Die Rolle von Fertigteilen zur Verringerung des CO2-Ausstoßes
„Die werkseitige Herstellung von Betonfertigteilen kann den CO2-Ausstoß um 25 % senken und hat das Potenzial, jährlich Milliarden Tonnen an CO2-Emissionen einzusparen. Warum also wird das Thema so vernachlässigt?“, fragt Mats Jungar, CEO von Elematic.
Auf der einen Seite sind die Rohstoffe für Beton in Hülle und Fülle vorhanden und die Herstellung von Betonfundamenten und -strukturen ist kostengünstig. Auf der anderen Seite trägt Beton mit ca. 8 % zum weltweiten CO2-Ausstoß bei. Es herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass dieser Wert gesenkt werden muss, damit die Welt die Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen, der COP26 usw. erfüllen kann. „Das Problem ist, dass es keine sofort verfügbaren (und bezahlbaren) Alternativen zu Beton gibt. Der Ersatz von Beton durch Stahl, Ziegel oder Holz ist nicht wirtschaftlich und würde, wenn er in den weltweit benötigten Mengen verwendet würde, seine eigenen Umweltprobleme verursachen. Finnland beispielsweise müsste in seinem waldreichen Land in nur wenigen Jahren alle Bäume fällen, um Beton durch Holz zu substituieren. Beton ist also leicht zu kritisieren, aber schwer zu ersetzen“, so Jungar weiter.
„Zwar werden Anstrengungen unternommen, um die Lieferkette von Beton sauberer zu machen – etwa durch die Entwicklung von CO2-freiem Stahl für Bewehrungsstäbe, den Verzicht auf kohlebefeuerte Öfen zur Herstellung von Zementklinker oder den Ersatz von Zement durch z. B. Flugasche – doch wird sich dadurch das CO2-Problem von Beton kaum lösen lassen. Wenn heute jemand sagen würde, dass es eine Technologie gibt, mit der Betongebäude mit einem um 25 % geringeren CO2-Ausstoß gebaut werden können, würde dies kaum jemand glauben.“
Fertigteile sind die sauberere Alternative
Die Lösung könnte darin bestehen, Wände und Böden nicht in Ortbeton, sondern in streng kontrollierten Fertigteilanlagen herzustellen. Während eine auf der Baustelle betonierte Decke aus massivem Beton besteht, wird bei einer Hohldielendecke – mit ihren Hohlräumen im Kern – nur etwas mehr als die Hälfte des Betons benötigt. Der Zementverbrauch sinkt um ein Drittel pro m3 Beton, da das Verdichtungsverfahren im Werk wesentlich effektiver ist. Selbst der Stahlverbrauch ist geringer, da er vor dem Betonieren vorgespannt wird, sodass pro m2 Hohldiele etwa 10 bis 15 kg weniger Stahl benötigt werden. Und das ist noch nicht alles – weil die vorgefertigten Hohlkörperdecken so viel leichter sind, wird auch weniger Beton für die Fundamente benötigt. Außerdem kann so die Anzahl der tragenden Innenwände erheblich reduziert werden.
Die Liste der Vorteile beim Einsatz von vorgefertigten Betonelementen gegenüber Ortbeton ist lang. Die Möglichkeit, Dämmstoffe in den Prozess einzubauen, senkt nicht nur die Heizkosten im Winter, sondern kann auch die Kosten für Klimaanlagen (und den damit verbundenen CO2-Ausstoß) in heißen Klimazonen drastisch senken. Ausschuss ist ein großes Problem beim Betonieren auf der Baustelle – bei Fertigteilen kann überschüssiges Material wieder in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Anders als in trocken-heißen Wüstenklimaten, wo große Mengen an Wasser zum Schutz des frischen Betons benötigt werden, ist in einer werkseitig kontrollierten Fertigteilumgebung kein zusätzliches Wasser erforderlich.
Ein Hauch von Frischluft
Die Umweltverschmutzung beschränkt sich nicht nur auf CO2 – bis zu 25 % der Luftverschmutzung in Großstädten ist auf Staub zurückzuführen, der durch die Betonbauweise entsteht. Die Herstellung von Fertigteilen bietet ein enormes Potenzial zur Verbesserung der Luftqualität in Innenstädten. Nicht zuletzt kann durch die Verwendung von Fertigteilböden und -wänden die Bauzeit um ein Drittel verkürzt werden.
Die Tatsache, dass die Elemente einer strengen Qualitätskontrolle unterliegen und an Ort und Stelle gehoben und montiert werden können (oft ohne Gerüst), verbessert die Sicherheit auf der Baustelle und die Sicherheit über die gesamte Lebensdauer des Gebäudes.
