die Möglichkeit haben, eigene Umsetzungs- und Anwendungsprojekte zu vernetzen, so dass der Austausch an Erfahrung und Anwendung beschleunigt und intensiver wird.
Neue funktionsfähige Prozessketten erforderlich
„Die Digitalisierung des Mittelstandes und des Handwerks wird scheitern oder zumindest massiv verzögert werden, wenn wir nicht für das notwendige Anwendungsfeld sorgen“, ist Thomas Kirmayr, Leiter des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Planen und Bauen, überzeugt. „Neue digitale Geschäftsmodelle erfordern neue funktionsfähige Prozessketten, bevor sie am Markt erfolgreich platziert werden können.“ Hiervon sind vor allem mittelständische Bauprodukthersteller, das Handwerk und Start-Ups betroffen.
„Es müssen digitale Prozessketten zwischen mehreren Bauprozessbeteiligten geschlossen werden und das kann nicht in realen Bauprojekten erprobt werden. Die Partner des Kompetenzzentrums Planen und Bauen werden den Zielgruppen Lösungen, Anwendungsprojekte und Demonstratoren von der Projektentwicklung über die Planung, der Bauausführung und dem Bauhandwerk bis hin zum Gebäudebetrieb mit SmartHome und IoT zur Verfügung stellen.“
Dafür baut das Kompetenzzentrum neben den festen Partnern ein starkes Netzwerk aus kleinen und mittelständischen Unternehmen und innovativen Handwerksbetrieben auf. Aber auch Bauherren und Multiplikatoren gehören zu den engen Kooperationspartnern.
„Wir müssen gemeinsam mit innovativen Unternehmen belegen, welcher Mehrwert und Wettbewerbsvorteil aus der Digitalisierung entsteht und damit die anderen zur Nachahmung motivieren“, erläutert Kirmayr die Umsetzungsstrategie. „Nichts treibt mehr zur Nachahmung an als die erfolgreiche Anwendung digitaler Techniken durch den ärgsten Konkurrenten.“
„Wir wollen zeigen was geht, und davon kontinuierlich mehr“, lautet das einfache Credo.
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