Ankerschienen für den Jade-Weser-Port
Der Jade-Weser-Port in der Küstenstadt Wilhelmshaven gilt in Deutschland als Jahrhundertprojekt. Auf dem Seeboden wurden Betonfertigteile mit Ankerschienen von Jordahl befestigt.
Erst nach einer fast siebenjährigen Planungs-, Genehmigungs- und Ausschreibungsphase und viereinhalbjähriger Bauzeit nahm der einzige tidenunabhängige Tiefwasserhafen Deutschlands, der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven im Herbst 2012 den Betrieb auf.
Mit einem Investitionsaufwand von 480 Mio. Euro (Gesamt-Investitionsvolumen rund 950 Mio. Euro) entstand ein 1.725 m langer Kai. Randdämme mussten aufgeschüttet und eine Fläche von 360 ha mit 46 Mio. m3 Sand aufgespült werden.
Für den gut 1,7 km langen Kai war eine Stahl-Spundwand vorgesehen, deren Bohlen 20 m tief in den Meeresboden gerammt wurden. Diese Bohlen sind durch sogenannte Schlösser miteinander verbunden, sodass eine sanddichte Fläche entsteht. Anfang 2012 traten – zunächst vereinzelt, später verstärkt – Schlosssprengungen auf, Schäden, die bei großen Spundwandprojekten nicht selten sind. Dabei reißen die verbindenden Schlösser auf, der dahinter liegende Sand kann austreten.
Undichte Spundwand
Vereinzelte Schadstellen an den ersten 1.000 m des Kais wurden zunächst landseitig unter Hochdruck mit Beton verfüllt und von außen unter Wasser verschweißt. Mit dieser Methode wäre aber bei der größeren Anzahl von Schadstellen am gesamten Kai der enge Zeitplan nicht einzuhalten gewesen. Die Arge entschloss sich deshalb zu einer Radikalmaßnahme, nämlich zur Sanierung der betroffenen Kai-Abschnitte.
Im Schadbereich wurden 707 Betonfertigteile als verlorene Schalung in einem Abstand von 30 cm vor die ursprüngliche Spundwand montiert und an Fenderrohren verankert. Die Zwischenräume wurden mit Unterwasserbeton aufgefüllt. Zwei Spezialpontons übernahmen die Positionierung der 4 bis 5 t schweren Fertigteile, unterstützt durch modernste Sonartechnik.
Fertigteile auf dem Meeresboden
In dem Abschnitt konnte die unterste Reihe der Fertigteile direkt auf die Hafensohle gestellt werden. Anders stellte sich die Situation bei den restlichen 725 m des Kais dar. Wegen ungünstiger Bodenverhältnisse, musste dort eine zusätzliche Fußspundwand aus Beton in den Hafenboden eingebracht werden. Zwischen dieser und der Stahlspundwand wurden anschließend die insgesamt 640 Betonfertigteile montiert. Für die Befestigung der unteren Fertigteilreihe an der neuen Fußspundwand waren Zuganker vorgesehen, die an Ankerschienen in den Fertigteilen verschraubt werden sollten.
Ein extrem kritischer Faktor bei der Sanierung war für alle Beteiligten die Zeit und damit die Lieferzeit der Betonfertigteile, der benötigten Ankerschienen sowie der entsprechenden Spezialschrauben.
„Der zweite Bauabschnitt des Kais musste bis zum 30. November 2012 fertiggestellt sein“, erklärt Dipl.-Ing. Martin Hanneken, Bauleiter für die Kai-Sanierung beim Konsortialführer Johann Bunte. Der ursprünglich beauftragte Lieferant der Ankerschienen konnte den geforderten Termin zwei Wochen nach Bestelleingang nicht garantieren, sodass nach einer kurzfristig realisierten Probelieferung die Jordahl GmbH den Zuschlag erhielt.
Keine Lagerware
Ankerschienen mit den geforderten Maßen sind keine Lagerware, sie werden auf Bestellung gefertigt. Jordahl musste flexibel und schnell reagieren. „Der Auftrag wurde an einem Freitag erteilt. Über das Wochenende wurde der Ablaufplan für die Fertigung erstellt und am Montag konnte die Produktion anlaufen“, sagt Markus Bohne, Bautechniker bei der J&P Bautechnik Vertriebs GmbH, der Vertriebsgesellschaft von Jordahl.
Der Berliner Befestigungsspezialist lieferte 1.200 m Jordahl-Ankerschienen des Typs JTA W72/48 fv CE und 2.750 Spezialschrauben des Typs JA in M20 sowie M24 mit Längen zwischen 75 und 150 mm. Bei den Jordahl-Ankerschienen des Typs JTA handelt es sich um warmgewalzte Schienen mit verstärkten Lippen für hohe Anzugsdrehmomente. Durch die Verstärkung der Schienenlippen können besonders hohe Lasten abgetragen werden. Die Schienen sind lieferbar in fünf verschiedenen Querschnitten von 40 x 22 mm bis hin zu dem auch beim JWP verwendeten Querschnitt von 78 x 48 mm und in verschiedenen Längen von bis zu 6 m.
Die Jordahl-Ankerschienen sind wahlweise in Edelstahl oder feuerverzinktem Stahl lieferbar. Trotz des Einsatzes im Meerwasser konnte in diesem speziellen Fall die wirtschaftliche, feuerverzinkte Variante eingesetzt werden. Die vorhandene Zinkschichtstärke der Ankerschiene gewährleistete bei der ausgeführten, temporären Konstruktion den notwendigen Korrosionsschutz. Die Schienen fixierten gemeinsam mit den Zugankern die Betonfertigteile untereinander so lange bis der Unterwasserbeton zwischen der Fußspundwand und den Fertigteilen abgebunden war.
Der Jade-Weser-Port
Der neue Jade-Weser-Port (JWP) ist nach Hamburg und Bremen/Bremerhaven der drittgrößte Containerhafen Deutschlands. Im Gegensatz zu den beiden anderen Komplexen kann der JWP tidenunabhängig von Großcontainerschiffen angelaufen werden, die eine Kapazität von mehr als 14.000 TEU (Twenty-foot Equivalent Unit oder Standardcontainer, d. Red.), einen Tiefgang von 16,5 m und eine Länge von bis zu 430 m haben. Der Stromkai des JWP ist ausgelegt für die gleichzeitige Abfertigung von vier Großcontainer- und mehreren Feeder- oder Zubringerschiffen an einem Terminal mit bis zu 16 Containerbrücken.
Weltweit ist der Jade-Weser-Port einer von zwölf Tiefwasserhäfen und der östlichste Tiefwasserhafen der europäischen Nordrange zwischen Le Havre in Frankreich und Hamburg in Deutschland. Am Hauptumschlagplatz Wilhelmshaven werden etwa zwei Drittel des Containerüberseeverkehrs abgewickelt als Seetransitverladungen im europäischen Verteilerverkehr mit Seehäfen in Skandinavien, den EU-Ostseestaaten und Russland.
Für den Bau des Hafens musste die komplette Infrastruktur neu geschaffen werden. Dazu gehören Straßen- und Schienenverbindungen sowie deren Anbindung an die jeweils bestehenden Netze. Am 21. September 2012 nahm der Jade-Weser-Port den Betrieb auf. In seiner ersten Ausbaustufe verfügt er über eine Kapazität von jährlich 2,7 Mio. TEU.