FBF BETONDIENST/68. BETONTAGE

Antrieb für das nachhaltige Bauen mit Beton und Betonbauteilen

Unter dem Motto „Transformation gestalten“ fanden vom 14. bis 16. Mai 2024 mit rund 1.800 Personen, einer ausgebuchten Ausstellung mit 140 Ausstellern der Zulieferindustrie, 10 Start-ups und mehr als 120 Präsentationen die alljährlichen BetonTage im Congress Centrum Ulm statt.

Herausforderungen und Perspektiven

Eröffnet wurde das Branchenevent von Friedrich Gebhart, Vizepräsident des europäischen Dachverbands BIBM und Präsident des initiierenden Fachverbandes Beton- und Fertigteilwerke Baden-Württemberg, für den das Motto bedeutete „auf den BetonTagen konkrete Lösungen zur deutlichen Reduzierung des CO2-Fußabdrucks des Bauens zu präsentieren.“ Bei einem Rückgang der Baugenehmigungen und der Auftragseingänge, im Wohnungsbau bis zu -30%, einem Höchststand der Stornierungen, gestrichenen Förderkulissen, belastenden Zinsen und hohen Baukosten seien es gerade die Teilnehmenden und die Aussteller der Zulieferindustrie, die die Chancen für das Bauen der Zukunft böten. Die BetonTage seien die Plattform, um gemeinsam die Ideen für die Gestaltung der Transformation zu diskutieren.

Alle erwähnten und weitere unverzichtbare Stakeholder wie Architektur- und Ingenieurbüros waren präsent und folgten über alle Veranstaltungstage inhaltlich dem Aufruf: Die Vorträge aus Wissenschaft und Praxis befassten sich schwerpunktmäßig mit der Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung, der Ressourceneffizienz und Kreislauffähigkeit sowie der nachhaltigen Vorfertigung als Zukunft des Bauens.

Auch die Digitalisierung war Schwerpunktthema und wurde eingeführt mit Jörg Heynkes‘ einnehmendem Keynote-Vortrag „Warum wir die Welt nur digital retten – oder gar nicht“. Heynkes beschrieb anhand von Zukunftsprognosen und bildhaften Beispielen, dass es Zeit sei, die neuesten Technologien zu nutzen, Bewusstsein und Leidenschaft zu entwickeln, um unsere Gesellschaft zukunftsfähig zu machen und das Überleben der Menschheit zu sichern.

Werner Loscheider aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz schloss an Heynkes Vortrag an und beschrieb die erheblichen Potenziale des Leichtbaus für den Umwelt- und Klimaschutz als produktunabhängigem Ansatz mittels Ressourceneinsparung. Das BMWK unterstützt seit 2016 mit der Initiative Leichtbau den material- und technologieübergreifenden Austausch und Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Akteurinnen und Akteuren.

Es folgte eine Videobotschaft von Manfred Curbach zum geplanten Bauforschungszentrum LAB – Living Art of Building in Bautzen. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages beschloss im November 2023, dem Bauforschungszentrum unter dem neuen Namen LAB – Living Art of Building in den kommenden fünf Jahren insgesamt 68,6 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Außerdem haben einige Bundesländer bzw. Landkreise Unterstützung zugesagt. Ab Mitte 2024 soll der mehrjährige Aufbau des LAB beginnen. Nach der Aufbauphase sollen insgesamt rund 1.250 Wissenschaftler in weltweit einmaligen Laboreinrichtungen forschen und entwickeln. Damit wäre das LAB das größte Forschungszentrum seiner Art. Durch die enge Zusammenarbeit mit der Industrie werden laut eigener Aussage langfristig bis zu 40.000 Arbeitsplätze in und um das LAB herum entstehen.

Ein besonderer Gast war 2024 auch der aus Australien stammende Stephen Foster, Präsident der Fédération internationale du béton (fib), der die BetonTage mit der jährlichen Zusammenkunft weltweit führender Expertinnen und Experten als Schmelztiegel für Ideen und Lösungen lobte, die den Weg in eine ökologische Zukunft ebnen.

