Strategien zur Erhöhung des Feuerwiderstandes von Bauwerken aus hochfestem Beton

Der vorliegende Beitrag wurde uns freundlicherweise vom American Concrete Institute – www.concrete.org – zur Verfügung gestellt und erläutert Strategien zur Erhöhung des Feuerwiderstandes von Bauwerken aus hochfestem Beton. Er wurde verfasst von Venkatesh Kumar R. Kodur, FACI, Univ.-Prof. und Direktor des Safe-D Center am Institut für Bau- und Umweltingenieurwesen der Michigan State University in East Lansing.

Die Widerstandsfähigkeit ist ein entscheidender Parameter für Bauwerke, die zur lebenswichtigen Infrastruktur gehören. Betonbauten weisen eine hohe Belastbarkeit im Sinne der Sicherheit, Robustheit, Dauerhaftigkeit und Beständigkeit gegenüber Naturkatastrophen auf. Die Widerstandsfähigkeit wird unter extremen Lasteinwirkungen wie beispielsweise Explosionen, Erdbeben oder Anprall bestimmt, nicht jedoch spezifisch für Brandgefährdungen und -einwirkungen. Ein Brand kann als Primärereignis natürlicher Ursache (zum Beispiel Blitzschlag oder plötzliche Entzündung) oder als Sekundärereignis beispielsweise nach einem Erdbeben, einer Explosion oder einem Anprall entstehen. Weltweit verursachen Brände jedes Jahr Tausende Todesopfer und Milliardenschäden. Allein für die Vereinigten Staaten von Amerika hat die National Fire Protection Association für das Jahr 2018 folgende Daten erhoben [1]:

Es kam zu 1.318.500 Brandereignissen.

Unter der Zivilbevölkerung waren 3.655 Todesopfer und 15.200 Brandverletzte zu verzeichnen.

Brände an Bauwerken verursachten Sachschäden in Höhe von USD 11,1 Mrd., davon USD 8 Mrd. Schäden an Wohngebäuden.

Der Brandschutz von Gebäuden hängt von zahlreichen Faktoren ab, darunter der Prävention, Eindämmung und Löschung von Bränden, der erfolgreichen Evakuierung der Gebäudenutzer sowie dem Grad des Feuerwiderstandes (Maßnahmen des konstruktiven Brandschutzes). Daher ist die Umsetzung geeigneter Brandschutzmaßnahmen von entscheidender Bedeutung für die sichere Evakuierung der Nutzer und die Sicherheit der Feuerwehr während der Brandbekämpfung und ermöglicht darüber hinaus die Minimierung von Sachschäden und Eindämmung der Brandausbreitung sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen und nationalen Sicherheit und die Fortführung wirtschaftlicher Aktivitäten.

1 Beständigkeit gegenüber Brandeinwirkung

Wird die Beständigkeit bzw. Widerstandsfähigkeit gegenüber Brandeinwirkungen beim Entwurf eines Bauwerks nicht berücksichtigt, so kann ein schwerer Brand zu einem teilweisen oder vollständigen Versagen der Tragkonstruktion führen. So kam es am 13. Mai 2008 infolge eines Brandes zu einem progressiven Versagen und Einsturz eines 13-geschossigen Gebäudes aus Stahlbeton, dem Institut für Architektur an der TU Delft in den Niederlanden [2].

Zu dem Brand kam es, als nach einem Rohrbruch im 6. Obergeschoss Wasser austrat und einen Kurzschluss in einer Kaffeemaschine verursachte. Das Gebäude wurde nach dem Ertönen des ersten Feueralarms evakuiert. Nachfolgend breitete sich das Feuer weiter nach oben aus und erfasste mehrere Geschosse des südlichen Gebäudeflügels. Die Brandbekämpfung gestaltete sich schwierig, und das Feuer erfasste nachfolgend das gesamte Gebäude. Der Brand führte zum Einsturz von Teilen des Nordflügels, gefolgt vom Versagen der restlichen Gebäudeabschnitte.

