Einfluss der Hydratation und des Wassergehaltes auf die Helligkeit von Zementstein
Die Farbgebung von Betonoberflächen stellt ein primäres architektonisches Merkmal dar. Im vorliegenden Beitrag werden die Einflüsse der Hydratation und des Wassergehaltes auf die resultierende Farbe von Zementstein untersucht und mittels farbmetrischer Kennwerte quantitativ bewertet.
Moderne Betonbauteile unterliegen nicht nur vielfältigen technischen Anforderungen, sondern es werden an sie häufig auch hohe ästhetische Ansprüche, wie z.B. eine definierte Farbgebung gestellt. Die Farbe von Betonoberflächen stellt dabei ein primäres architektonisches Merkmal dar. Bei mit glatter, nicht saugender Schalungshaut hergestellten Betonbauteilen bildet sich eine dünne Schicht aus Zementleim bzw. Zementstein an der Bauteiloberfläche, die für den visuellen Eindruck und insbesondere die Farbgebung bzw. Helligkeit des Bauteils maßgebend ist.
Im vorliegenden Beitrag werden die Einflüsse der Hydratation und des Wassergehaltes auf die resultierende Farbe von Zementstein untersucht und mittels farbmetrischer Kennwerte quantitativ bewertet. So ist es möglich, weitere Merkmale der Ausgangsstoffe zur Berücksichtigung der ästhetischen Eigenschaften hochwertiger Sichtbetonbauteile in die Planung und Betonentwicklung zu integrieren.
Einleitung
Neben den technischen Anforderungen wie Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit müssen Sichtbetonbauteile insbesondere Anforderungen an die Ästhetik der Betonoberfläche erfüllen. Oberflächenmerkmale wie z. B. die Textur der Oberfläche, die Form, die Anordnung und Ausbildung von Fugen und insbesondere die Farbe bestimmen dabei maßgebend die architektonische und ästhetische Wirkung des Bauteils. Insbesondere von Betonfertigteilen aus sog. „Architekturbeton“ (vgl. [1]) wird zumeist eine möglichst perfekte und einheitliche Farbgebung erwartet, deren Realisierung in der Praxis jedoch eine Herausforderung darstellt. Für die architektonische Wirkung des Bauteils oder Bauwerks, vor allem bei Verwendung von Architekturbeton, stellt die Farbe somit ein primäres Merkmal dar.
Eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst in der Ausführungsphase aber auch in der späteren Nutzungsphase das endgültige Erscheinungsbild von Betonoberflächen, wie z. B. die Wechselwirkungen zwischen Trennmittel, Schalungshaut und Beton sowie die Witterungsbedingungen nach dem Ausschalen [2, 3]. Während der Planungsphase spielt vor allem die Wahl der Ausgangsstoffe sowie die Festlegung betontechnologischer Eigenschaften eine entscheidende Rolle für die resultierende Farbe der Betonoberfläche [4, 5]. So kann die Farbe des Zementes bereits infolge der Zusammensetzung aber auch dem Abbaugebiet der Rohstoffe und dem Herstellungsverfahren variieren [6]. Durch die Wahl der Zementart und der Zusatzstoffe wird das endgültige Erscheinungsbild der Sichtbetonfläche hinsichtlich der Farbe und Helligkeit zwar bereits in der Planungsphase vorbestimmt, jedoch nicht endgültig festgelegt [7, 8]. Die endgültige Farbe und Helligkeit von hydratisiertem Zement wird neben dem Zement- bzw. Feinststoffgehalt im Beton insbesondere durch die Phasenzusammensetzung des Zementklinkers und hier wiederum durch den Anteil eisenreicher Schmelzphasen (wie z. B. Tetracalciumaluminatferrit, C4AF) im Klinker beeinflusst [6]. Darüber hinaus sind auch die Umgebungsbedingungen (Temperatur, Nachbehandlung etc.) bei der Hydratation des Betons entscheidend für die Farbgebung von Betonoberflächen [8]. Neben der Zusammensetzung des Zements und den Umgebungsbedingungen ist der Wassergehalt bzw. der w/z-Wert eine weiterer entscheidender Stellparameter zur Beeinflussung der Farbe bzw. Helligkeit. Die oberflächennahe Gefügeausbildung ist direkt vom Wassergehalt bzw. w/z-Wert abhängig was auch die Farbe bzw. Helligkeit beeinflusst. Je rauer und offenporiger die Betonoberfläche, desto mehr Licht wird an dieser diffus gebrochen und führt zu einem veränderten Remissionsverhalten [9]. Die physikalischen Grundlagen dazu sind z. B. in [10] ausführlich beschrieben. Demnach erscheint eine Betonoberfläche mit hohem w/z-Wert und ofenporigem Gefüge heller als eine Betonoberfläche mit niedrigerem w/z-Wert und dichtem Gefüge [4].
