Erstes Werk für klimapositiven Beton in Deutschland eröffnet
Leichter, ökologischer, universell einsetzbar und kostengünstig: Die Bton Fertigteilwerk GmbH hat den wichtigsten Werkstoff der Bauindustrie von Grund auf neu gedacht. Ab sofort wird dieser innovative Beton in Soltau gefertigt und eröffnet neue Perspektiven im Wohnungsbau. Ein ausführlicher Bericht über die neue Anlagentechnik folgt in einer späteren BFT-Ausgabe.
Die Antwort auf die Krise im Wohnungsmarkt ist mitentscheidend für die Zukunft unserer Gesellschaft. Es braucht bahnbrechende Innovationen, um auch in Zukunft die Menschen in Deutschland mit erschwinglichem, angemessenem und nachhaltigem Wohnraum zu versorgen. Dem im Jahr 2021 von Familie Sievers, Antonio Catarino und Thomas Demmel gegründeten Unternehmen Bton ist es gelungen, den Baustoff der Zukunft zu entwickeln und geht jetzt in die Produktion für den deutschen Markt. So hat die Bton Fertigteilwerk GmbH heute gemeinsam mit seinem Netzwerkpartner „80 Sekunden - Neues Bauen“ die erste hochmoderne Fabrik für ökologisch optimierten und klima-positiven Beton im niedersächsischen Soltau eröffnet. Damit ist ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft der nachhaltigen, dekarbonisierten Bauindustrie in Deutschland gesetzt.
„Herzlichen Glückwunsch zu diesem Meilenstein! Das, was Sie hier an Prozessen aufgesetzt haben, ist beeindruckend. Wir bauen darauf, dass Sie mit Ihren Lösungen Europa auf dem Weg in die Klimaneutralität unterstützen“, unterstrich auch Lena Düpont, Mitglied des Europäischen Parlaments, in ihrem Grußwort zur Eröffnung. Im Rahmen des Vorhabens wurden mehr als 9 Mio. Euro in Soltau investiert. Davon stammen 1,25 Mio. Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) als einzelbetriebliche Investitionsförderung.
In Soltau werden ab sofort mit einer neuen patentierten Hybrid-Mischtechnologie Betonfertigteile wie Fassaden-, Wand- und Deckenelemente für den Wohnungsbau nach DIN-Norm hergestellt. Dies ist die erste Anwendung der Technologie in einem Fertigteilwerk und ermöglicht CO2 nicht nur zu reduzieren, sondern in speziellen Rezepturen sogar mehr CO2 im Beton einzuschließen, als insgesamt emittiert wurde. Die von Thomas Sievers entwickelten Betonrezepturen und Technologie kombiniert innovative und patentierte Techniken zur Behandlung von Eingangsstoffen, Anmischen von Beton und dem Aushärten mit modernen digitalen Verfahren im Fertigungsprozess, um die Eigenschaften des Betons zu verbessern und die Produktionsprozesse effizienter zu gestalten. Es können sämtliche Betonsorten – neben Standardbeton auch LC-Beton, UHPC und zementfreier Geopolymerbeton – automatisiert, ökologisch optimiert und CO2-negativ kostengünstig produziert und zu qualitativ hochwertigen Fertigteilen verarbeitet werden. Die so hergestellten großformatigen Bauteile sind für das serielle Bauen konzipiert, was die Bereitstellung von Wohnraum erheblich beschleunigt.
Die erforderliche Produktionstechnik lieferten hauptsächlich die Maschinenbauer Avermann (Osnabrück) mit der Palettenumlaufanlage und MCT Italy (Perugia) mit dem Mischturm; außerdem beteiligt waren die Zulieferer Ratec, Curetec und Unitechnik. Ein ausführlicher Bericht über diese neue Anlagentechnik folgt in einer späteren BFT-Ausgabe.
Nachhaltige und klimapositive Betonproduktion
Herkömmlicher Beton ist ein weltweiter „CO2 Treiber“ mit einem Anteil von rund acht Prozent - allein durch die Zementherstellung - an den globalen CO2-Emissionen. Hier hat das Unternehmen Bton angesetzt, um durch Innovationen die CO2-Emissionen bei der Herstellung und Verwendung von Beton zu minimieren.