2 Bemessung für Brandschutz

Großbrände in Bauwerken lassen sich nicht in allen Fällen verhindern, allerdings kann die Brandgefährdung durch eine geeignete Planung und Instandhaltung deutlich verringert werden.

2.1 Bauwerke aus herkömmlichem Beton

Bei Bauwerken, die aus herkömmlichem Beton mit normaler Festigkeit errichtet wurden, sind die Tragglieder für eine Feuerwiderstandsdauer von ein bis vier Stunden bemessen. Die wichtigsten die Feuerwiderstandsdauer bestimmenden Parameter sind die Betondeckung und die Bauteildicke. So liegen beispielsweise die Mindestabmessungen für Betonstützen mit einem Bemessungswert der Druckfestigkeit von bis zu 83 MPa für Feuerwiderstandsdauern von 1 bis 4 Stunden bei 200 bis 355 mm (Tabelle 1).

2.2 Bauwerke mit Einsatz „neuer“ Betone

Moderne Hochhäuser sind vergleichsweise schlanker und höher konstruiert (eine optimierte Entwurfsplanung führt zu einer niedrigeren Masse und zu geringerer Reservefestigkeit) und verfügen möglicherweise nicht über dieselbe Widerstandsfähigkeit wie aus herkömmlichem Stahlbeton errichtete Gebäude. Beispielsweise werden konventionelle Massivbetondecken durch Hohlkörper- oder Verbunddecken ersetzt. Gleiches gilt für massive Stahlbetonträger, an deren Stelle I-, T- oder Doppel-T-Träger treten. Entwurfsänderungen dieser Art reduzieren üblicherweise die Masse und resultieren folglich in einer niedrigeren Reservetragfähigkeit und einem geringeren Feuerwiderstand. Auch sind neue Betonarten (hochfester Beton/HSC), Hochleistungsbeton oder Ultrahochleistungsbeton) auf höhere Festigkeiten ausgelegt und verfügen über eine größere Steifigkeit und Dauerhaftigkeit. Sie weisen ein niedriges Wasser-Bindemittel-Verhältnis, einen hohen Anteil an Zementersatz- bzw. -zumahlstoffen sowie unterschiedliche leistungssteigernde chemische Zusatzmittel und Zusatzstoffe auf. Diese bewirken eine hohe Dichte, Kompaktheit und Sprödigkeit des Materials bei gleichzeitig niedriger Permeabilität. Das Brandverhalten dieser neuartigen Betone mit vergleichsweise höheren Festigkeitswerten unterscheidet sich von dem herkömmlicher Betone mit normaler Festigkeit. Bei den neuen Betonen kommt es zu einer schnelleren Degradation der Festigkeit und Steifigkeit, zudem sind sie anfälliger für durch Brandeinwirkung verursachte Abplatzungen.

Bis zu Temperaturen von ca. 450 °C zeigt HSC im Vergleich zu NSC in Abhängigkeit von der Temperaturentwicklung einen höheren Druckfestigkeitsverlust [4]. Abb. 1 zeigt sowohl für HSC als auch für NSC die relative Druckfestigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur. Gleichermaßen kommt es bei HSC bei ansteigender Temperatur auch zu einer rascheren Degradation des E-Moduls. Dagegen entsprechen die thermischen Eigenschaften von HSC (Wärmeleitfähigkeit, spezifische Wärmekapazität, wärmebedingte Ausdehnung und Masseverlust) denen von NSC [5].

