Einfamilienhaus aus 50 cm dickem Infraleichtbeton
Bauwerke aus Leichtbeton rücken immer mehr in den Fokus und erhalten Auszeichnungen, wie unlängst ein raffiniertes Wohnhaus im Schwäbischen oder ein bemerkenswerter Konzertsaal im Bayrischen Wald beim Architekturpreis Beton. Setzt sich das Interesse fort, das dieser Baustoff bei Architekten weckt, dürften künftig immer mehr Bauten die Vorzüge dieses leichten Betons nutzen, der durch die Beimischung poröser Gesteinskörnungen wie Bimsstein, Blähschiefer, Blähton oder des Recyclingstoffs Blähglas eine geringe Trockenrohdichte bei sehr guten wärmedämmtechnischen Eigenschaften hat. Wegen derMöglichkeit, damit monolithisch zu bauen, entspricht Leichtbeton zudem den gestalterischen Vorstellungen vieler Architekten.
Auch das Architekturbüro Fiedler + Partner in Freising hat nun ein Projekt „f2“ aus Infraleichtbeton ohne zusätzliche Dämmschicht realisiert. Es konzipierte das zweigeschossige Wohnhaus als Bauherr und Planer in Personalunion auf einem Grundstück am Ortsrand, flankiert von einem steilen Hang und mit freiem Blick in ein unverbaubares Naturschutzgebiet.
Eine Wand – ein Material
Die Außenhülle des Erdgeschosses besteht aus 50 cm dicken Infraleichtbetonwänden. Die Materialität der massiven Wände zeichnet sich nicht nur an der Fassade ab, sondern prägt auch den Raumeindruck im Inneren. Während sich außen der Abdruck einer individuell gefertigten Holzschalung zeigt, die durch leicht versetzt angeordnete Bretter alternierend vor und zurückspringt, entschied sich Architekt Fiedler innen für eine glatte Schalung, bei der sich gleichwohl die charakteristische Lebendigkeit des Betons prägnant abzeichnet. Bei Berührung wirken die Wände samtig rau und gleichzeitig warm, eine Dämmung ist bei dieser Wand nicht erforderlich. Von außen lassen unterschiedliche Fensterformate die innere Nutzung ablesen, große Verglasungen mit Eichenholzrahmen deuten auf die Wohnräume; ein schmales, liegendes Fensterband lässt den Küchenbereich erahnen.
Wie bei jedem Sichtbetonbau erfordern auch Projekte mit Infraleichtbeton Baubeteiligte, die sich der besonderen Sorgfalt, die bei der Ausführung nötig ist, bewusst sind. Gut, dass mit der Bauausführung auch Profis befasst waren, die sich im Betonbau und insbesondere im Bauen mit Infraleichtbeton bereits auskannten. Bauunternehmen Adldinger aus Kranzberg konnte auf eine gutachterlich geprüfte Rezeptur zurückgreifen, die Heidelberger Beton in mehreren Versuchen und unter Mitwirkung von Experten der Universität der Bundeswehr München (UniBW) bereits entwickelt hatte.
Infraleichtbeton für Haus f2
Die Betonfacharbeiter von Adldinger bauten das Wohnhaus mit einer Rezeptur, mit der sie bereits Haus Thalmair im oberbayrischen Aiterbach gebaut hatten. Mit 700 kg/m³ bei einer Druckfestigkeit > 8 N/mm² verfügt dieser hochwärmedämmende Infraleichtbeton über eine noch geringere Rohdichte als Leichtbeton. Das Verdichtungsmaß bei dieser Rezeptur entspricht der Klasse C4. Um eine niedrige Wärmeleitfähigkeit von λ < 0,185 W/mK zu erzielen, wurden dem Beton ein Blähglasgemisch (Liaver) und Blähton (Liapor) zugeführt. Nötig war außerdem noch ein fein abgestimmtes System aus Zusatzmitteln und Zusatzstoffen von Sika sowie ein spezielles Zement- und Bindemittelgemisch.
Damit war die Rezeptur auf die zu erwartende Hydratationswärmeentwicklung in den 50 cm dicken Wänden abgestimmt. Die Begeisterung für dieses Projekt ist Architekt Fiedler beim Rundgang durch das fertige Haus anzumerken, vor allem aufgrund der Fokussierung auf die wesentlichen Elemente Beton, Holz und Glas.
Zustimmung im Einzelfall
Kreative Architekten wie Reinhard Fiedler treiben mit spannenden Entwürfen die Entwicklung von geeigneten Werkstoffen für ihre ästhetischen Vorstellungen voran und fordern so die Entwicklung moderner Baustoffe ein. Für Bauten aus Leichtbeton mit Rohdichten unter 800 kg/m³ und/oder einer Druckfestigkeitsklasse unter LC12/13 müssen Architekten derzeit noch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) einholen. Das hält jedoch viele nicht davon ab, sich diesem Baustoff mit Begeisterung zu widmen, wie die steigende Anzahl bemerkenswerter, teils preisgekrönter Bauten zeigt.
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