Die Hybrid-Mischtechnologie ermöglicht die Produktion besonders ökologischer Betonsorten, welche die CO2-Emissionen im ersten Schritt um bis zu 80 % im Vergleich zu traditionellen Verfahren reduzieren können. In einem zweiten Schritt werden kohlestoffsenkende Materialien (z. B. sog. Biochar) eingesetzt. Diese klimapositiven Betonsorten absorbieren mehr CO2, als für ihre Herstellung – insbesondere des Zements – verbraucht wird. Durch den Einsatz statisch wirksamer Fasern als teilweisen oder ganzen Ersatz von Stahlbewehrung wird zusätzlich CO2 im Beton eingespart. Dies ist ein bedeutender Schritt in Richtung nachhaltige Bauindustrie und Schonung unseres Ökosystems.
Der neue Beton liefert zugleich eine Antwort für weitere Fragestellungen. So ist herkömmlicher Beton sehr schwer: Teilweise werden bis zu 40 % der jeweiligen Teile nur gebaut, damit sich die Masse selber tragen kann. Der neue Beton von Bton ist bei gleicher Festigkeit wesentlich leichter und damit ressourcenschonender. Der innovative Beton bietet zugleich eine verbesserte Wärmedämmung, wodurch die Energiebilanz von Neubauten wesentlich optimiert wird und weniger Heizkosten anfallen.
Damit leistet der innovative Beton einen Beitrag zum Netto-Null-Ziel, bei dem Gebäude oder der Bauprozess netto keine Treibhausgas-Emissionen produzieren. Bton reduziert den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden und wird damit zum wichtigen Akteur bei der Dekarbonisierung der Bauindustrie und im Kampf gegen den Klimawandel.
Obwohl der „neue“ Beton diese immensen Vorteile aufweist, verteuern sich weder der Produktionsprozess noch der spätere Einsatz am Bau. Die Bauteile werden zu üblichen Marktpreisen angeboten und sind voll normkonform. Das heißt, sie entsprechen den gültigen EU-Normen und anerkannten Industriestandards hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Leistungsfähigkeit.
Patentierte Hybrid-Misch-Technologie
Im Bton Fertigteilwerk wird zukünftig ausschließlich ökologisch erzeugter Strom aus Photovoltaik und Solarthermie eingesetzt. Die entsprechenden Anlagen werden auf dem gesamten Gebäude in Kürze installiert. Die Wärmeerzeugung der Klimakammer, welche für die beschleunigte Aushärtung der Betonfertigteile sorgt, erfolgt klimaneutral über eine Wärmepumpe. Die eigenentwickelte Hybrid-Misch-Technologie spart im Vergleich zur herkömmlichen Mischtechnik Energie und Wasser ein – zusätzlich zu den CO2-Einsparungen beim Beton.
Dazu Bton-Geschäftsführer Antonio Catarino: „Zehn Jahre haben wir auf diesen Tag hingearbeitet und sind sehr stolz auf das Erreichte. Wir haben jetzt die Technologie, um einen großen Beitrag zu leisten, damit die Bauindustrie dekarbonisiert wird. In wenigen Wochen werden wir eine Tagesproduktion von ca. 500 m², später sogar von 1.000 m² Betonelementen erreichen. Darüber hinaus bieten wir aber auch Transportbeton für umliegende Baustellen an.“
Thomas Sievers, ebenfalls Bton-Geschäftsführer, ergänzt: „Unser Werk ist schon allein deshalb so außergewöhnlich, weil wir eine Technologie entwickelt haben, die es in Zeiten immer knapper Ressourcen unter anderem erlaubt, sogar den für die Betonherstellung eigentlich ungeeigneten Wüstensand in großem Stil als Zuschlagstoff einzusetzen. Außerdem erreichen wir im Vergleich zu herkömmlichem Normalbeton mit +270 kg CO2-Äq./m³ mit unserem Beton -30 kg CO2-Äq./m³, also eine klimapositive Bilanz, und dies bei mit 45 MPa identischen Druckfestigkeiten.“
Stärkung des Standorts Deutschland mit internationalem Ausblick
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer, MdL, sagte anlässlich des Festakts zur Eröffnung der Fabrik: „Ich freue mich sehr, dass die Bton GmbH in Soltau eine Vorreiter-Rolle in der Bauindustrie übernimmt. Klimaschonender, CO2-armer Zement ist ein ganz, ganz wichtiger Baustein, auf den wir aufbauen, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen.“
