Rückbaufähige Holz-Beton-Verbundelemente von Brüninghoff
12.03.2025
Figure: Brüninghoff
Die Bauwirtschaft steht vor einer Transformation: Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind nicht mehr nur kommunikative Schlagworte, sondern eine dringende Notwendigkeit. Innovative Kreislaufkonzepte wie die rückbaufähigen Holz-Beton-Verbundelemente von Brüninghoff zeigen, wie der Mittelstand als Treiber der Transformation fungieren kann. Diese Deckenelemente sind damit nicht nur ein Beispiel für technologische Innovation, sondern auch für eine zukunftsweisende Baupraxis, die auf Wiederverwendbarkeit und Recycling setzt.
Die mittelständische Bauwirtschaft ist extrem leistungsfähig, flexibel und kann sich schnell an veränderte Marktbedingungen anpassen. Diese Agilität ermöglicht es, effizient auf Kundenwünsche und Marktanforderungen zu reagieren. Zudem zeigt der Mittelstand oft eine hohe Innovationsbereitschaft, insbesondere in der Anwendung neuer Technologien und Prozesse – und legt dabei in der Regel großen Wert auf Kundenzufriedenheit und verantwortungsvolle Unternehmensführung. Soweit die Theorie. Wie dies in der Praxis aussieht und wie man dieser Vorreiterrolle gerecht wird, stellt die Brüninghoff Group eindrucksvoll mit der Weiterentwicklung hybrider Holz-Betonverbundelemente zu einem rückbaubaren, praxistauglichen System unter Beweis. Den hybriden Deckenelementen wird mit dem durchdachten Rückbaukonzept ein zweiter oder dritter Lebenszyklus ermöglicht. Die unkomplizierte Rückbaubarkeit wird realisiert durch neu entwickelte reversible Bauteilanschlüsse, eine optimierte Kerve und spezielle Verbinder als Abhebesicherung. Auf diese Weise sind sowohl Wiederverwendung (Re-Use) des kompletten Elements unter Erhalt seiner Gestalt und Eigenschaften als auch sortenreine Trennung und Weiterverwertung (Recycling) von Holz und Beton einfach und wirtschaftlich möglich.
Langfristiges Denken
Langfristiges, zukunftsorientiertes Denken ist tief in der Unternehmens-DNA von Brüninghoff verankert. Vor diesem Hintergrund ist man sich der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst, nachhaltige Baupraktiken zu entwickeln, die den Ressourcenverbrauch reduzieren und die Umweltbelastung minimieren. Denn die Bauwirtschaft in Deutschland ist für einen erheblichen Anteil des Ressourcenverbrauchs verantwortlich. Ein reibungsloser und hochwertiger Rückbau sowie die Wiederverwendbarkeit sind dabei entscheidend und müssen bereits bei der Planung von Gebäuden beziehungsweise der Herstellung vorgefertigter Bauteile berücksichtigt werden. Diese Herangehensweise fördert nicht nur die Ressourcenschonung, sondern auch die wirtschaftliche Effizienz durch die Reduzierung von Abfällen und die Verbesserung der Materialeffizienz.
Klar strukturierter Innovationsprozess
Der Innovationsprozess ist innerhalb der Unternehmensgruppe klar strukturiert und integriert Mitarbeitende aktiv in die Ideenfindung. Durch einen systematischen Ansatz und begleitende Workshops werden immer wieder Ideen zu marktreifen Produkten entwickelt. Diese Prozesse sind Teil der Innovationskultur, in deren Mittelpunkt auch Flexibilität und Diversität stehen. So wird nicht nur die Kreativität der Mitarbeitenden gefördert, sondern auch eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Produkte und Prozesse ermöglicht. Zugleich verfügt Brüninghoff über eine enge Verbindung zu Universitäten und Forschungseinrichtungen. Diese Vernetzung wird auch bei der Weiterentwicklung der HBV-Decke deutlich – so basiert diese unter anderem auf einer Masterarbeit, welche von Christina Freese an der Universität Graz erstellt wurde. Brüninghoff selbst befasst sich schon seit vielen Jahren mit der Herstellung hybrider Deckenelemente, sodass die kreislauforientierte Weiterentwicklung auf umfangreichen Praxiserfahrungen hinsichtlich der Verbindungsmittel zwischen Holz und Beton aufbaut.
Praxisorientierter Großversuch
Um die Praxistauglichkeit der weiterentwickelten HBV-Decken zu prüfen, führte Brüninghoff einen umfassenden Großversuch durch. Drei Deckenelemente wurden dazu unter realen Bedingungen – einschließlich der Vergussarbeiten an Fugen und Stützenanschlüssen – montiert und anschließend rückgebaut. Zwei Elemente wurden erfolgreich bei einem Kunden-Bauvorhaben wiederverwendet, während es gelang, das dritte Element sortenrein zu recyclen. Der Versuch zeigte, dass die beschädigungsfreie Demontage und anschließend sowohl die Wiederverwendung als Ganzes als auch das Recycling der Materialien technisch möglich und wirtschaftlich interessant sind. Von der Überführung des Projektes aus dem Innovationsmanagement zum praxistauglichen und marktfähigen Bauteil vergingen rund zwei Jahre – für einen Innovationsprozess dieser Tragweite eine sehr kurze Zeit.