„Wir bringen unser Haus in Ordnung“
„Trotz aller Vorteile gegenüber Ortbeton ist die Herstellung von Betonfertigteilen nicht perfekt, und wir arbeiten daran, unsere eigene CO2-Bilanz zu verbessern. Zu diesem Zweck haben wir bei Elematic vor kurzem die Anforderungen der Norm ISO14001 erfüllt, die uns dabei hilft, unsere Umweltleistung durch effizientere Ressourcennutzung und Abfallreduzierung zu verbessern – und unseren eigenen CO2-Ausstoß zu verringern und damit ‚unser Haus in Ordnung zu bringen‘“, so Mats Jungar weiter.
Elematic ist sich bewusst, dass der größte Teil des CO2-Ausstoßes, der durch die Fertigteiltechnologie verursacht wird, in der Nutzungsphase beim Kunden entsteht. Aus diesem Grund wird eine Reihe von Dienstleistungen angeboten, die helfen, eine CO2-Bilanz zu ermitteln und Maßnahmenpläne zu deren Reduzierung zu erstellen. Die Erstellung der CO2-Bilanz einer Anlage ist der erste Schritt zu einer kohlenstoffarmen Elementfertigung. Um den CO2-Ausstoß eines Bauprodukts zu bestimmen, muss die CO2-Bilanz des Produktionsprozesses bekannt sein, einschließlich der Emissionsauswirkungen der verwendeten Energie und Rohstoffe sowie des CO2-Ausstoßes der hergestellten Betonelemente. Detaillierte Berichte helfen bei der Ermittlung der effektivsten Möglichkeiten zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen von Fertigteilwerken.
„In unserer täglichen Arbeit ist es unsere Aufgabe, die Produktion von Fertigteilen so effizient wie möglich zu gestalten – mit weniger Material, Energie, Zeit – und CO2. Das Herzstück dieser Modernisierungstechnik bildet die Prozessautomatisierung und ‚Plant Control‘, eine Software-Suite, die die Optimierung von Fertigteilprozessen mit der neuesten IT verbindet. Wir kommen zur bauma mit einer ganzen Reihe von Innovationen, die unseren Kunden helfen, mit weniger mehr zu erreichen“, so Mats Jungar.
Mit Blick auf die Zukunft beteiligt sich Elematic auch an der Finanzierung des Loikka-Projekts, eines Joint Ventures, das darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen der Betonindustrie drastisch zu reduzieren. Im Rahmen dieses Projekts werden CO2-arme Betonfertigteile getestet. Der Übergang zu emissionsarmen Betonelementen stellt Betonfertigteilwerke vor eine Produktivitätsherausforderung: Wie kann die Produktion aufrechterhalten werden, wenn kohlenstoffarme Betonelemente langsamer trocknen als herkömmliche Betonelemente? Die Kunden von Elematic betreiben hunderte von Werken auf der ganzen Welt. Wenn ihnen der finnische Anlagenbauer helfen kann, den Übergang zu kohlenstoffarmem Beton zu schaffen, wird dies weitreichende Auswirkungen auf das Klima haben.
Der Klimaschutz verdient eine höhere Priorität
„Wenn also die Betonfertigteilproduktion in vielerlei Hinsicht so gut ist, warum ist sie dann nicht noch beliebter? Leider liegt die Antwort darin, dass Bauunternehmen bei Ausschreibungen meist den Zuschlag erhalten, wenn sie am billigsten und nicht am umweltfreundlichsten sind. Hinzu kommt, dass niemand in der Wertschöpfungskette des Bauwesens für die CO2-Emissionen eines Gebäudes verantwortlich ist. Von den großen Volkswirtschaften fördert nur China den Einsatz der Fertigteilbauweise. Dies ist die Lösung – nur durch neue Gesetze und Vorschriften kann der umweltschädliche Kreislauf der Entscheidung für Ortbeton durchbrochen werden. Die Ironie dabei ist, dass der Ruf von Ortbeton, die billigste Variante zu sein, nicht wirklich gerechtfertigt ist. Wenn man die kürzeren Bauzeiten, den geringeren Bedarf an Arbeitskräften und den geringeren Abfall berücksichtigt, sind Fertigteile mit der Ortbetonbauweise durchaus vergleichbar.
Angesichts der fortschreitenden Klimaerwärmung ist die Technologie zur radikalen Senkung des CO2-Ausstoßes im Betonbau heute vorhanden. Wir haben das entsprechende Know-how. Es stellt sich nur die Frage, ob jemand bereit ist, diese Chance zu nutzen“, so Mats Jungar abschließend.