Energieeffiziente Fassaden aus Leichtbeton mit haufwerksporigem Gefüge
Neben dem äußeren Erscheinungsbild übernehmen Fassaden wichtige Schutzaufgaben, so den Schutz vor Wind und Regen wie auch den Schall-, Wärme-, Feuchte- und Brandschutz. Für den Nutzer steht der behagliche Aufenthalt im Innern im Vordergrund. Mit der Energiewende kommt heute der Energieeffizienz von Fassaden eine zentrale Rolle zu. Gesucht werden folglich Wandaufbauten, die weit über den winterlichen und sommerlichen Wärmeschutz hinaus auch eine aktive Rolle bei der Gewinnung und Nutzung von Umweltenergien übernehmen. So steht die energetische Aktivierung von Fassaden im Fokus der Forschungsinteressen der Autoren. Ziel gemeinsamer Überlegungen ist es daher, zukunftsfähige Systemansätze zu entwickeln und zu erproben, die erlauben, neben dem ehedem erforderlichen Wärmeschutz auch die abhängig der Witterungsverhältnisse verfügbare Solarenergie aktiv und passiv zu nutzen. Im Forschungsfokus stehen massive wärmedämmende Wandkonstruktionen aus Leichtbeton mit haufwerksporigem Gefüge, die alternativ bekannter monolithischer Bauweisen oder der Verbundvariante durch Dämmung mit WDVS außenseitig mit einem Fassadenluftkollektor ergänzt werden.
Pfeifer [1] zeigte in verschiedenen seiner Architekturkonzepte, dass mit transparenten oder transluzenten Fassadenschalen solaraktive Fassaden realisierbar sind (Abb. 1). Hier kann, im Vergleich zu den üblichen opaken Wandaufbauten, die Solarstrahlung durch die äußere transparente beziehungsweise transluzente Fassadenschale hindurchtreten und trifft auf die an die Luftschicht angrenzende Oberfläche der massiven Wandkonstruktion. Die der Massivwand zugeführte Strahlungsenergie wird an der Oberfläche absorbiert, in dem die energiereiche Strahlung in Wärme gewandelt wird. Die wärmedämmende Wirkung der Luftschicht des Kollektors wie auch die Wärmedämmqualität der äußeren transparenten beziehungsweise transluzenten Fassadenschale, zum Beispiel Isolierverglasungen oder Doppelstegplatten aus Polycarbonat, verhindern, dass die in den Kollektor eingetretene Energie ungenutzt nach außen entweichen kann [2]. Zum einen wird die von der Wand aufgenommene Wärme in tiefere Wandbereiche weitergeleitet und führt zu einer Erwärmung der von der eindringenden Wärme erfassten Bauteilbereiche. Das zeitveränderliche Wärmeeindringverhalten wird dabei nicht von der Wärmeleitfähigkeit – der im Bauteil verbauten Materialien alleine, sondern auch von deren Rohdichte p und deren spezifischer Wärmekapazität c bestimmt. Während der kalten Witterungsperioden wirkt an strahlungsreichen Tagen die über den Kollektor zugeführte solare Wärme dem Wärmeabfluss von der warmen Raum- zur kalten Außenseite entgegen.
Neben der Frage, welche Wärmemengen von der Konstruktion über den Kollektor aufgenommen und zur Kompensation der Wärmeverluste gewinnbringend genutzt werden können, interessiert aber auch die der Luft des Fassadenkollektors zugeführte Wärme, die sich in vielfältiger Weise für eine technische Nutzung in Verbindung mit der Luftführung und Wärmeaufbereitung einbinden lässt [3].
Gelingt es, die Effekte solaraktiver mehrschichtiger Fassadensysteme theoretisch wie auch rechnerisch abzubilden, lassen sich Fassadenkonzepte entwickeln, die über den Wärmeschutz hinaus die am Gebäude anstehende Umweltenergie bestmöglich nutzbar machen, da sich die energetische Gesamtwirkung des Systems zuverlässig einschätzen lässt. Diese Vorgehensweise bildet somit die Grundlage für klimagerechte, solaraktive Architekturkonzepte.
Die Kombination von Fassadenluftkollektor und massiver Wandkonstruktion aus Leichtbeton mit haufwerksporigem Gefüge erscheint besonders interessant, da der massive Werkstoff eine hohe Wärmewiderstandswirkung mit einer hinreichenden Wärmespeicherfähigkeit paart. Aus Sicht der Verfasser bietet dieses Fassadenkonzept folglich vielfältige Möglichkeiten, den Zielen einer effizienten Energieverwendung und der verstärkten Einbindung von Erneuerbaren Energien nachzukommen. Damit das tages- und jahreszeitlich veränderliche Wärmeverhalten dieser mehrschichtigen Fassaden bewertbar ist, bedarf es nicht nur messtechnischer Untersuchungen von Demonstratoren, sondern vor allem auch theoretischer und numerischer Analysen zum Verhalten der hybriden Konstruktion unter realen Randbedingungen. Als Beispiel zeigen die Abbildungen 2 und 3 den Vergleich des Wärmeverhaltens dreier unterschiedlicher westorientierter Wandaufbauten aus Leichtbeton mit haufwerksporigem Gefüge unter Berücksichtigung süddeutscher Witterungsverhältnisse.
Die bisherigen Ergebnisse geben Hinweise, dass die Fassaden mit gekoppeltem Luftkollektor und massiver Leichtbetonkonstruktion bei gleichem U-Wert ein günstigeres Verhalten als die monolithischen oder mit WDVS gedämmten Bauweisen aufweisen. Ziel der laufenden Forschungen ist es, systemspezifische Anforderungen für den Fassadenluftkollektor wie auch für die massive Konstruktion aus Leichtbeton mit haufwerksporigem Gefüge herauszuarbeiten, um unter Berücksichtigung der Witterungs- und Nutzungsrandbedingungen eine Höchstmaß an Effizienz und an Nutzung anstehender Umweltenergien sicherzustellen. So sollen als Projektergebnis Hinweise zur optimalen Systemgeometrie
(Dicke der massiven Wandscheibe, Dicke der Luftschicht), zur Auswahl geeigneter transparenter bzw. transluzenter Fassadenschalen, zu den Eigenschaftsanforderungen an den Leichtbeton mit haufwerksporigem Gefüge im Hinblick auf Rohdichte, Wärmeleitverhalten und spezifischer Wärmespeicherkapazität gegeben werden können, mit denen sich zukunftsfähige Architekturkonzepte realisieren lassen.
Literatur
[1] Pfeifer, G.; Tersluisen, A.; Nasrolahi, K.: Untersuchungen zum energetischen Verhalten natürlich klimatisierter Gebäude, untersucht an den Beispielen Energieraum/Speichermasse und Luftkollektor/Speichermasse. Abschlussbericht Entwicklungsprojekt gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt unter AZ: 26947-25, erscheint in 2016. [2] Tersluisen, A.; Nasrollahi, K: Die bauphysik des Luftkollektors : Solare Luftheizsysteme und –konstruktionen. Fachartikel in DBZ Deutsche Bau Zeitschrift – Energie Spezial : Technik, Heft 11, S. 68-71, (2014).
[3] Eicker, U.; Löffler, A.; Dalibard, A.; Thumm, F.; Bossert, M.; Kristic, D.: Stegplatten aus Polycarbonat. Potenziale und neue Anwendungen. Fraunhofer IRB Verlag, ISBN: 978-3-8167-8828-7, (2012).