Zukunft des Bauens mit Vorfertigung

Wichtige Lösungen für die Zukunft des Bauens mit Vorfertigung wurden bereits am ersten Nachmittag dezidiert im von der FDB (Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau e.V.) organisierten Podium 1 thematisiert.

Schwerpunkte lagen hier auf dem neuen Mindset, das zukunftsfähige Fertigteilbetriebe, wie z.B. die Firma Brüninghoff, an den Tag legen. Dr. Jan Wenker, Thomas Trieb und Frank Steffens nahmen Stellung zum Fokus des Unternehmens auf die stetige Verbesserung der Nachhaltigkeitsleistung bei Planung, Umsetzung und im laufenden Betrieb.

Wie das nachhaltige Bauen mit Betonfertigteilen durch die Reduktion der CO2-Emissionen durch die Tragwerksplanung , die Betonzusammensetzung und im Herstellprozess aussehen kann, wurde mit der aktuellen Überarbeitung der Planungshinweise der FDB von Bauassesorin Alice Becke vorgestellt. Die Betonung lag bei der Präsentation auch auf der fertigteilgerechten Planung und einer frühen Beteiligung von Fachplanern und Herstellern.

Der Klimawandel sorgt bekanntermaßen zunehmend in Innenstädten für eine Erwärmung im Stadtklima, dem mit Begrünung entgegengewirkt werden kann. Im Podium zur urbanen Gestaltung von Lebensräumen, organisiert vom Betonverband Straße, Landschaft, Garten e.V. (SLG), war vor allem die Präsentation zu wandgebundenen, vertikalen Begrünungen aus Betonfertigteilen, vorgestellt von Architekt Adrian Birkenmeier ein Hingucker. Die „Grünwand“ eignet sich als Fassade, Balkonwand oder freistehende Sicht- und Lärmschutzwand und vereint Gebäudehülle und Begrünung in einem Wandbauteil.

Vorgestellt wurde im Podium 2 unter anderem auch das SLG-Merkblatt „Reinigung und Schutz von Pflaster- und Plattenoberflächen aus Betonstein“.

Unternehmensnachfolgen, auch am Beispiel der Betonfertigteilindustrie durch den Unternehmer Ulrich Rekers, bestimmten das Themenfeld im Podium 3 zu Wirtschaft und Recht. Syndikusrechtsanwalt Jörg Jehle, Betonverbände Baden-Württemberg, gab hier zudem ein Update zu branchenrelevanten Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtssprechung. Ergänzt wurden die Beiträge zu KI-Anwendungen im Legal-Tech von Rechtsanwalt Stefan Schicker.

Seriell und modular – aber bitte mineralisch!

Der Name des Plenums am zweiten Tag war Programm, sehr leidenschaftlich beschrieben vor allem im Vortrag von Dr.-Ing Michael Six von der Goldbeck Südwest GmbH, der anhand der Goldbeck-Philosophie sehr eindrücklich beschrieb, wie nachhaltiges serielles Bauen konsequent umgesetzt werden kann: „Dem Beton, aus dem ein Großteil unserer Infrastruktur und Gebäude gebaut wurde, verdanken wir einen guten Teil unseres Wohlstandes. Und betrachtet man die ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Faktoren, stellt sich Beton in seiner Lebenszyklusbilanz ganz anders, vielleicht sogar konkurrenzlos dar.“

Wie ressourcenschonendes Bauen mit Leicht- und Infraleichtbeton gelingen kann, erläuterte das Team um Prof. Karl-Christian Thienel und Dr. Mathias Köberl von der Universität der Bundeswehr München im Leichtbeton-Podium des Bundesverbands Leichtbeton e.V. vor. Im Vortrag ging es hierbei vordergründig um den Einsatz rezyklierter leichter Gesteinskörnungen und die CO2-Absorption durch Leichtbetone. Im Podium 6 zum Leichtbau präsentierte Ahmad Iravani vom Bundesverband Leichtbeton außerdem die Roadmap des Bundesverbands zur CO2-freien Industrie bis 2045.

