Nachhaltigkeitszertifikat auch für Fertigteile?
Seit Kurzem können sich auch in Deutschland Zement- und Betonwerke das Nachhaltigkeitszertifikat des Concrete Sustainability Councils (CSC) ausstellen lassen (s. BFT International 05/2018, S. 01). Dem eigenen Anspruch genügend, als nationaler Ableger des internationalen Zertifizierungssystems, luden die deutschen CSC-Vertreter im April dieses Jahres zur Auftaktveranstaltung in die deutsche Hauptstadt Berlin ein.
Der Verein Concrete Sustainability Council (Beton-Nachhaltigkeits-Rat) hat sich zum Ziel gesetzt, mit einem internationalen Zertifizierungssystem die nachhaltige Produktion von Zement- und Betonwerken nachweisbar und sichtbar zu machen. Das soll die Wahrnehmung der Zement- und Betonindustrie als Produzent von nachhaltigen Baustoffen in der Öffentlichkeit stärken, außerdem die Position von Beton im härter werdenden Wettbewerb mit Holz und Stahl verbessern und schließlich den Anforderungen der internationalen Investoren entgegenkommen, die sich auf dem wachsenden Markt für das sogenannte „Green Building“ zunehmend für Neubauten mit Nachhaltigkeitszertifikat interessieren.
Bisher ist der Verein vor allem tätig in Kanada, den Niederlanden, Italien, der Türkei, im Mittleren Osten und jetzt eben auch in Deutschland. Weltweit wurden bisher 108 Zertifikate vergeben.
Die Vertretung des Zertifizierungssystems in Deutschland übernimmt der Bundesverband Transportbeton (BTB). Den Zertifizierungsprozess im Auftrag des BTB durchführen und die Zertifikate ausstellen werden in Deutschland die dem VDZ zugehörige FIZ GmbH, Kiwa, SGS und TÜV Süd.
Qualitativ oder quantitativ
Die ein oder andere Leserin, der ein oder andere Leser aus dem Kreis der Betonfertigteilhersteller wird sich vielleicht fragen: Ist dieser neue Nachhaltigkeitsnachweis überhaupt notwendig? Schließlich bemüht sich die deutsche Beton- und Betonfertigteilindustrie bereits seit langer Zeit erfolgreich darum, ihren Beitrag zum nachhaltigen Bauen zu leisten. Mit den Umweltproduktdeklarationen für Betonpflastersteine des Betonverbands Straße, Landschaft, Garten (SLG) und mit denen für Beton, die die Verbände und Fachvereinigungen der Betonfertigteilbranche mitent-wickelt haben, können Betonfertigteilhersteller Auskunft darüber geben, wie umweltverträglich ihr Produkt ist. Diese quantitativen Daten wiederum können bei der Planung eines Objekts in eine angestrebte Zertifizierung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) einfließen und so den Beitrag des Betonbauteils zur Nachhaltigkeit des Gebäudes sichtbar machen. Und das ist bei verschiedenen Projekten in der jüngeren Vergangenheit ja auch bereits geschehen.
Wer das CSC-Zertifikat erwerben will, muss allerdings weit mehr nachweisen als die Umweltverträglichkeit der Produktion seines Werks – hierin unterscheidet sich das Nachhaltigkeitszertifikat des CSC grundlegend von einer Umweltproduktdeklaration, die ausschließlich auf die ökologische Verträglichkeit und wenige technische Parameter eingeht.
Wer also das CSC-Zertifikat für sein Werk erwerben will, lässt überprüfen, ob seine Produktion den CSC-Kriterien in den fünf Kategorien „Grundvoraussetzungen“, „Management“, „Soziales“, „Umwelt“ und „Ökonomie“ entspricht. In den Kategorien haben die jeweiligen zugeordneten Kriterien lediglich qualitativen Charakter – in der Kategorie „Management“ etwa muss nachgewiesen werden, dass ein „Umweltmanagement“-System vorhanden ist; bestimmte quantitative Zielwerte für das „Umweltmanagement“-System müssen nicht nachgewiesen werden (das CSC-System fragt also einerseits deutlich mehr Kriterien ab als eine Umweltproduktdeklaration; andererseits macht es lediglich qualitative Aussagen während eine Umweltproduktdeklaration auch quantitative Aussagen macht).
Professionelles Marketing
Es spricht einiges dafür, dass das CSC-Zertifizierungssystem die weiter oben genannten Ziele erreichen kann: Als internationales System mit jetzt schon zahlreichen zertifizierten Werken bekommt es schnell das nötige Gewicht, um von Medien und Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Schon jetzt erkennbares professionelles Marketing, wie zum Beispiel das griffige, grüne Vogel-Logo, helfen, das CSC-System und die zugehörigen Zertifikate als Nachweis von Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit in der medialen und öffentlichen Wahrnehmung zu verankern. Und was die Akzeptanz im „Green Building“-Markt und bei Investoren angeht, so ist das Zertifizierungssystem des CSC bereits von den Systemen DGNB und BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology) zum Nachweis der Nachhaltigkeit von Gebäuden anerkannt.
Die Zertifizierung nach dem CSC-System steht grundsätzlich allen offen – Zementwerken, Transportbetonwerken und auch Betonfertigteilwerken. Jeder muss für sich entscheiden, ob sich der Erwerb eines CSC-Zertifikats für ihn wirklich lohnt. Wie groß der Nutzen des Zertifikats für ein Werk ist, dürfte auch davon abhängen, zu welchem der drei gerade genannten Branchensegmente das Werk gehört – die Tatsache etwa, dass das Zertifikat international gültig ist, nutzt womöglich dem mehr, der auch regelmäßig international Produkte vertreibt.
Und schließlich sind da noch die Kosten. Sie belaufen sich derzeit auf 1.000 Euro, die das zu zertifizierende Werk an den Concrete Sustainability Council für die Durchführung der Prüfung und für die Vergabe des Zertifikats für drei Jahre zahlen muss; Personal- und Zeitaufwand kommen hinzu.
Text: Christian Jahn, M. A.
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