Carbonbeton-Fertigteilträger im Großversuch
Mit dem innovativen Verbundwerkstoff Carbonbeton können dünnwandige, hochtragfähige Bauteile realisiert werden. Zur sicheren Vorhersage des Trag- und Verformungsverhaltens werden praxistaugliche Bemessungskonzepte und technische Regeln benötigt. Im Rahmen des Verbundvorhabens C3-V1.2 wurden am Institut für Massivbau der RWTH Aachen Nachweismodelle und Konstruktionsregeln für Neubauteile entwickelt. Zum Abschluss des Vorhabens sollte die Anwendbarkeit der Modelle im realen Maßstab erprobt werden. Hierzu wurden drei profilierte Fertigteilträger aus Carbonbeton bemessen, zusammen mit der Firma Hentschke Bau GmbH hergestellt und im Großversuch in Aachen bis zum Bruch belastet. In einem aufwändigen Versuchsstand wurde mittels Upside-Down-Prüfung eine realitätsnahe Linienbelastung aufgebracht. Die Träger waren mit den Abmessungen 90 cm Höhe und 20 cm Breite im Ober- und Untergurt beziehungsweise 5 cm Breite im Steg bei einer Länge von 8,00 m sehr schlank. Als Biegebewehrung kamen Carbonstäbe Ø 8,5 mm und als Querkraftbewehrung gitterförmige Textilien aus Epoxidharz(EP)-getränktem Carbon zum Einsatz. Als konstruktive Bewehrung wurden Formtextilien aus EP-getränktem Carbon und Glas eingebaut. Der selbstverdichtende Hochleistungsbeton mit Größtkorn 5 mm war auf die schlanke Bauteilgeometrie abgestimmt.
Die Versuche wurden gezielt für Biegezugversagen der Längsbewehrung beziehungsweise Biegedruckversagen des Betons konzipiert. Anhand der Versuchsergebnisse konnte gezeigt werden, dass die vorhandenen Modelle für Biegung das Verhalten der gemischt bewehrten Bauteile sehr gut vorhersagen. Sowohl die Maximaltragfähigkeit als auch die Durchbiegung im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit lassen sich mit verschiedenen Ansätzen treffend ermitteln. Zukünftig muss aber hinsichtlich der Bauteilduktilität und Robustheit bei Carbonbeton ein Umdenken stattfinden. Die ausgeprägte Rissbildung, hohe Bruchdehnung und große Durchbiegung ersetzen dabei das fehlende Fließvermögen der Bewehrung.