Abplatzungen werden durch den Aufbau des Porenwasserdrucks während der Erwärmung verursacht. Aufgrund seiner gegenüber NSC niedrigeren Permeabilität wird für HSC von einer höheren Anfälligkeit für diese Art von Druckaufbau ausgegangen. Bei 300 °C kann der Porenwasserdruck ca. 8 MPa erreichen, überschreitet also die Zugfestigkeit von HSC (etwa 5 MPa). Daten aus mehreren Studien belegen, dass sich Prognosen des Brandverhaltens von HSC insbesondere im Hinblick auf Abplatzungen hochkomplex gestalten, da hier eine Reihe von Einflussfaktoren ins Spiel kommen [6, 7]. Zwar kann es in Betonen jeglicher Art zu brandinduzierten Abplatzungen kommen, HSC ist allerdings aufgrund seiner geringeren Permeabilität und seines niedrigeren Wasser-Bindemittel-Verhältnisses hierfür anfälliger als Normalbeton. In einer Reihe von Versuchen an HSC-Probekörpern stellte man fest, dass die Abplatzungen häufig geradezu einem explosiven Muster folgen [4, 5, 8] und bereits in frühen Brandphasen auftreten können. Daher können sie zu einer Gefährdung der sicheren Evakuierung der Gebäudenutzer führen und auch ein Risiko für die Feuerwehr darstellen. Abb. 2 zeigt einen Vergleich der Abplatzungen an Stützen aus bewehrtem NSC und HSC nach großmaßstäblichen Feuerwiderstandsversuchen [9].

3 Experimentelle Versuche und numerische Modellierung

Das Tragverhalten von konstruktiven Betonbauteilen unter Brandeinwirkung wird in der Regel mittels standardisierter Feuerwiderstandsversuche an Stahlbeton-Traggliedern oder mithilfe numerischer Modellierung beurteilt. Daten aus solchen standardisierten Versuchen an herkömmlichen Betonbauteilen wurden für die Erarbeitung der derzeit geltenden Normen und Regelwerke für konstruktive Bauteile aus Stahlbeton herangezogen.

Eine Durchsicht der entsprechenden Fachliteratur zeigt, dass in den letzten Jahren in gewissem Umfang auch das Brandverhalten von Stützen aus hochfestem Beton mithilfe von Feuerwiderstandsversuchen unter Normbrandbedingungen untersucht wurde [10-12]. Die aus diesen Brandversuchen gewonnenen Daten können ebenso wie auch in begrenztem Umfang durchgeführte numerische Simulationen für die Quantifizierung des Verhaltens von HSC-Stützen unter Brandeinwirkung herangezogen werden.

3.1 Brandversuche an Stützen

Abb. 3 und 4 zeigen typische Ergebnisse von Feuerwiderstandsversuchen an Stützen aus NSC und HSC. Hier wurden die Temperaturentwicklung und die fortschreitende Verformung in Abhängigkeit von der Brandeinwirkungsdauer verglichen [9]. Die Stützen wiesen einen quadratischen Querschnitt von 305 × 305 mm und eine Länge von 3.810 mm auf. Die 28-Tage-Druckfestigkeit der NSC-Stütze lag bei 34 MPa, die der HSC-Stütze bei 83 MPa.

In Abb. 3 ist für die beiden Stützenarten die Veränderung der Querschnittstemperaturen in Abhängigkeit von der Brandeinwirkungsdauer dargestellt. Dabei sind die einzelnen Temperaturen für unterschiedliche Tiefen angegeben (auf Höhe der Bewehrung sowie auf Viertel- und halber Tiefe), gerechnet mittig von der Oberfläche und in halber Stützenhöhe. Während der gesamten Brandeinwirkungsdauer sind die Temperaturen in der HSC-Stütze in der Regel niedriger als die entsprechenden in der NSC-Stütze gemessenen Temperaturen. Diese Abweichung ist zum Teil auf die unterschiedlichen thermischen und mechanischen Eigenschaften der beiden Betone und auf die niedrigere Porosität des hochfesten Betons zurückzuführen. Letztere beeinflusst die Geschwindigkeit des Temperaturanstiegs im hochfesten Beton bis zur Rissverbreiterung und zum Auftreten von Abplatzungen. Bereits nach ca. drei Stunden Brandeinwirkungsdauer zeigen sich in der HSC-Stütze breite Risse. Auch ist erkennbar, dass die HSC-Stütze versagt, wenn die Temperatur in der Tiefe des Betonkerns mittig 350 °C erreicht, d. h. nach etwa 240 Minuten. Bei der NSC-Stütze kommt es dagegen erst zum Versagen, wenn die entsprechende Temperatur 650 °C erreicht, also nach ca. 350 Minuten.