Sandra Weeser, MdB, Vorsitzende des Bauausschusses des Deutschen Bundestages, unterstrich in ihren Glückwünschen ans Team von Bton die besondere Bedeutung der Innovation: „Klimapositiver Beton ist nicht nur eine technologische Innovation, sondern auch eine Chance für die grüne Transformation am Bau. Die Herausforderungen beim Neubau, aber auch in der Bestandssanierung sind groß. Nur durch solche Innovationen und nur durch die Initiative gerade auch der mittelständischen Wirtschaft schaffen wir die Bauwende und werden den ehrgeizigen Klimazielen für den Gebäudesektor gerecht.“
Die in Soltau aufgestellte Bton-Technologie soll von diesem Standort aus national und international vermarktet, jeweils dann vor Ort mit Anlagen nach dem Vorbild des Werkes in Soltau produziert werden. Schon deshalb ist die neue Fabrik nicht als reine Fertigungsstätte geplant, sondern dient auch als Zentrum für Forschung, Entwicklung und Schulung nationaler und internationaler Fachkräfte. Dabei geht es sowohl um die Technologie selbst als auch um das notwendige betontechnologische und anwendungstechnische Know-how und die vorhandenen und künftigen Schutzrechte. Beton hat zukunftsweisende Betonrezepturen für eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung eingereicht, welche die derzeit geltenden sogenannten Mindestzementwerte deutlich unterschreiten und somit einen weiteren Schritt der Dekarbonisierung der Betonindustrie eingeleitet.
Damit übernimmt die Bton GmbH nicht nur Verantwortung in der Aus- und Fortbildung, sondern demonstriert auch ihren Anspruch, den gesamten Planungs-, Fertigungs- und Bauprozess im Wohnungsbau mitzudenken, um Reibungspunkte zu vermeiden und alle Beteiligten bestmöglich aufeinander abzustimmen.
„Bton leistet einen wichtigen Beitrag, damit wir im Wohnungsbau schneller und nachhaltiger vorankommen. Wenn wirklich 400.000 bezahlbare Wohneinheiten pro Jahr entstehen sollen, also alle 80 Sekunden eine, dann brauchen wir solche Innovationen. ‚80 Sekunden - Neues Bauen‘ ist das Netzwerk der Macher in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Wir sind stolz darauf, dass wir Bton eine Plattform geben können. Damit schafft es echter Fortschritt schneller in den Markt“, so Robert Kroth, Geschäftsführer von „80 Sekunden – Neues Bauen“.
Teil des Netzwerks „80 Sekunden – Neues Bauen“
Auch der US-amerikanische Architekt, Designer und Autor William McDonough, Pionier des nachhaltigen Bauens und bekannt für seine „Cradle to Cradle“-Philosophie, gehörte bei der Eröffnung zu den begeisterten Gratulanten: „Herzlichen Glückwunsch zur Eröffnung dieser Fabrik! Klimapositiver Beton? Das ist wirklich unglaublich! Ich wünsche mir, dass Sie alle diese Idee unterstützen, damit der Baustoff ein lebensnotwendiges, erfolgreiches Gut wird mit breiter und dauerhafter Akzeptanz. Danke ans Team von Bton für diese Innovation von uns allen aus der Welt des Bauwesens.“
Das Team von Bton plant bereits die nächsten Schritte „Wir freuen uns, den innovativen Werkstoff nun endlich einem größeren Markt zugänglich zu machen und dazu beizutragen, ein paar der drängendsten Probleme der Bau-wirtschaft zu lösen. Zugleich planen wir die Eröffnung von zehn weiteren Gigawerken in den nächsten drei Jahren und denken auch international. Wir werden überall von Politik, Wohnungswirtschaft und Industrie mit offenen Armen aufgenommen“, sagt Bton-Geschäftsführer Thomas Demmel.
Die strategische Wahl des Standorts Soltau mit seiner zentralen Lage und ausgezeichneten Anbindung an die Metropolregionen Hamburg, Hannover und Bremen spiegelt die Ambition der Bton GmbH, einen messbaren Beitrag zur regionalen und überregionalen Wirtschaft zu leisten. Zudem steht das Engagement für die Umwelt und die lokale Gemeinschaft im Einklang mit den Zielen und Visionen der Stadt Soltau. Die Bton GmbH schafft rund 50 neue Arbeitsplätze in Soltau.
Die Bton Fertigteilwerk GmbH ist Teil des Netzwerks „80 Sekunden – Neues Bauen“, dem Impulsgeber für die Bau- und Immobilienbranche.