Die Präferenz vieler Planer/-innen und Bauherr/-innen liegt in der modernen Sichtbetonbauweise weiterhin auf glatten Betonoberflächen mit gleichmäßig heller Farbtönung. Aus diesem Grund werden im vorliegenden Beitrag die Einflüsse der Hydratation und des Wassergehaltes auf die resultierende Farbe von Zementstein beschrieben und mittels farbmetrischer Kennwerte quantitativ bewertet. Dabei werden unterschiedlichste normative Zementarten unter Variation der Zusammensetzung (insbesondere Klinkergehalt und verwendete Zement-Hauptbestandteile und Zusatzstoffe) betrachtet. Der Schwerpunkt der vorliegenden Ausführungen liegt auf Laboruntersuchungen an Kleinproben. Eine Übertragbarkeit auf Betonoberflächen, die mit glatter nicht saugender Schalungshaut hergestellt werden, ist jedoch durchaus gegeben. Zunächst wird im nachfolgenden Abschnitt ein kurzer Überblick über die Grundlagen der Farbenmetrik und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Farbmessung gegeben.
Grundlagen der Farbmetrik
Farbe ist keine physikalische bzw. keine primäre stoffliche Eigenschaft, sondern eine menschliche Sinnesempfindung. Zur Wahrnehmung von Farben ist Licht erforderlich, so dass durch Reflexionseigenschaften von Körperoberflächen ein Farbreiz und infolgedessen eine Farbwahrnehmung beim Beobachter ausgelöst wird. Je nach Wellenlängenbereich wird dem Licht eine bestimmte Farbe zugeordnet, wobei nur der Wellenlängenbereich von 380 nm bis 729 nm für den Menschen sichtbar ist [11]. Maßbeziehungen zwischen einzelnen Farben können durch die Farbmetrik ausgedrückt werden. Man unterscheidet allgemein zwischen unbunten und bunten Farben. Unbunte Farben können einzig durch ihre Helligkeit beschrieben werden und sind demzufolge eindimensional. Zur Beschreibung von bunten Farben sind dagegen drei voneinander unabhängige Merkmale maßgebend. Zur technischen Erfassung von Farben bzw. Farbinformationen sind Messgeräte sowie spezielle Maßsysteme notwendig, da es sich – wie bereits erwähnt – um keine physikalischen Messgrößen handelt.
Als Ausgangspunkt der Farbmetrik dienen die sogenannten Normalspektralwertfunktionen. Demnach können Farben mit Hilfe der Farbmetrik objektiv gemessen und durch Zahlen eindeutig ausgedrückt werden [11]. Die zahlenmäßige Beschreibung von Farben erfolgt mittels Farbmaßzahlen in unterschiedlichen Farbräumen. Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Farbräume definiert, wobei sich der CIE-L*a*b*-Farbenraum auch im Bauwesen Akzeptanz gefunden hat. Der CIE-L*a*b*-Farbenraum wurde 1976 durch die CEN eingeführt und ist in DIN 6174 [12] bzw. DIN EN ISO 11664-4 [13] definiert. Die vom Menschen wahrnehmbaren Farben werden im CIE-L*a*b*-Farbenraum in eine geometrische Darstellung überführt und dabei weitgehend gleichabständig dargestellt. Hierdurch wird nachweislich eine hohe Übereinstimmung zwischen dem empfundenen Farbabstand – d. h. dem Unterschied zwischen zwei Farben – und dessen geometrischer Repräsentation im Farbenraum erzielt. Der Farbenraum ist als dreidimensionales Koordinatensystem in Zylinderform aufgebaut (vgl. Bild 1) und wird durch die Helligkeit (L*-Wert) und die Farbmaßzahlen (a*- und b*-Werte) aufgespannt.
Die Helligkeit wird durch den dimensionslosen Kennwert L* ausgedrückt und kann Werte zwischen L* = 0 (schwarz) und L* = 100 (weiß) annehmen. Die Farbmaßzahl a* beschreibt die rot-grün-Achse, wobei ein negativer Wert einer Grünfärbung und ein positiver Wert einer Rotfärbung entspricht. Der dritte Kennwert b* entspricht im positiven Bereich einer Gelbfärbung und im negativen Wertebereich einer Blaufärbung und definiert demnach die blau-gelb-Achse.