Neben dem Einsatz von Leichtbeton ist das schlankere Bauen eine Möglichkeit zur CO2-Einsparung im Fertigteilbau. Dies wurde auch im Betonwerkstein-Podium, moderiert von Martin Möllmann, Informationsgemeinschaft Betonwerkstein (Info-b e.V.), thematisiert. Neben Projekten wie z.B. Treppenläufen und Terrazzoböden in der SAB Bank in Leipzig durch Jörg Bayer oder zu innovativen Bindemitteln durch Stefan Bechtoldt (Dyckerhoff GmbH), ging es im Vortrag von Dr.-Ing. Stephan Hauser, Ducon Europe GmbH & Co. KG, um schlankere, nachhaltigere Betonwerksteine mit UHPCs.

Das Potenzial zur CO2-Einsparung im Fertigteilbau war, vor allem im Zusammenhang mit Carbonbeton, auch Thema im Leichtbau-Podium, moderiert von Roy Thyroff, Composites United. Volker Roth (vorobis) ging in seinem Vortrag auf die zahlreichen Vorteile des Carbonbetons ein.

Dass Carbonbetonfertigteile ressourcenschonend und wirtschaftlich (bemessen) sind, führte im Anschluss Dr.-Ing. Oliver Heppes (Carbon 360 GmbH) aus. Einen ähnlichen Fokus hatten auch die Vortragenden Prof. Thomas Engleder, Prof. Andreas Häger, Prof. Robert Schneider und Iris Veloso in ihrer Präsentation zum Rebweave-Projekt der Hochschulen Aalen und Ulm mit dem Thema „CO2-Reduktion durch maschinell hergestellte Bewehrungsmatten aus basaltfaserverstärktem Kunststoff“.

Neues Denken und innovative Impulse

Innovative Ansätze präsentierten dieses Jahr außerdem wieder die Startups auf den BetonTagen: von der Start-up-Area in der Ausstellung bis zu Vorträgen wie dem der Berner Neustark AG mit einem Ansatz, bei dem CO2 in Abbruchbeton und Beton-Mischwasser sowie in anderen mineralischen Abfallströmen bei Baustoffrecyclern und Betonwerken mineralisiert und Beton so zur CO2-Senke wird.

Auch der Innovationspreis der Zulieferindustrie Betonbauteile 2024 ging an ein Start-up: Die Sonocrete GmbH bringt die Ultraschalltechnologie in die Betonherstellung ein und ermöglicht so stark erhöhte Frühdruckfestigkeiten mit deutlich CO2-reduzierten Zementen und damit die Möglichkeit, die Kohlenstoffemissionen erheblich zu reduzieren.

In diesem Jahr war die Cottbuser Firma zum ersten Mal auch mit einem mobilen Modellaufbau in den Praxisworkshop in der Werkhalle der Ferdinand-von-Steinbeis-Schule integriert.

Im dortigen Workshop ging es neben der Sonocrete-Vorführung auch um die Digitalisierung der Frischbetonkenndaten durch Qavertec-Technologie, vorgestellt durch Sönke Hansen, der am Nachmittag auch einen digitalen Darr-Versuch am Frischbeton vorführte. Wie ein Nachhaltiger Einsatz verschiedener Schalungsmaterialien bei Sonderfertigteilen aussehen kann, erläuterte im Anschluss sehr authentisch und praxistauglich Karl-Heinz Kleih.

Ebenso praxisnahe Impulse kamen natürlich auch direkt aus der Zulieferindustrie: Im Forum Innovation, moderiert von Dr. Thomas Kranzler (Syspro-Gruppe Betonbauteile e.V.) und Silvio Schade (BFT International) präsentierten insgesamt 16 Aussteller ihre innovativen Lösungen über die gesamte Bandbreite der Branche von der Bewehrungs- und Befestigungstechnik über Recycling & Messtechnik bis zu CO2-Einsparung & Ressourcenschonung und Digitalisierung & dem Einsatz von KI in der Betonfertigteilindustrie.