Abb. 4 zeigt für beide Stützenarten die Veränderung der axialen Verformung im Zeitverlauf. Beide Stützen dehnen sich bis zum Erreichen der Fließgrenze der Bewehrung aus. Nachfolgend kommt es zu einer Kontraktion und damit zum Versagen. Die initiale Verformung der Stütze wird vor allem durch die wärmebedingte Ausdehnung des Betons und des Stahls verursacht. Dabei weist die HSC-Stütze eine deutlich geringere Verformung als die NSC-Stütze auf. Zu diesem Verhalten kommt es zum Teil aufgrund der in den Frühphasen geringeren wärmebedingten Ausdehnung und des langsameren Temperaturanstiegs, die wiederum auf die niedrigere Porosität der HSC-Stütze zurückzuführen sind. Mit zunehmendem Fließen der Stahlbewehrung in der Stütze aufgrund des Temperaturanstiegs kommt es dann zu einer Kontraktion der Stütze. Diese fällt in der NSC-Stütze deutlich aus und führt zu allmählichem duktilem Versagen. Dagegen zeigt sich in der HSC-Stütze eine erheblich geringere Kontraktion, die auf die bei höheren Temperaturen auftretende Sprödigkeit des hochfesten Betons und die unabhängig von der Spannung und der Temperatur stets niedrigere Dehnung des HSC gegenüber dem NSC zurückzuführen ist.

Bei Brandversuchen wird die Zeitdauer bis zum Versagen als Feuerwiderstand der Stütze definiert. Bei der NSC-Stütze beträgt dieser etwa 366 Minuten, bei der HSC-Stütze ca. 225 Minuten (siehe Abb. 3 und 4). Die für die HSC-Stütze dokumentierte kürzere Feuerwiderstandsdauer kann der rascheren Degradation der thermischen und mechanischen Eigenschaften sowie dem Auftreten von Abplatzungen zugeschrieben werden.

Abplatzungen führen während des Brandes zu einer Verringerung des Betonquerschnitts, legen die tieferen Schichten des Betons für die Einwirkung der hohen mit dem Brand verbundenen Temperaturen frei und erhöhen damit die Rate der Wärmeübertragung in die inneren Schichten des konstruktiven Bauteils und damit auch die Bewehrung. Während und nach den Feuerwiderstandsversuchen zeigten sich an den NSC-Stützen keine Abplatzungen. Dagegen fielen diese an den Ecken der HSC-Stütze in den späteren Versuchsphasen und vor dem Versagen deutlich aus (Abb. 2). In den späteren Brandphasen waren die in der geprüften HSC-Stütze enthaltenen Bewehrungsstäbe vollständig dem Feuer ausgesetzt.

3.2 Numerische Methoden

In den vergangenen 20 Jahren wurden eine Reihe von Prüfungen der Werkstoffeigenschaften von hochfestem Beton sowie Feuerwiderstandsversuchen an Tragliedern aus HSC durchgeführt, um das Brandverhalten von HSC-Bauteilen zu beurteilen [5, 10, 11, 13]. Die aus den Brandversuchen gewonnenen Daten wurden für die Validierung von mithilfe der Finite-Elemente-Methode generierten numerischen Modellen verwendet, die für die Nachbildung des Ansprechens der HSC-Tragglieder auf Brandeinwirkung in unterschiedlichen Konfigurationen entwickelt wurden. Die validierten Modelle dienten nachfolgend zur Durchführung einer Reihe parametrisierter Studien mit dem Ziel der Quantifizierung des Einflusses kritischer Faktoren auf das Brandverhalten von konstruktiven Bauteilen aus hochfestem Beton [12].

4 Einflussfaktoren auf das Brandverhalten

Das Brandverhalten von Betonbauwerken wird von unterschiedlichen Einflüssen bestimmt. Die wichtigsten Faktoren sind nachfolgend dargestellt.

4.1 Brandintensität

Die Brandintensität bestimmt das Ausmaß von Abplatzungen und kann somit indirekt den Feuerwiderstand von Betonbauteilen beeinflussen. Das Ausmaß der Abplatzungen, die in HSC-Bauteilen unter schwerer Brandeinwirkung mit rascher Erwärmung oder hoher Brandintensität (beispielsweise bei einem Brand von Kohlenwasserstoffen) auftreten, ist deutlich größer als unter typischen „Hausbrand“-Bedingungen [12, 14, 15].

