Kreislaufwirtschaft: IAB weiht Recycling-Technikum ein
Wenn die beim Bauen eingesetzten Materialien nach ihrer ursprünglichen Nutzung in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden – aus einem Abfallprodukt also ein Sekundärrohstoff
wird – spricht man von Baustoffrecycling. Die Rückführung sekundärer Rohstoffe in die erneute Produktion gehört zu den großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die geschlossene Kreislaufführung und die Entwicklung von Innovationen in der Recyclingverfahrenstechnik gehören zu den zentralen und anspruchsvollen Forschungsthemen des IAB Weimar. „Gerade der Schritt von der Forschung in die Praxis ist nicht immer einfach“, sagt Institutsdirektor Dr.-Ing. Ulrich Palzer. Erleichtert werden soll dieser durch die neue Pilotanlage, die jetzt im Rahmen des IAB-Sommerfestes feierlich eingeweiht wurde.
Festliche Einweihung
Über 150 Gäste folgten der Einladung des IAB Weimar zur Einweihung der Pilotanlage. Eröffnet wurde die Veranstaltung von
Institutsdirektor Dr.-Ing. Ulrich Palzer, der die große Bedeutung des Recyclings für die heutige Bauwirtschaft erläuterte und die Möglichkeiten und Ziele des Technikums skizzierte. Mit der Pilotanlage wird die Theorie in die Praxis gebracht. Das bedeutet, dass die gesamte Prozesskette in einen großtechnisch relevanten Maßstab überführt und einzelne Aufbereitungsschritte des Gesamtprozesses adäquat abgebildet werden. Lob erhielt das Projekt von Antje Tillmann, Mitglied des Deutschen Bundestages und finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „Das IAB Weimar ist ein tolles Beispiel dafür, dass in Deutschland nicht alles verschlafen wurde.“ Das Recycling-Technikum entspricht vollumfänglich der regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen (RIS3). Die Investitionskosten von ca. 2 Mio. € wurden im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ zu 50 % von Bund und Land gefördert. Auch der Oberbürgermeister der Stadt Weimar, Peter Kleine, richtete ein Grußwort an die Gäste und stellte die große Bedeutung des Forschungsinstituts für die Stadt heraus. „Weimar ist nicht nur Goethe und Schiller, Weimar ist auch Forschung und Entwicklung.“
Materialeingang
Mit der neuen Pilotanlage lassen sich sowohl Leichtgranulate aus mineralischen Rest- und Abfallstoffen als auch kalzinierte Tone herstellen. „Sie erlaubt als weltweit erste und einzige ihrer Art die ganzheitliche Verwertung von Baureststoffen im semi-industriellen Maßstab.“, erzählt Max Ramm, wissenschaftlicher Mitarbeiter des IAB.
Das Recycling erfolgt in drei Prozessschritten: dem Materialeingang, der Materialaufbereitung und der Granulatherstellung. Beim Materialeingang wird die Zusammensetzung des Baustoffgemisches visuell und fotodokumentarisch erfasst. Es folgen das Einwiegen und die erste grobe Vorsortierung, um Stör- aber auch Wertstoffe abzutrennen. Bei der anschließenden Analyse des Materials wird die stoffliche Materialzusammensetzung an einer Teilmenge durch händisches Sortieren und eine Störstofferfassung (Gips, Leichtfraktionen) beurteilt.
Materialaufbereitung
Die Aufbereitung beginnt mit der Vortrocknung im Trockenschrank. Ist diese abgeschlossen,
folgt die Zerkleinerung auf die Zielkorngröße mit einem Backenbrecher. Mit einem Linearsieb wird Erdreich entfernt. Im Anschluss kommt das Material in die Kugelmühle und wird zu einem feindispersen Pulver verarbeitet. Dieser Prozessschritt hat folgende Ziele:
Homogenisierung der heterogenen Ausgangsmaterialien
Realisieren der Granulierbarkeit
Einmischen der Expansionsadditive
Mit dem Taumelsieb werden eventuelle Überkornfraktionen abgesiebt, um die Zielmahlfeinheit der Pulverfraktion zu garantieren. Ein wesentlicher Analyseschritt ist die Bestimmung der chemischen Zusammensetzung – der Röntgenfluoreszenzanalyse. Diese schließt die Klassifizierung
des Materials hinsichtlich seiner Eignung zur Herstellung von Grüngranulaten, dass ggf. erforderliche Nachsteuern der Zusammensetzung, die Erhitzungsmikroskopie und diverse Laborbrennverfahren
zur Realisierung der Zielrezeptur nach IAB-Standardverfahren ein. Die Herstellung der ungebrannten Granulate (Grüngranulate) erfolgt dann mithilfe des Granulattellers, wobei die Analyse des Feuchtegehalts, der Granulierneigung, der Kornrohrdichte, der Grünstandfestigkeit und der Korngrößenverteilung nicht aus den Augen verloren werden dürfen. In der Bepuderungstrommel wird ein Trennmittel aufgetragen. Es folgt die optionale Nachtrocknung im Trockenschrank.
Granulatherstellung
Im nächsten Schritt kommt der Drehrohrofen zum Einsatz, damit die aufeinander abzustimmenden, parallel verlaufenden thermischen Prozesse gelingen:
1. Mineralstoffgemisch in geeignetem Maße aufschmelzen und thermische Zersetzung des blähfähigen Additives
2. Chemische Umbildung der mineralischen Ausgangsstoffe
Kommen die Granulate aus dem Drehofen, müssen sie auf einer Lagerfläche abkühlen, bevor die Zielkornfraktionen mit dem Linearsieb eingeengt werden. Bevor die fertigen Granulate abgefüllt und verpackt werden, erfolgt eine Nachuntersuchung. Diese schließt die Bewertung der Umweltverträglichkeit ein.
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IAB – Institut für Angewandte Bauforschung Weimar gGmbH
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