Additive Fertigung – Paradigmenwechsel im Bauwesen
Globale Herausforderungen unserer Zeit sind die Reduzierung der CO2-Emissionen, die Verringerung des Ressourcenverbrauchs und die Überführung unserer linearen Stoffströme in Kreislaufwirtschaften. Die Bauindustrie spielt hierbei eine besondere Rolle: Erstens, der Bedarf an neuen Gebäuden und Infrastrukturbauten wird in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der wachsenden Bevölkerung zunehmen. Zweitens, die Herstellung von Gebäuden ist aufgrund von lokalen Standortbedingungen durch einen hohen Individualisierungsgrad gekennzeichnet.
Die industrielle Serienfertigung und die CNC-basierte individualisierte
Fertigung haben sich nicht durchgesetzt, da sie nicht die notwendige
Individualisierung ermöglichen oder unwirtschaftlich sind. Die Technologie der Additiven Fertigung ist jedoch grundsätzlich anders und ermöglicht einen Paradigmenwechsel im Bauwesen, insbesondere im Betonbau. Der große Vorteil des 3D-Betondrucks besteht darin, dass Automatisierung und Individualisierung nicht im Widerspruch zueinander stehen. Beim 3D-Betondrucken wird nur dort Material aufgebaut, wo es strukturell oder funktionell erforderlich ist. Dadurch kann der Materialeinsatz drastisch reduziert werden. Der 3D-Betondruck ist insofern ökologisch und ökonomisch.
Die Einführung von additiven Fertigungstechniken in der Bauindustrie erfordert jedoch nicht nur technologische Entwicklungen. Sie erfordert auch eine technologiegemäße Formensprache. Wir stehen hier am Anfang einer neuen Ära. Der Transregio TRR 277 zielt darauf ab, die Ressourceneffizienz und Produktivität im Bauwesen zu erhöhen und den Weg für neues Design in Architektur und Ingenieurwesen zu ebnen. Dazu machen sich Forschungsteams auf die Suche nach einer neuen Logik der Form, die auf strukturellen Designprinzipien und insbesondere auf der effizienten Steuerung des Kraftflusses beruht. Aber auch die Integration weiterer Funktionen (z. B. Bauphysik) steuert das Strukturdesign.
Die Herausforderungen liegen u. a. in den Bewehrungsstrategien und neuen Materialverbünden, aber auch in der digitalen Anbindung additiver Fertigungstechnologien in die vorlaufenden Planungsprozesse und die Integration in automatisierte Bauprozesse.