Staukanal-Vortriebsrohre entlasten Neckar
Der Bau des neuen Hauptsammelkanals West in Heidelberg wurde notwendig, um den steigenden Regen- und Schmutzwassermengen gerecht zu werden. Es handelt sich um ein Großprojekt, das in sechs Abschnitten bis 2021 mit einem Investitionsvolumen von rund 40 Mio. Euro realisiert wird. Als eine wichtige Umweltschutzmaßnahme entsteht ein 8 km langer Staukanal, der bei starkem Regen vorübergehend 15.000 m³ Wasser aufnehmen kann. Das entlastet die Abwasserkanäle und verhindert, dass verschmutztes Regenwasser ungefiltert in den Neckar fließt.
Nach Fertigstellung des ersten und dritten Abschnitts galt es ab April 2015, den Lückenschluss mit dem zweiten Abschnitt vorzunehmen. Nach Abschluss der Planung durch den Abwasserzweckverband Heidelberg wurde die Maßnahme zur Ausschreibung und Bauüberwachung an die Albrecht Ingenieurbüro GmbH aus Heidelberg vergeben. Den Zuschlag für die Bauausführung erhielt die auf Rohrvortrieb und Kanalbau spezialisierte Sonntag Baugesellschaft mbH & Co. KG aus Bingen mit Oberbauleiter Bernd Seis sowie Bauleiter Kurt Rohbeck. Das Material lieferte Berding Beton als erfahrener Partner für Stahlbetonvortriebsrohre, passende Schachtsysteme und Bauwerke.
565 m lange Vortriebsstrecke in 11 m Tiefe
Die mit 565 m recht lange Vortriebsstrecke wurde in 11 m Tiefe mittels einer bemannten Teilschnittvortriebsmaschne (DN 2600) vorgenommen. Der Vortrieb bewegte sich als S‑Kurve mit fünf verschiedenen Radien schlangenförmig durch den Untergrund. Der kleinste Radius betrug 373 m, was eine Herausforderung an das Material bedeutete, da bei diesem engen Radius bei normaler Druckübertragung mit Holzringen die Vortriebsrohre nur bis maximal 1,50 m Baulänge ausgeführt werden können. Um diesem Problem zu begegnen, hatte der Bauherr ein System der Schweizer Firma Jackcontrol ausgeschrieben, bei dem die Druckübertragung während des Vortriebs mittels „hydraulischer Fuge“, also mit gefüllten Hydraulikschläuchen, erfolgt. Das entsprechende Auslegen der Schläuche gewährt bei engen Radien die volle Druckübertragung zwischen den Rohrspiegeln bei allen auftretenden Lastzuständen. Dadurch können auch bei sehr engen Radien große Baulängen vorgetrieben werden. Die Vortriebsrohre wurden in der gewünscht hohen Qualität produziert, die Jackcontrol-Hydraulikschläuche im Berding Betonwerk in Philippsburg-Rheinsheim montiert und alles einbaufertig an die Baustelle geliefert.
Es wurden insgesamt 188 Vortriebsrohre mit einer Länge von je 3 m, einem Innendurchmesser von DN 2.600 mm und einen Außendurchmesser von DA 3.100 mm gefertigt. Hierbei galt es zusätzlich zu den eigenen hohen Qualitätsansprüchen, spezielle technische Vorschriften des Abwasserzweckverbandes Heidelberg zu erfüllen. So durften nur in der Schalung erhärtete Rohre eingesetzt werden. Das gewährleistet eine hohe Maßgenauigkeit und glatte Oberfläche der Rohre, was den Vorteil einer geringen Mantelreibung während des Vortriebs hat.
Unterquerung sensibler Bereiche
Die Vortriebsstrecke beinhaltete die Unterquerung sensibler Bereiche, unter anderem die einer Trasse der Deutschen Bahn. Hier musste die Qualität der Vortriebsrohre zusätzlich den Vorgaben der Bahnrichtlinien (RIL 836) entsprechen. Vor dem Einbau prüfte ein von der Deutschen Bahn beauftragter Ingenieur im Werk Philippsburg-Rheinsheim eingehend die Vortriebsrohre inklusive Bewehrung. Die Bodenverhältnisse, bestehend aus Kies in verschiedenen Abstufungen von feinkörnig über grobkörnig bis hin zu geröllartigen Kiesfragmenten und Findlingen jeglicher Größe, erforderten den Einbau einer Zwischenbühne, um Setzungen zu minimieren. Dies war vor allem im Bahnbereich von großer Wichtigkeit, um sicherzustellen, dass die Gleise sich nicht bewegen. So wurden die Maßnahmen an dieser Stelle von Messungen im 10-Min.-Takt begleitet und erfolgreich zu Ende gebracht. Bis März 2016 waren schließlich alle Arbeiten abgeschlossen.
Projektleiter Uwe Ludwig vom Abwasserzweckverband Heidelberg war mit der Zusammenarbeit aller Beteiligten hochzufrieden: „Diese anspruchsvolle Maßnahme erforderte ein hohes Maß an Kompetenz und Erfahrung bei den Ausführenden. Gerade bei großen Nennweiten der Vortriebsrohre, wie hier von 2,60 m, und einer langen Vortriebsstrecke bei unterschiedlichen Bodenverhältnissen und Belastungen sind Stahlbetonrohre sowohl in technischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht die erste Wahl. Auch die Erfüllung der Qualitätsansprüche bei der Rohrfertigung spielte eine große Rolle.“