Zukunftstag Bauwirtschaft

Am dritten Tag eröffnete Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, den Zukunftstag Bauwirtschaft und gab gemeinsam mit Thomas Zawalski einen Überblick über die Fortschritte von Solid Unit, dem Netzwerk für den innovativen Massivbau. Der Zukunftstag Bauwirtschaft und das Podium zum Beton in der Architektur am Nachmittag adressierten Bauunternehmen und Architekturbüros.

Auch bei diesen Stakeholdern, wie bei allen anderen, sei ein Perspektivenwechsel zur Gestaltung des neuen Zeitalters notwendig, wie Prof. Schwehr von der Hochschule Luzern in seinem Plädoyer für eine neue Denkweise in der Baubranche mahnte: Es gehe um nicht weniger, als den Umbau der Stadt und die Neugestaltung ihrer Funktionen, von Versorgung über Mobilität, Wohnen, Arbeiten, Bildung und Gesundheitsvorsorge bis hin zur Freizeitgestaltung. Nachhaltig handeln hieße, den künftigen Generationen die Zukunft offenzuhalten.

Vorgestellt wurde am Zukunftstag Bauwirtschaft von Daria Kovaleva auch der Marinaressa Coral Tree der Biennale in Venedig als Beispiel für Minimalismus, Zirkularität und Regeneration. Der „Korallenbaum“ zierte in diesem Jahr in einer exakten Darstellung seiner Abmessungen, bereitgestellt durch das ILEK der Universität Stuttgart, auch das Titelmotiv des Kongresses.

Eines der herausragenden Projekte mit Betonbauteilen sind die Arbeitsergebnisse von Prof. Angelika Mettke (BTU Cottbus-Senftenberg) zur Wiederverwendung von Betonfertigteilplatten. Ihre ganzheitlich durchgeführten Untersuchungen zu bau- und umwelttechnischen Parametern sowie baustofflichen, wirtschaftlichen, ökologischen, logistischen und soziokulturellen Aspekten belegten, dass die untersuchten, in Nutzung gewesenen Betonfertigteile über hohe Gebrauchseigenschaften verfügen.

Auch auf der Plattform der Architekten, moderiert von Michael Schuster (DBZ Deutsche Bauzeitschrift), ging es um die nachhaltige urbane Gestaltung von Arbeits- und Lebensräumen.

Zudem folgte nachmittags die Präsentation aller drei Preisträger-Projekte des Architekturpreises Beton, der vom Kooperationspartner Informationszentrum Beton (IZB) verliehen wurde.

Transformation der Branche

Insgesamt wehte, trotz oder gerade wegen der bedenklichen Ausgangssituationen am Markt, ein motivierter Aufwind durch die Veranstaltung. Ein einvernehmliches „Jetzt erst recht!“ und „Wir packen es an!“ war begleitender und antreibender Ton zahlreicher Präsentationen und Gespräche. Die Faszination für zukunftsfähige Ansätze und Lösungen für das nachhaltige Bauen mit Beton und Betonbauteilen ließ in keinem der Podien nach.

Überall in der Branche wird ausprobiert, werden Hebel umgelegt, Konzepte in Taten umgesetzt: die vereinte Kraft aller Stakeholder, die es braucht, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern und, mit Jörg Heynkes Worten „ins Machen“ zu kommen, war in der Ausstellung und den Podien deutlich zu spüren. Die Leidenschaft zeigt, dass der Bau- und insbesondere der Betonsektor in keinster Weise träge ist, sondern die Transformation an zahlreichen Stellen sehr aktiv und innovativ Richtung Dekarbonisierung, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft gestaltet.

Die BetonTage sind auch weiterhin Plattform zum Antrieb dieser Transformation und zum Austausch über die Ideen zu ihrer Gestaltung. Die 59. BetonTage werden vom 11. bis 13. März 2025 im neuen Format stattfinden, Einzelheiten folgen.

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FBF Betondienst GmbH

Gerhard-Koch-Str. 2+4

73760 Ostfildern/Germany

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www.betontage.de

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