BIBM-Kongress 2023 in Amsterdam – Mit Lösungsansätzen für die Zukunft
Der 24. BIBM-Kongress 2023, der vom 27. bis 29. September im renommierten Hotel Okura in Amsterdam stattfand, war mit mehr als 450 Teilnehmern und 74 Ausstellern ein durchschlagender Erfolg. Der Verband der Europäischen Betonfertigteilhersteller (BIBM) hatte in Zusammenarbeit mit dem Veranstalter BCF - Building Congress Forum GmbH erneut interessante Vertreter der Branche eingeladen und dieses Mal in die niederländische Hauptstadt, die auch als „Venedig des Nordens“ bekannt ist. Unter dem Motto „Grün | Digital | Resilient | Betonfertigteillösungen“ verfolgte der Kongress das Ziel, nachhaltige, technisch fortschrittliche und resiliente Ansätze in der Betonfertigteilindustrie zu erforschen und zu fördern.
Grußworte
Die Kongresseröffnung fand am Mittwochabend, den 27. September, mit Grußworten von Bart van Melick, dem scheidenden BIBM-Präsidenten und CEO der BTE Holding B.V. in den Niederlanden sowie Michiel Roelfsema, Geschäftsführer des Hotels Okura Amsterdam statt. Außerdem stellte Philip Crampton, Präsident des Europäischen Verbands der Bauindustrie (FIEC) aus Irland, Ansatzpunkte vor, die sich eingehend mit dem Thema Zukunft des Bauwesens in einer Gesellschaft befassen, in der sowohl umweltfreundliche als auch digitale Grundsätze von Bedeutung sind.
Einführungsveranstaltung
Am Donnerstagmorgen wurde der Kongress mit einer Einführungsveranstaltung eröffnet, dazu gehörten Begrüßungsreden von Alessio Rimoldi, dem BIBM-Generalsekretär (Verband der Europäischen Betonfertigteilindustrie) aus Belgien, sowie Dr. Ulrich Lotz und Michael Voss, Geschäftsführer der Building Congress Forum GmbH, Deutschland. Außerdem hielt Seamus McKeague, Geschäftsführer der Firma Creagh Concrete Products Ltd. aus Nordirland und Präsident des IPHA-Verbands (International Prestressed Hollowcore Association) – ein Partner des BIBM-Kongresses – einen Vortrag über den IPHA und betonte dabei insbesondere die Bedeutung der gemeinsamen Unterstützung der Betonfertigteilindustrie.
Des Weiteren standen Vorträge zu verschiedenen Themen auf der Tagesordnung, wie beispielsweise die Beziehung zwischen städtischer Natur und Gesundheit, der von Marco van Es, dem Gründer von Bac2nature aus den Niederlanden, angesprochen wurde. Zudem erläuterte Oscar Nieto, Referent der General-Direktion GROW Abteilung H1 - Bauwesen der Europäischen Kommission, die Initiativen der Europäischen Kommission für Bauprodukte.
Grün – Eine nachhaltige Revolution
Der Bausektor hat einen beachtlichen Wandel hin zu Nachhaltigkeit durchlaufen, der durch ein gestiegenes Bewusstsein der Umweltauswirkungen konventioneller Methoden angetrieben wurde. Bei der Vortragsreihe zum Thema „Grün“, moderiert von John-Erik Reiersen, Vorsitzender der BIBM-Umweltkommission und Geschäftsführer der Firma Concrete Norway, standen verschiedene Aspekte des nachhaltigen Bauens im Mittelpunkt. Dazu gehörten Themen zu CO2-neutralen Bindemitteln, Methodiken zur Bewertung der Lebensdauer von Beton und Initiativen mit dem Ziel der Reduzierung von CO2-Emissionen über die gesamte Wertschöpfungskette von Beton.
Dr. Anja Buchwald, ASCEM-Direktorin/BTE Group aus den Niederlanden, hielt einen Vortrag über die Entwicklung von CO2-neutralen Bindemitteln. Der Fortschritt der italienischen Betonfertigteilindustrie zur Erfüllung der neuen Nachhaltigkeits-Anforderungen im Rahmen des Green Deal wurde neben den strategischen Folgen für die Herstellungsverfahren und Verbesserungen der Endprodukte von Ing. Marco Pecetti, IPHA-Vorstandmitglied/Geschäftsführer von Prefabbricati, Italien, erörtert. José Rodriguez Soalleiro, Bauingenieur mit Spezialisierung im Bereich Straßen, Kanäle und Häfen im ANDECE (dem spanischen Verband der Betonfertigteilindustrie) stellte eine Methodik zur Bewertung der Lebensdauer von Betonelementen vor.
Digital – Transformative Technologien in der Betonfertigteilbranche
Die Digitalisierung hat sich zu einem kritischen Punkt in der Bauindustrie entwickelt, wobei BIM (Building Information Modeling), Sensoren für das Internet der Dinge (IoT), und Künstliche Intelligenz (KI) die Treiber für Effizienz und Nachhaltigkeit sind. In der Vortragsreihe „Digital“, moderiert von Magdalena Herbik, Managerin Kommunikation und öffentliche Angelegenheiten im BIBM, wurden verschiedene Themen rund um die Digitalisierung der Bauindustrie erörtert. Dazu gehörten BIM-Objektbibliotheken für Betonfertigteile, durchgehende BIM-Integration und die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung aus ingenieurtechnischer Sicht.