4.2 Art de Betonzuschlags

Mit carbonathaltigem Zuschlag hergestellte Stützen aus NSC und HSC verfügen gegenüber Stützen mit quarzitischem Zuschlag in der Regel über einen um etwa 10 % höheren Feuerwiderstand [12, 16]. Zurückzuführen ist dies auf die niedrigere Wärmeleitfähigkeit und höhere spezifische Wärmekapazität des carbonathaltigen Zuschlags, die zu einer Verlangsamung des Temperaturanstiegs in konstruktiven Betonbauteilen führt.

4.3 Betonfestigkeit

Die Betonfestigkeit kann den Feuerwiderstand von Betonbauwerken in erheblichem Maße beeinflussen. Eine höhere Betonfestigkeit wird in der Regel durch die Zugabe von Zementersatz- bzw. -zumahlstoffen wie Microsilica zum Betongemenge erreicht. Mit steigendem Microsilicagehalt (oder Gehalt an anderen Zusatzstoffen) sinkt die Permeabilität, was häufiger zu brandinduzierten Abplatzungen führt [5, 17]. Ergebnisse aus Versuchen und numerischen Simulationen belegen, dass es bei Betonen mit Festigkeiten über 70 MPa zu einem rascheren Festigkeitsabbau kommt und diese aufgrund der signifikanten Reduktion des Porengehalts anfällig für brandinduzierte Abplatzungen sind.

4.4 Betonfeuchtegehalt

Betonbauten mit höherem Feuchtegehalt (relative Luftfeuchte) sind anfällig für Abplatzungen in größerem Umfang [6]. Aufgrund ihrer niedrigen Permeabilität können aus hochfestem Beton errichtete Bauwerke über lange Zeit einen hohen Feuchtegehalt aufrechterhalten. Bei Feuerwiderstandsversuchen an HSC-Stützen in realer Größe wurde nachgewiesen, dass es zu erheblichen Abplatzungen kommt, wenn die relative Feuchte über 80 % liegt [18].

4.5 Betondichte

Der Einfluss der Betondichte auf das Brandverhalten wurde in Brandversuchen an Betonstützen, -platten und -steinen aus Normal- und Leichtbeton untersucht [10, 14]. Das Ausmaß der Abplatzungen an Betonbauteilen ist wesentlich größer, wenn dem Betongemenge Leichtzuschläge zugegeben werden. Dies könnte zum Teil auf den höheren freien Feuchtegehalt im Leichtzuschlag zurückzuführen sein, der unter schwerer Brandeinwirkung zu höherem Wasserdampfdruck führt.

4.6 Probekörperabmessungen

In der Regel erhöht sich der Feuerwiderstand eines Betonbauteils mit seinen Abmessungen – dies aufgrund der höheren Querschnittskapazität und Speichermasse. Im Fall der HSC-Stützen steigt allerdings das Risiko explosiver wärmebedingter Abplatzungen mit den Dimensionen des Bauteils [6]. Dazu kommt es, weil der Wärme- und Feuchtetransport durch das Bauteil umgekehrt proportional zu seiner Größe ist und größer bemessene Konstruktionen über eine höhere Kapazität für die Speicherung von Wärmeenergie verfügen.

4.7 Querschnitt/Geometrie des Bauteils

Die Konfiguration des Querschnitts hat einen erheblichen Einfluss auf den Feuerwiderstand des Betonbauteils [19]. So weist ein Hohldeckenelement mit äquivalentem Querschnitt einen niedrigeren Feuerwiderstand als eine entsprechende herkömmliche Massivplatte auf. Im massiven Element wird die Temperaturübertragung von der brandexponierten zur nichtexponierten Oberfläche vor allem von der Wärmeleitung bestimmt, während die entsprechende Temperaturübertragung durch das Hohldeckenelement durch Wärmeleitung im massiven Betonanteil und Konvektion und Wärmestrahlung in den Hohlkernen bewirkt wird. Diese Mechanismen führen zu erheblichen Abweichungen der Querschnittstemperaturprofile zwischen diesen beiden Elementtypen.

