Betonfertigteiltürme tragen Generatoren im Roggeveld-Windpark
Für die Roggeveld-Windfarm wurden 47 Betonfertigteiltürme nahe der Ortschaften Matjesfontein in der Provinz Western Cape und Sutherland in der Provinz Northern Cape errichtet; Eigner ist der unabhängige Stromerzeuger (IPP – Independent Power Producer) Red Rocket (vormals Building Energy).
Roggeveld wurde im Rahmen des REIPPP-Programms (Renewable Energy Independent Power Producer Program) als Teil aus „Runde 4“ errichtet und speist bis zu 147 MW ins nationale Stromnetz ein. In einer Höhe von 100 m tragen die Türme windbetriebene Turbinen mit einer maximalen Erzeugungskapazität von jeweils etwas mehr als 3 MW.
Für den Aufbau der Türme wurden Segmente aus Betonfertigteilen verwendet, die vom Produzenten und Mitglied im Betonherstellerverband CMA (Concrete Manufacturers Association), Concrete Units mit Sitz in Kapstadt, in einem Joint-Venture mit dem spanischen Unternehmen Windtechnic hergestellt wurden. Letzteres verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Herstellung von Betonfertigteilen für Windtürme und leistete damit einen fachtechnischen Beitrag. Bei Fertigstellung wurden etwa 16.500 m³ Beton, 2.500 Tonnen Baustahl und 164.000 m² Schalung verbaut.
Die Turmmontage sowie Lieferung und Installation der Turbinen und Blätter erfolgte durch Nordex Energy South Africa. Darüber hinaus war ein Team von 20 Nordex-Mitarbeitern im ständigen Einsatz bei Concrete Units, um sicherzustellen, dass die hohen Qualitätstoleranzen bei der täglichen Fertigung der Turmsegmente eingehalten wurden.
Der Auftrag für die Tiefbauarbeiten, einschließlich Turmfüße und Straßen, wurde an Firma Concor vergeben und Raubex Infra bekam den Zuschlag für die Elektroinstallationen.
Laut Charl Coetzee, dem Manager von Concrete Units in Kapstadt, besteht ein fertiger Turm aus fünf 20 m langen, konischen Betonbauteilen, die jeweils aus einzelnen Betonfertigteil-Segmenten zusammengesetzt wurden.
Das Unterteil, T1, besteht aus vier Segmenten und wurde auf ein Ortbetonfundament montiert. T2 und T3, die jeweils auf T1 bzw. T2 montiert wurden, wurden ebenfalls jeweils aus vier Betonfertigteil-Segmenten zusammengebaut, während T4 aus drei Segmenten besteht und T5 nur zwei benötigte.
Die Turbinen bestehen aus einem Maschinenhaus und einer Nabe, die zusammen 140 t wiegen sowie drei Rotorblättern mit einem Gewicht von jeweils 12 t. Somit trägt jeder Turm ein Gesamtgewicht von 176 t.
Vorspannung bauseits durch Nordex
Die Betonfertigteile für die einzelnen Abschnitte wurden an den Turmstandorten montiert. Zunächst wurden die einzelnen Segmente von der Ladefläche gehoben und dann mit einem riesigen Mobilkran vertikal positioniert. Sie wurden mittels einer Art Schleifenverbindung („Bowtie“) zu passenden Segmenten verbunden. Hierzu wurde Bewehrung in die Hohlräume eingelegt, die sich aus zwei gegenüberliegenden vertikalen Hohlkehlen der Segmente bildeten. Zur dauerhaften Abdichtung wurde dann ein hochfester Markenvergussmörtel in die Fuge verpresst.
„Die 20 m langen Betonbauteile wurden in horizontaler Ebene mit Hilfe von Anschlusseisen und Rohrverbindungen, die mit Mörtel abgedichtet wurden, aneinander befestigt. Die einwandfreie Ausführung dieses Arbeitsgangs erforderte einen absolut präzisen Verguss und äußerst enge Toleranzen“, so Coetzee.
Aufgrund der Konstruktion konnten sich die Roggeveld-Türme biegen und bei starkem Wind an ihrer Spitze um bis zu 700 mm bewegen. Diese Flexibilität wurde durch den Einsatz der Stahlbewehrung in den Turmwänden begünstigt. Durch den Einbau von sechs 90 mm starken Stahlseilen, die zum Anschluss der Innenwand der T5-Bauteile an das Betonunterteil dienen und der Gesamtstruktur zusätzlich Standfestigkeit bieten, wurde diese seitliche Bewegung ausgeglichen. Direkt nach Einbau erfolgte die Vorspannung im nachträglichen Verbund durch Nordex.
Die insgesamt 799 Fertigteilsegmente wurden im Werk von Concrete Units auf fünf Schalungen gegossen, die von Nordex aus Italien importiert wurden. Die zwei Meter langen Schalungselemente wurden mittels Präzisionslasertechnologie zusammengefügt. Darüber hinaus verwendete Concrete Units spezielle Bewehrungsspannvorrichtungen, um die genaue Anordnung der Stahlbewehrung zu gewährleisten.
