Eurocode 2
Am 1. Juli 2012 wird der Eurocode 2 in Deutschland verbindlich eingeführt und ersetzt die bis dahin geltende nationale Norm DIN 1045-1.
Seit einiger Zeit wächst Europa auch auf bauaufsichtlicher Ebene zusammen. Bereits in den 1980er Jahren beschloss die Europäische Kommission die technischen Regeln im Bereich der Lastannahmen und der Bemessung baulicher Anlagen zu harmonisieren sowie europäische Grenzüberschreitungen zu vereinfachen. Die erste Generation der Eurocodes für den konstruktiven Ingenieurbau wurde geschaffen. 1989 übertrug die Kommission diese Aufgabe an die Europäische Normungsorganisation (CEN = Comité Européen de Normalisation).
Europäische Harmonisierung nationaler Normen ist schon lange ein Ziel der Europäischen Kommission. Die Gründung einer europäischen Normeninstanz war nur logisch. Das CEN erstellt die Eurocodes, die europäischen Normen.
Die Struktur der Eurocodes setzt sich zusammen aus den beiden übergreifend gültigen Normen Grundlagen (EC0) und Einwirkungen (EC1) und den so genannten Bemessungsnormen Betonbau (EC2), Stahlbau (EC3), Verbundbau (EC4), Holzbau (EC5), Mauerwerk (EC6), Geotechnik (EC7), Erdbeben (EC8) und Aluminiumbau (EC9) (www.eurocodes-online.de).
Mehr als 30 Jahre wurden die Bemessungsregeln im Bauwesen europäisch genormt. Die Eurocodes sind das Ergebnis dieser Arbeit. Eurocodes schaffen europaweit einheitliche Grundlagen für Entwurf, Bemessung und Ausführung von Bauwerken, sie stellen die Bemessungskriterien dar und bilden eine Basis für Forschung und Technik. Durch die Harmonisierung der national unterschiedlichen Regeln, vereinfachen die Eurocodes fortan europaweite Ausschreibungen von Bauleistungen.
Einige Prüfingenieure bezeichnen jeodch die europäische Normung als ausufernd und wenig praxistauglich.
Dr.-Ing. Hans-Peter Andrä, Präsident der Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik e.V., zur Einführung des Eurocodes 2: „ …Umfang, Regelungsdichte, Relevanz und Wissenschaftlichkeit sind zu unausgewogen. Wichtiges und Unwichtiges wurden europäisch zusammengetragen. Die praktische Handhabbarkeit ist eingeschränkt. Missverständnisse und erheblicher Auslegungsbedarf sind zu erwarten“.
Die Initiative PraxisRegelnBau e.V. arbeitet bereits an Vorschlägen für eine Überarbeitung des EC2. Mitte 2012 wird nämlich nicht nur der Eurocode 2 eingeführt, sondern ein Normenpaket mit über 5000 Seiten wird bauaufsichtlich bindend. Dennoch ist es falsch zu behaupten, diese Normenflut käme überraschend. Seit Jahren leisten verschiedene Gremien pränormative Arbeit auf höchstem Niveau.
Zum Beispiel wurde der Eurocode 2, Teil 1-1 mit Nationalem Anhang von Praktikern im Rahmen eines DIBt-Forschungsvorhabens „EC2-Pilotprojekte“, unter Einbeziehung von CAD-Softwareherstellern wie u. a. Dicad, erprobt und verbessert, um die Praxistauglichkeit und Normenakzeptanz zu optimieren. Ein weiteres Ziel dieser pränormativen Arbeit ist die inhaltliche Übereinstimmung zwischen dem neuen Eurocode 2 und der DIN 1045‑1 zu maximieren.
Mit dem Eurocode 2 wurde zusammen mit den nationalen Anhängen eine moderne europäische Bemessungsnorm vorgelegt. Es wurden Voraussetzungen geschaffen, die es der Baubranche in Europa erleichtert, grenzübergreifend zu planen und zu bauen. Architekten, Ingenieure, CAD-Hersteller und Prüfer müssen sich umstellen. Einige, wie Dicad, haben diese neue Norm schon längst in ihre Arbeit oder Produkte integriert. Seit geraumer Zeit ist der Eurocode 2 in das CAD-System Strakon eingepflegt und kann angewählt bzw. aktiviert werden.
Auch wenn noch einige Umstellungsprobleme bei der Einführung des Eurocodes 2 zu erwarten sind, kann nun europäisch gebaut werden. Der Markt öffnet sich. Die Baubranche wird dies auch nutzen.¢
Susanne Kortmann