Zudem erfolgt die Wärmeübertragung in den Innenraum bzw. zur brandabgewandten Seite aufgrund der geringeren Betonmasse des Hohldeckenelements (oder bei Trägern mit T- oder I-Querschnitt mit schlanker Basis) im Vergleich zum massiven Element schneller. Ein weiterer Einfluss auf den Feuerwiderstand von Betonstützen ergibt sich aus der Geometrie des Querschnitts. Stützen mit kreisförmigem Querschnitt weisen im Vergleich zu quadratischen oder rechteckigen Stützen mit äquivalenter Querschnittsfläche einen höheren Feuerwiderstand auf. Der geringere Feuerwiderstand rechteckiger oder quadratischer Stützen ist auf die Einwirkungen an den Kanten zurückzuführen (höhere Erwärmung an den Ecken) [12].

4.8 Intensität und Art der Lasteinwirkung

Art und Intensität der einwirkenden Last wirken sich in erheblichem Maße auf auftretende Abplatzungen und den daraus resultierenden Feuerwiderstand aus. Eine höhere Lastintensität führt zu einem niedrigeren Feuerwiderstand [10, 17]. Der Einfluss des Grades der Brandlast zeigt sich bei HSC-Traggliedern deutlicher, da der temperaturinduzierte Festigkeitsverlust bei diesen gegenüber Bauteilen aus NSC größer ausfällt. Dazu kommt es, da das tragende Bauteil unter Lasteinwirkung Spannungen unterliegt, die aus der Lasteinwirkung in Kombination mit dem durch den Dampf erzeugten Porenwasserdruck entstehen. Darüber hinaus ist das Ausmaß der Abplatzungen höher, wenn die Last außermittig (oder als Biegebelastung) einwirkt, da dadurch zusätzliche Zugspannungen erzeugt werden.

4.9 Faserbewehrung

Im Betongemenge enthaltene Stahl- oder Polypropylenfasern minimieren das Ausmaß der brandinduzierten Abplatzungen und erhöhen folglich den Feuerwiderstand des so bewehrten Betonbauteils. Die Ergebnisse experimenteller Versuche belegen, dass die Zugabe von Polypropylenfasern zum Beton (ca. 0,10-0,15 Vol.-%) Abplatzungen an HSC-Traggliedern minimiert und somit deren Feuerwiderstand erhöht [10, 12, 14]. Die Polypropylenfasern schmelzen bei 160 bis 170 °C und erzeugen dann Poren im Beton, die die Ableitung des temperaturinduzierten Porenwasserdrucks unterstützen. Auch dem Beton zugegebene Stahlfasern können Abplatzungen minimieren und den Feuerwiderstand von HSC-Bauteilen erhöhen. Die Hinzufügung von Stahlfasern zum Beton (ca. 1,75 Gew.-%) steigert die Zugfestigkeit des Betons und verlangsamt die Degradation der Zugfestigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur.

Diese höhere Zugfestigkeit trägt zur Beherrschung temperaturinduzierter Zugspannungen bei, die durch den Porenwasserdruck verursacht werden, und minimiert folglich das Auftreten von Abplatzungen [15]. Zudem könnten Stahlfasern auch die Wärmeübertragung in den Beton geringfügig verbessern, wodurch sich die Temperaturunterschiede verringern und die damit verbundenen hohen Zugdehnungen unter der erwärmten Oberfläche reduzieren ließen. Abb. 5 zeigt den Zustand von HSC-Stützen mit unterschiedlichen Faserkonfigurationen nach Feuerwiderstandsversuchen [20].

