Besuch in „Innovatie Land“
Im Ranking des Global Innovation Index, der unter anderem von der World Intellectual Property Organization (WIPO) herausgegeben wird, also der Organisation, die die Anmeldungen für den internationalen Patentzusammenarbeitsvertrag verwaltet, belegten die Niederlande 2015 einen stolzen vierten Platz. Noch innovativer sind nach dem Ranking lediglich die Schweiz, das Vereinigte Königreich und Schweden.
Dass die Niederlande auch bei der Bauweise mit Betonfertigteilen einiges zu bieten haben, davon machte sich jetzt eine Gruppe von rund 20 Vertretern deutscher Betonwerke, von Verbänden und der Fachzeitschrift BFT International ein Bild. Organisiert und durchgeführt wurde die Studienreise vom Berufsförderungswerk für die Beton- und Fertigteilhersteller, Ostfildern, und vom Reiseveranstalter Erleben! Reisen und Events, Stuttgart.
Größte Baustelle Europas
Nach dem touristischen Auftakttag in Amsterdam besichtigte die Gruppe das erste Highlight, einen Abschnitt der derzeit größten Baustelle Europas. Im Rahmen der Maßnahmen zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur im Umland der niederländischen Hauptstadt Amsterdam erweitert das Konsortium SAAone (VolkerWessels, Boskalis, Hochtief, DIF) einen Verkehrsknotenpunkt bei den Ortschaften Muiderberg und Muiden, an dem sich die Autobahnen A1 und A6 sowie eine Bahnlinie kreuzen; zudem quert die A6 bei Muiderberg einen Zufluss des Ijsselmeers. Die genannten Autobahnen werden bei Muiderberg jeweils auf fünf Spuren in jede Richtung verbreitert; zusätzlich wird es jeweils eine Spur geben, die flexibel in beide Richtungen genutzt werden kann. Zum Los von SAAone gehören außerdem die im Herbst 2015 fertiggestellte, 300 m lange und 30 m breite Autobahnbrücke „Hollandse Brug“, eine 255 m lange und 17 m breite Eisenbahnbrücke und das größte Aquädukt Europas, das die A1 bei der Ortschaft Muiden unter der Erde verschwinden lässt, damit darüber auch große Segelschiffe ungehindert ins Ijsselmeer fahren können.
Nächste Station war die Produktion von Romein Beton in Dodewaard, zwischen Nijmegen und Arnhem gelegen. Romein Beton produziert vor allem Fertigteile für die Infrastruktur, darunter Stützwände, Verkehrsleitsysteme, Lärmschutzwände, Tunnel und Rechteckprofile sowie Sonderfertigteile. Das Unternehmen gehört zur BTE Gruppe, die ihre Produkte und Dienstleistungen von der Planung bis zur Montage in den Niederlanden und auch im benachbarten Deutschland vertreibt. Vom Gesamtumsatz der Gruppe in Höhe von 160 Mio. Euro werden immerhin 20 Mio. in Deutschland erwirtschaftet. In Deutschland und vor allem im Bundesland Nordrhein Westfalen will BTE zukünftig verstärkt seine Autobahnbrücken aus Betonfertigteilen anbieten.
High End und Low Cost
Hurks hat seinen Stammsitz in Veldhoven südwestlich von Eindhoven. Das Familienunternehmen bietet sämtliche Dienstleistungen von der Planung bis zur Montage von mehrstöckigen Wohn-, Büro- und Zweckbauten. In den Niederlanden betreibt Hurks zwei Werke. Inklusive dem Auslandsgeschäft, vor allem mit eigener Filiale in Großbritannien, machte Hurks im Jahr 2014 einen Umsatz in Höhe von 240 Mio. Euro.
Hurks ist spezialisiert auf Architekturbeton. Bei der Produktion setzt das Unternehmen auf einen Mix aus hoch automatisierter Bewehrungsfertigung und händischer Arbeit, etwa beim Einlegen der Klinker für Fassadenelemente in die Stahlschalung. Derzeit beliefert Hurks von Veldhoven aus das Projekt „Royal Wharf“ in London mit verklinkerten Fassadenelementen.
Vornehmlich für ein völlig anderes Segment produziert IQWoning, nämlich für das Low-Cost-Segment. Dafür ist der Grad der Vorfertigung ungleich höher bei dem Unternehmen mit Sitz in Weert, rund 30 km westlich von Roermond und der niederländisch-deutschen Grenze gelegen: In den neuen, riesigen Produktionshallen werden wie am Fließband Rechteckprofile aus SVB (Selbstverdichtender Beton) gegossen. Drei derartige Profile aneinandergefügt ergeben ein Raummodul mit den Maßen 5,4 x 7,3 m – die offenen Vorder- und Rückseiten werden mit Holzfassaden mit integrierten Türen und Fenstern verschlossen. Zwei der Raummodule übereinander und mit einem Satteldach versehen ergeben ein einfaches Haus. Ein komplett fertiges, zweistöckiges Einfamilienhaus kostet in den Niederlanden ab 89.900 Euro.
Weitere Stationen waren das Architekturbüro MVRDV und die von dem Büro gebaute Markthalle mitten im Zentrum von Rotterdam sowie das Public-Private-Partnership-Projekt A-Lanes A15, das die Verbreiterung der Autobahn A15 südlich von Rotterdam umfasst. Ein technisches Highlight des Bauvorhabens ist die bereits fertiggestellte Botleg-Brücke, die, 92 m lang und 50 m breit, den Flußarm Oude Maas überspannt und an deren Bau die Ed Züblin AG beteiligt war.
Abgerundet wurde das Programm durch Besuche in Amsterdam, Eindhoven, Rotterdam, Delft und Noordwijk.
Text: Christian Jahn, M. A.
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