Täglich wurden maximal fünf Segmente gegossen. Verschiedenste Einbauteile für mechanische (Leitern, Aufzüge und Podeste) sowie elektrische Ausrüstung (Kabelrinnen etc.) wurden dabei an bestimmten Positionen einbetoniert. Jedes vierte T1-Segment wurde beim Betonieren mit Aussparungen für Türen versehen. Das Ausschalen erfolgte entweder spät in der Nachtschicht oder jeweils als erstes am Morgen, sobald die Segmente eine Mindest-Druckfestigkeit von 25 MPa erreicht hatten.
Mit Maßen von 5,5 bzw. 5,0 m war für den Transport der T1-Segmente und der Teilstücke T2 auf ausziehbaren Aufliegern Polizeibegleitung erforderlich. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Beladung konnten die Lastwagen den Du-Toitskloof-Tunnel auf der N1 nicht benutzen. Stattdessen wurden sie über Tulbach über eine Strecke von 350 km geleitet und so dauerte die Fahrt bis zu zwei Tage. Der Transport der kleineren Segmente konnte dagegen mit normaler Begleitung erfolgen.
In Bezug auf die Betonherstellung ist das Windparkprojekt Roggeveld auf dem neuesten Stand und ist derzeit einer der größten Windparks des Landes.
SVB wurde von Megamix geliefert
Die Turmsegmente wurden nach europäischem Standard und nicht nach den südafrikanischen SANS-Codes ausgelegt. Hiermit war eine Würfeldruckfestigkeit von bis zu 115 MPa möglich anstatt 60 MPa nach der SANS-Norm für Konstruktionsbeton. Die Roggeveld-Turmsegmente wurden mit einer Festigkeit von 75 MPa ausgelegt, was erforderlich ist, um die Last der Turbinen zu tragen und den Windkräften standzuhalten. Diese Festigkeit ermöglichte den Ingenieuren von Nordex, leichtere Betonteile einzusetzen und somit im Rahmen des Projekts einen weiteren umweltschonenden Beitrag durch weniger Materialverbrauch und geringere Transportkosten zu leisten.
Darüber hinaus wurden die Turmbauteile aus selbstverdichtendem Beton (SVB) hergestellt. Ohne diesen wäre das Projekt aufgrund von Außenrüttelung und teurerer Schalung wesentlich aufwändiger geworden.
Der SVB wurde vom Betonhersteller Megamix geliefert, der eine Mischanlage in der Nähe von Concrete Units betreibt. Die SVB-Mischung war eins der kritischen Details im gesamten Herstellungsprozess. Regenwetter kann die Betonmischung beeinträchtigen, da die eingesetzte Wassermenge von entscheidender Bedeutung ist. Selbst eine geringfügig höhere Wasserdosierung kann zu Entmischung sowie einer geringeren Festigkeit führen, daher wurde auch das Ausbreitmaß jeder Charge bei Concrete Units geprüft, bevor diese in die Schalung gepumpt wurde.
In den meisten Fällen gilt: je höher man geht, desto mehr Wind und bei Höhen über 80 m sind Betontürme tendenziell günstiger als Stahltürme, was sich positiv auf die Kosten der erzeugten Elektrizität auswirkt. Bisher werden die meisten Windräder in Südafrika auf Stahltürme montiert, die zumeist importiert werden und daher einen vergleichsweise geringen Anteil an lokalen Arbeitskräften sowie an der Schaffung von Arbeitsplätzen haben.
Windtürme aus Beton sorgen im Gegensatz dazu zu hohem lokalen Einsatz und bieten standardmäßig eine viel größere Kapazität zur Schaffung von Arbeitsplätzen. So wurden beispielsweise 95 % der Rohmaterialien für die Betontürme von Roggeveld, einschließlich Bewehrungsstahl, aus der Region bezogen.
Alle unabhängigen Stromerzeuger (IPP) haben auch für die fünfte Ausschreibungsrunde Angebote eingereicht und Auftragsfreigabe sollte im März 2022 erfolgen. Mit größeren Höhen und anderen Konstruktionen wird mit den Türmen aus Runde 5 jeweils bis zu 5,6 MW Strom erzeugt werden können. Nach Fertigstellung werden durch Runde 5 bis zu 1.600 MW aus Onshore-Windenergie erzeugt werden und 1.000 MW aus Photovoltaik-Solaranlagen.
„Vor dem Hintergrund der weltweiten Stahlpreissteigerungen in den letzten zwei Jahren scheint es eine sichere Sache zu sein, dass Betonfertigteile in den kommenden Jahren eine bedeutende Rolle beim Bau von Windtürmen spielen werden“, so Coetzee abschließend.
Text: David Beer
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