Untersuchungsmethodik
Zur systematischen Untersuchung des Einflusses der Hydratation sowie des Wassergehaltes auf die resultierende Farbe von Zementstein wurden Zementleime mit variierender Zementart sowie variierendem w/z-Wert hergestellt. Der Fokus der Untersuchungen lag auf reinen Zementleimen, da die resultierende Farbe von glatt geschalten Betonoberflächen vor allem von der Farbe des Bindemittels und dessen betontechnologischen Eigenschaften abhängig ist [5].
Im Rahmen der Untersuchungen wurden Zementleime aus unterschiedlichen Zementarten mit variierenden Anteilen an Hauptbestandteilen (vgl. Tabelle 1) entsprechend bei unterschiedlichen Wasserzementwerten w/z (w/z = 0,30; 0,40 und 0,60) hergestellt und für 28 Tage versiegelt bei 20 °C und 65 % rel. LF gelagert. Um eine Vergleichbarkeit zwischen den Messwerten des nicht-hydratisierten, pulverförmigen Zements und dem hydratisierten Zementstein sicherzustellen, wurde der Zementstein vor der Ermittlung der farbmetrischen Kennwerte auf eine vergleichbare Mahlfeinheit wie der Ausgangszement gemahlen. Dazu wurde der Zementstein zuvor bei 40 °C für 48 Stunden im Wärmeschrank getrocknet und anschließend in einer Scheibenschwingmühle gemahlen.
Die farbmetrischen Kennwerte wurden mit einem Imaging-Spektralphotometer (MetaVueTM VS3200, X-Rite) ermittelt und im CIE-L*a*b*-Farbraum gemäß DIN 6174 [12] bzw. DIN EN ISO 11664-4 [13] angegeben. Hierzu wurde die Probe im einen Probenhalter gefüllt und die Oberfläche glatt abgestrichen. Die Messfläche betrug jeweils 113 mm² und es wurden jeweils drei verschiedene Proben vermessen und der jeweilige Mittelwert gebildet.
Farbe von Ausgangsstoffen im unhydratisierten Zustand
Bild 2 zeigt unterschiedliche Zementarten sowie Zusatzstoffe im unhydratisierten Zustand. Es ist visuell deutlich ersichtlich, dass zwischen einzelnen Zementarten ein deutlicher Farbunterschied besteht. Auch zwischen den einzelnen Zementarten sowie Zusatzstoffarten kann visuell ein deutlicher Farbunterschied wahrgenommen werden. Je nach Anteil der verwendeten Nicht-Klinker-Hauptbestandteile weisen die Zementarten eine unterschiedliche Farbe auf. So kann z. B. beim Zement CEM III/B aufgrund des hohen Hüttensandgehaltes eine sehr helle Farbtönung im Vergleich zum Zement CEM I mit einem hohen Klinkergehalt wahrgenommen werden.
Die eisenhaltige Klinkerphase C4AF stellt einen entscheidenden Bestandteil für die Farbgebung von Zementen dar [6]. So ist die rein weiße Farbgebung von Weißzementen dadurch zu erklären, dass diese Klinkerphase in diesen Zementen nahezu vollständig fehlt. Die gräuliche Färbung typischer Zementarten resultiert hingegen maßgeblich aus den schwärzlichen Anteilen des industriellen C4AF und der Weißanteile der silikatischen und aluminatischen Klinkerphasen [6]. Die Intensität und Helligkeit der resultierenden Farbe ist dabei neben der absoluten Menge färbender Klinkerphasen auch von deren Zusammensetzung abhängig. Bild 3 zeigt den Zusammenhang zwischen dem L*-Wert unhydratisierter Zemente und dem Gehalt an C4AF. Deutlich zu erkennen sind dabei die sehr hohen L*-Werte (nahezu weiß) der Weißzemente bei einem sehr geringen C4AF-Gehalt. Mit zunehmendem C4AF-Gehalt ist dabei eine potenzielle Abnahme der Helligkeit bzw. des L*-Wertes festzustellen.
Farbmetrische Kennwerte - Einfluss der Hydratation
Aus Zementklinker sowie weiteren reaktiven Zementhauptbestandteilen bilden sich infolge der Hydratation Zementsteinphasen wie beispielsweise Calcium-Silikat-Hydrat C-S-H sowie Calciumhydroxid CH, die infolge dieser chemischen Umwandlung unterschiedliche Farbeigenschaften aufweisen. Bild 4 zeigt den Vergleich der Helligkeit unterschiedlicher Zementarten im unhydratisierten Zustand sowie der resultierenden, gemahlenen Zementsteine im hydratisierten Zustand mit einem w/z-Wert von 0,40. Die farbmetrischen Kennwerte wurden dabei jeweils an Pulvern mit vergleichbarer Feinheit bestimmt. Deutlich ersichtlich ist jeweils ein höherer L*-Wert im hydratisierten Zustand und somit einer zunehmenden Helligkeit unabhängig der Zementart. Auffällig ist jedoch, dass die aufhellende Wirkung infolge der Hydratation bei den reinen Portlandzementen CEM I deutlich stärker ausfällt. Mit zunehmenden Zusatzstoffgehalt im Zement (vgl. Tabelle 1) ist eine abnehmende aufhellende Wirkung infolge der Hydratation zu beobachten. Zur Bewertung dieser Aufhellung infolge der Hydratation wurde der sogenannte Verdünnungseffekt α gemäß Gleichung 1 berechnet.