Agilität und Vernetzung
Die Trennbarkeit der Deckenelemente wird durch eine optimierte Kerve und die in Zusammenarbeit mit der Reisser Schraubentechnik GmbH entwickelte demontierbare Abhebesicherung ermöglicht. Ein Hüllrohr schützt dabei das im Beton liegende Schraubengewinde vor Anhaftungen, während die Kraftübertragung über eine Unterlegscheibe erfolgt. Die Abdeckung des Schraubenkopfes erleichtert das Auffinden und vollständige Freilegen des Schraubenantriebs. Nach der Demontage der Abhebesicherung und der Trennung von Holz und Beton kann der Betonbruch direkt als Recycling-Gesteinskörnung in die Produktion von ressourcenschonendem Beton (R-Beton) einfließen. Die Trennung von Holz und Beton wurde in Zusammenarbeit mit der Heermann Abbruch & Recycling GmbH durchgeführt. Das Holz steht für eine hochwertige stoffliche Weiterverwendung, die Herstellung von Holzwerkstoffen oder in letzter Konsequenz für die Energieerzeugung zur Verfügung. Durch die Zusammenarbeit mit Partnern wie Reisser Schraubentechnik, Heermann Abbruch und Nienhaus & Thielkes Betontrenntechnik steigerte Brüninghoff die Effizienz und Effektivität seiner Rückbauprozesse. Prof. Dr. Anja Rosen, Architektin und DGNB-Auditorin bei der C5 GmbH, begleitete und bewertete die Rückbauversuche mit dem von ihr entwickelten Urban Mining Index. Diese Kooperationen ermöglichen es, innovative Lösungen zu entwickeln, die den Rückbau und die Wiederverwendung von Bauelementen noch einfacher und wirtschaftlicher machen. Die Vernetzung mit spezialisierten Unternehmen fördert den Wissenstransfer und die Entwicklung neuer Technologien, die den gesamten Bauprozess optimieren.
Enge Beziehung zum Auftraggeber
Im Oktober 2024 wurden die zwei zum Wiedereinbau aufbereiteten Deckenelemente bei einem Bauvorhaben in Schönberg (Niederbayern) montiert. Hier erweitert die Sesotec GmbH ihre Kapazitäten zur Entwicklung und Herstellung von Anlagen der Fremdkörperdetektion. Brüninghoff fungiert bei diesem Bau als Generalübernehmer. Dass hier ein Wiedereinbau der demontierten HBV-Deckenelemente möglich war, liegt auch im engen Verhältnis von Brüninghoff zum Auftraggeber sowie einer vertrauensvollen, transparenten Kommunikation zwischen allen Projektbeteiligten begründet. Dank des entwickelten Rückbaukonzepts konnten die Deckenelemente unbeschädigt aus dem Versuchsstand entfernt werden. Somit gibt es keinen Unterschied zwischen dem Wiedereinbau bereits genutzter Elemente und der Montage neuer Deckenelemente. Bei einem Rückbau aus einem Bestandsgebäude muss lediglich die Durchbiegung der Decken infolge von Langzeiteinwirkungen in der Planung des neuen Gebäudes berücksichtigt werden. Im Fall des dritten Deckenelements, welches in seine Bestandteile Holz und Beton zerlegt wurde, konnten aus den Brettschichtholzbalken tragende Stützen gefertigt werden, indem die obersten Lamellen des Balkens entfernt und die Querschnitte gehobelt und gefast wurden.
Rechtliche Rahmenbedingungen für den gebauten Standard
Brüninghoff zeigt, wie Agilität, Innovationskraft sowie Nähe zum Markt und zum Kunden zu hoher Leistungsfähigkeit und Umsetzungsstärke beitragen. Um den Einsatz von rückbaufähigen Bauelementen zu fördern, sind klare rechtliche Rahmenbedingungen sowie praxistaugliche Prüf- und Qualifizierungsprozesse erforderlich. Diese müssen zusammengenommen sicherstellen, dass wiederverwendete Bauteile den gleichen Sicherheits- und Qualitätsstandards entsprechen wie neue. Durch die Etablierung solcher Standards wird nicht nur die Akzeptanz von wiederverwendeten Bauteilen erhöht, sondern auch die Rechtssicherheit für alle Beteiligten gewährleistet. Mit dem kreislauffähigen Baukonzept sorgt die Brüninghoff Group nicht nur für ein erfolgreiches Bestehen im zukünftigen Wettbewerb, sondern zeigt auch, dass das Unternehmen eine Vorreiterrolle im Bereich der Entwicklung kreislauffähiger Baukonzepte und in einer zirkulären Bauwirtschaft einnimmt – und Zirkularität bereits heute zum gebauten Standard werden kann.
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