4.10 Anordnung der Bewehrung

Ergebnisse von Feuerwiderstandsuntersuchungen belegen eindeutig, dass die Anordnung der Bewehrung und die Stützenumschnürung das Brandverhalten von HSC-Stützen beeinflussen [11, 17]. Bei diesen lässt sich eine höhere Feuerbeständigkeit durch eine effizientere Bewehrungskonfiguration (mit einer Rückbiegung von 135° in den Stützenkern und der Integration von Querbewehrung) und ein engeres Abstandsraster erreichen (Faktor 0,75 im Vergleich zu NSC-Stützen). In Abb. 6 sind eine herkömmliche und eine modifizierte Bewehrungsanordnung in einer HSC-Stütze dargestellt. Die vorteilhafte Wirkung der modifizierten Anordnung beruht vor allem auf der 135°-Rückbiegung (statt 90°).

Das Abstandsraster der Querbewehrung beeinflusst den Feuerwiderstand lediglich marginal. Abb. 7 zeigt Aufnahmen der Stützenprobekörper mit herkömmlicher und verbesserter Bewehrungsanordnung nach einem Feuerwiderstandsversuch – siehe dazu auch die von Kodur und McGrath veröffentlichte Publikation [17].

5 Verbesserung des Brandverhaltens

Ausgehend von zahlreichen Brandversuchen und numerischen Simulationen wurden Richtlinien für die Verbesserung des Brandverhaltens von HSC-Traggliedern vorgeschlagen [20]. Diese umfassen die folgenden Empfehlungen zur Minimierung von brandinduzierten Abplatzungen und zur Erhöhung des Feuerwiderstands von HSC-Bauteilen mit einer Betonfestigkeit von bis zu 110 MPa:

1) Geeigneter Mischungsentwurf:

Einsatz von carbonathaltigen Zuschlägen (Kalkstein)

niedrigerer Feuchtegehalt und

geringerer Anteil an Microsilica (unter 10 %)

2) Einsatz von Faserbewehrung:

Polypropylenfasern mit einem Anteil von 0,10-0,15 Vol.-%

Stahlfasern mit einem Anteil von 1,75 Gew.-% und

Hybridfasern mit einem Anteil von 0,12 Vol.-% Polypropylenfasern und 0,6 Vol.-% Stahlfasern;

3) Geeignete Bewehrungskonfiguration und Abstandsraster:

135°-Rückbiegung der Bewehrungsstäbe

engeres Abstandsraster (Faktor 0,75 gegenüber herkömmlicher Bewehrung) und

Einsatz von Querbewehrung;

4) Bemessung für:

niedrigere Lastintensität und

niedrigere außermittige Lasten sowie

5) Weitere Lösungen:

Aufbringung einer Schutzbeschichtung auf das Betonbauteil und

Integration von Mattenbewehrung außerhalb des Bewehrungskorbes.

Zudem lässt sich das Brandverhalten von HSC-Bauwerken verbessern, indem ein leistungsbasiertes Bemessungsverfahren auf Grundlage realistischer (tatsächlicher) Bedingungen und rationeller Entwurfsprinzipien unter Nutzung von analytischen und numerischen Methoden angewandt wird [16, 21]. Dieser Entwurfsansatz sollte ein systemisches Verhalten, realistische Annahmen für Lasten und Zwang, temperaturabhängige Werkstoffeigenschaften und realistische Versagenskriterien berücksichtigen.

6 Zusammenfassung

Bezüglich des Verhaltens herkömmlicher Betone unter Brandeinwirkung gibt es noch einige offene Fragen und Wissenslücken. Für moderne Betone unter Brandeinwirkung fallen diese jedoch noch viel deutlicher aus. HSC-Bauteile zeigen im Vergleich zu herkömmlichen konstruktiven Betonbauteilen ein unzureichendes Brandverhalten, insbesondere aufgrund des Auftretens brandbedingter Abplatzungen.

Diese Defizite lassen sich durch einfache Modifikationen wie beispielsweise effizientere Bewehrungskonfigurationen und die Zugabe von Fasern überwinden. Darüber hinaus können ausgehend von Feuerwiderstandsversuchen und einer rationellen Herangehensweise an den Brandschutz gezielte Strategien für die Verbesserung des Brandverhaltens von HSC-Bauteilen entwickelt werden.


REFERENCES/LITERATUR
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