Hierin beschreibt die Helligkeit (L*-Wert) des Zementes im hydratisierten Zustand und die Helligkeit (L*-Wert) des Zementes im unhydratisierten Zustand. Bild 5 zeigt dazu den berechneten Verdünnungseffekt α der untersuchten Zementarten in Abhängigkeit des Klinkergehalts der Zementart. Vereinfachend wurde dabei jeweils der normative mittlere Gehalt an Zusatzstoffen im Zement angenommen (vgl. Tabelle 1). Es ist eine deutliche Abhängigkeit zwischen dem Verdünnungseffekt und dem Klinkergehalt des Zements ersichtlich. So nimmt der Verdünnungseffekt mit abnehmenden Klinkergehalt nahezu linear ab. Da die Zementleime mit einem konstanten w/z-Wert von 0,4 hergestellt wurden, ist die abnehmende Aufhellung infolge der Hydratation mit geringerem Klinkergehalt insbesondere auf eine stärkere „Verdünnung“ des färbenden Fe2O3-Anteils um den chemisch gebundenen Wasseranteil zurückzuführen (vgl. [6]). Bild 5 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem Verdünnungseffekt α und dem färbenden Fe2O3-Anteil des Zements. Je höher der Gehalt an Fe2O3 im Zement, desto stärker ist die Aufhellung der Farbe infolge der Hydratation.
Farbmetrische Kennwerte - Einfluss des Wassergehalts bzw. w/z-Wertes
Neben der Zementart bzw. der Zusammensetzung des Bindemittels stellt der w/z-Wert einen weiteren zentralen Einflussfaktor der Farbe und Helligkeit von Zementstein dar. Bild 6 zeigt die farbmetrischen Kennwerte (L*-Wert) unterschiedlicher Zementarten im unhydratisierten sowie hydratisierten Zustand in Abhängigkeit des w/z-Wertes. Der zuvor beschriebene aufhellende Effekt (Verdünnungseffekt) infolge der Hydratation ist deutlich ersichtlich.
Darüber hinaus kann erkannt werden, dass mit zunehmenden w/z-Wert die Aufhellung infolge der Hydratation zunimmt. Die Farbe des Zementsteins wird mit zunehmendem Wassergehalt heller. Die Bildung des Gefüges ist direkt vom w/z-Wert abhängig und je höher dieser, desto offenporiger ist das Gefüge. Ofenporige Strukturen erzeugen eine erhöhte diffuse Reflektion was zu einem veränderten Remissionsverhalten und einem helleren Erscheinungsbild führt.
Zusammenfassung
Im vorliegenden Beitrag wurden die Einflüsse der Hydratation und des Wassergehaltes auf die resultierende Farbe von Zementstein untersucht und mittels farbmetrischer Kennwerte quantitativ beschrieben. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die resultierende Farbe von hydratisiertem Zementstein insbesondere vom Fe2O3-Gehalt der verwendeten Zementart abhängig ist. Je höher der Fe2O3-Gehalt des Zementes ist, desto stärker findet eine Aufhellung der Farbe des Zementes infolge der Hydratation statt. Gleichermaßen ist es beim Wassergehalt bzw. dem w/z-Wert, je höher der Wassergehalt bzw. der w/z-Wert, desto stärker ist die Aufhellung der Farbe infolge der Hydratation.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Betonoberflächen in Abhängigkeit der eingesetzten Ausgangsstoffe sowie betontechnologischer Parameter deutlich veränderte Farbeigenschaften aufweisen können. Die hier vorgestellten Erkenntnisse können z. B. zur Integration weiterer Merkmale (Farbmetrische Kennwerte oder Zusammensetzung der Ausgangsstoffe etc.) in die Entwicklung von hochwertigen Sichtbetonbauteilen. Die Auswahl der Ausgansstoffe sowie die Einstellung betontechnologischer Parameter kann somit spezifisch auf die jeweiligen geforderten Anforderungen bezüglich der Farbe bei der Planung angepasst werden.
REFERENCES/LITERATURE