Groningen setzt auf Fahrradtunnel aus Betonfertigteilen
Hinter dem Stichwort „Aanpak Ring Zuid“ verbirgt sich für die Hauptstadt der niederländischen Provinz Groningen ein gigantisches Verkehrsprojekt. Große Teile des Verkehrs, der bisher über die 12 km lange südliche Ringstraße von Hoogkerk nach Euvelgunne verlief, sollen künftig neu geordnet werden. Das Motto lautet: Verbesserung des Verkehrsflusses, bessere Erreichbarkeit der Stadt, mehr Begrünung und mehr Verkehrssicherheit.
Nach einer Untersuchung des Verkehrsclub Österreich VCÖ aus dem Jahre 2013 gehört Groningen zu den fahrradfreundlichsten Städten Europas, was den Anteil des Fahrrads am Alltagsverkehr betrifft. Etwa 31 % der Wege der Einwohner werden hier mit dem Rad zurückgelegt. Da ist es selbstverständlich, dass auch im Rahmen der geplanten Umbaumaßnahmen die Optimierung des Radverkehrs eine bedeutende Rolle spielt.
Tunnel in nur 48 Stunden aufgebaut
Um eine sichere Querung der Gleisanlagen im Bereich der Esperanto-Kreuzung zu gewährleisten, entschied sich der Auftraggeber „Combinatie Herepoort“ für den Bau einer Unterführung für Fußgänger und Fahrradfahrer zwischen Helperzoom und dem Europapark. Damit die notwendigen Sperrzeiten für den Bahnverkehr zwischen Groningen und Assen möglichst gering ausfallen, wählten die Planer eine Fertigteillösung aus dem Betonwerk Kleihues, Emsbüren.
Dipl.-Ing. Paul-Martin Großkopff, Geschäftsführer der Firma Kleihues, erläutert die Vorzüge dieser Bauweise: „Der Esperanto-Tunnel setzt sich aus 18 einzelnen Betonelementen, inklusive je vier Kopf- und Schwellwänden sowie vier Entgleisungs-Schutzriegeln zusammen. Da wir in der Lage waren, in Schichtarbeit mit zwei Montageteams à vier Mann zu arbeiten, konnten wir allein den Tunnel in nur 48 Stunden aufbauen. Nach einer Sperrung von lediglich sieben Tagen rollten bereits die ersten Züge wieder über die neu verlegten Gleise. Ein Bau des Tunnels nach herkömmlicher Bauweise hätte sicher deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen.“
Vorteile durch Vorspannung der Fertigteile
Die Verwendung von Betonfertigteilen bot aber noch weitere Vorteile: Hierzu Paul-Martin Großkopff: „Aufgrund der trapezförmigen Geometrie sowie der großen lichten Abmessungen des Tunnelprofiles (750 x 350 cm) werden die Fertigteile mittels Mörtelfuge und vollständiger Vorspannung abgedichtet. Dabei werden in Decke und Sohle der Fertigteile Hüllrohre eingebaut, durch welche nach dem Verlegen Vorspannlitzen gefädelt werden. Diese werden dann mit einer definierten Vorspannung versehen und anschließend verpresst.“
Der Vorteil dieser in den Niederlanden sehr verbreiteten Bauweise erklärt sich wie folgt: Oft hat man es dort aufgrund der Sandböden mit weniger tragfähigem Baugrund zu tun. Durch die Vorspannung der Fertigteile wirkt der gesamte Tunnel jedoch wie ein Balken auf elastischer Bettung und ist deutlich unempfindlicher gegen Setzungen und schwankende Grundwasserstände. Die Anlieferung der Fertigteile mit einer Transportbreite von 4,90 m erfolgte just in time. Anschließend brachte ein 500-t Mobilkran die Fertigteile mit einem Gewicht von etwa 46 t an Ort und Stelle.
Betonfertigteile bieten hohe Qualität
Ein weiterer Vorteil ergibt sich im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise: „Fertigteile werden unter kontrollierten Bedingungen und laufenden Qualitätskontrollen im Werk produziert“, erklärt Großkopff. „Hierdurch ergibt sich im Vergleich zur Ortbetonbauweise oft eine bessere Betonqualität, die auch optische Vorteile bietet. Außerdem sind durch den Einsatz von Fertigteilen deutlich weniger Arbeitsschritte erforderlich. Dies vereinfacht das ganze Bauvorhaben und reduziert auf diese Weise mögliche Fehlerquellen.“
Der Bau des Esperanto-Tunnels erfolgte im August 2017. Das Gesamtprojekt „Aanpak Ring Zuid“ soll 2021 abgeschlossen sein. Eines gilt jedoch heute schon sicher: Im Bereich des Esperanto-Tunnels haben die Radfahrer künftig Vorfahrt – und dank der Trapezform des Tunnels wirkt dieser auch optisch hell und freundlich.
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