Rémi Lannoy, Leiter Fachbereich Digitales Bauen & BIM am CERIB Forschungszentrum der Betonindustrie (Centre d‘études et de recherche d l‘industrie du béton) in Frankreich, erläuterte den Aufbau einer Datenbank für eine BIM-Objektbibliothek der französischen Betonfertigteilindustrie. Aus ingenieurtechnischer Sicht erörterte Ing. Joseph Ickmans, Leiter Digitalisierung des BIBM-Ausschusses beim EFCA (Europäischer Dachverband der Beratungsverbände im Ingenieurswesen) in Belgien, die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Mark Jäckel, Leider der Abteilung BIM der Goldbeck GmbH in Deutschland ging wiederum eingehend auf den Bereich der automatisierten, industriellen Bauweise ein.
Resilient – Bauen für die Zukunft
Mit dem Schwerpunkt auf Resilienz im Hinblick auf Naturkatastrophen und Extremwetterereignisse unterstreicht die EU die Bedeutung von Baupraktiken, die Langlebigkeit und Sicherheit gewährleisten. Der von Taco van Broek, Vorsitzender des Technischen Ausschusses im BIBM und technischer Berater des niederländischen Betonverbands moderierte Themenbereich „Resilienz“ des Kongresses untersuchte Betonfertigteillösungen für Hochwasserschutz und Brandschutz sowie die Tragfähigkeit von Betonfertigteilkonstruktionen, um unerwarteten Lasten aufgrund seismischer Instabilität standzuhalten.
Im Rahmen dieser Vortragsreihe sprach Ernesto Villalobos aus Chile, CEO der Holcim Modular Solutions in Mittelamerika mit Sitz in Costa Rica, über das Thema Betonfertigteilkonstruktionen in Gebieten, die anfällig für hohe seismische Aktivitäten sind. Oscar Ekefäll, Entwicklungsingenieur bei S:T Eriks aus Schweden, gab Einblick in speziell auf den Hochwasserschutz zugeschnittene Lösungen aus Beton. Dr. Chiara Crosti, Ingenieurin brandtechnische Tragwerksplanung und Beratung im Rahmen der italienischen Forschung am Assobeton, ging eingehend auf die Ergebnisse italienischer Forschungsarbeit zum Brandverhalten von Mauerwerken ein sowie die gemeinsamen Initiativen innerhalb einer mit Assobeton verbundenen Unternehmensgruppe.
Ökologisierung der Wertschöpfungskette
In den Prozess der Dekarbonisierung von Betonfertigteilen sollten alle Akteure der Wertschöpfungskette über den gesamten Lebenszyklus hinweg einbezogen werden. Am Freitagvormittag hatten die Redner während der von Magdalena Herbik moderierten Themenreihe „Ökologisierung der Wertschöpfungskette“ die Möglichkeit, Bestrebungen zur Dekarbonisierung in der Beton- und Zementindustrie sowie im Markt für Betonzusatzmittel vorzustellen.
Thomas Guilot, Geschäftsführer der Global Cement and Concrete Association (GCCA) mit Sitz in Großbritannien, begann mit einem Überblick zur Dekarbonisierung der Zement- und Betonindustrie. Nihal Kinnersley, Versitzende des Umweltausschusses der European Federation of Concrete Admixtures Associations (EFCA) in Belgien, erörterte die Rolle von Zusatzmitteln bei der Dekarbonisierung im Beton(fertigteil)sektor. Rob van der Meer, Direktor für Industriepolitik im Cembureau, dem Europäischen Zementverband in Belgien, stellte Fortschritte bei der Kohlenstoffabscheidung in der Zementindustrie vor. Des Weiteren hielt Wietse de Jong, Rjikswaterstraat-Projektmanager für Brücken und Überführungen im Kreislaufsystem, einen inspirierenden Vortrag zur Wiederverwendung von Fertigteilträgern in den Niederlanden.
Zukunftsperspektiven für Fertigteile
Schwerpunkt der abschließenden von Kjell-Ole Gjestemoen (IPHA-Geschäftsführer) moderierten Themenreihe waren die zukünftigen Innovationen und Trends in der Betonfertigteilindustrie. Prof. Dr.-Ing. Johann Kollegger, Professor an der TU Wien in Österreich, erörterte neue Methoden zum materialsparenden und kostengünstigen Brückenbau mit Fertigteilen. Topi Paananen, IPHA-Vorstandsmitglied und CEO der Peikko Group in Finnland, referierte ebenso wie Fernando De los Rios, CEO der Hyperion Robotics aus Spanien, zum Potenzial der 3D-Drucktechnologie, mit der sich bei Fundamenten 75% Materialeinsparungen realisieren lassen und warf damit die Frage auf, ob dies nicht ein weiteres Geschäftsfeld für Fertigteilhersteller sein könnte. Terhi Rauhamaki, Manager Qualität und Umwelt bei Rudus Oy in Finnland, stellte das Rudus Programm zur Biodiversität vor und berichtete über Erfahrungen und Möglichkeiten für den Betonfertigteilsektor.
Im Anschluss fand die Abschlussveranstaltung statt, bei der der neu gewählte BIBM-Präsident, Stefan Van Duggenhout (Geschäftsführer der CRH Structural Concrete, Belgien), eine inspirierende Rede hielt und darüber sprach, wie wichtig es sei, den Blick in die Zukunft zu richten. In seiner Rede lud er die BIBM-Mitglieder auf, mit auf die Bühne zu kommen und damit das Wir-Gefühl innerhalb des Verbands zum Ausdruck zu bringen.
Innovation der Zulieferindustrie
Die Fortschritte in der Zulieferindustrie wurden ebenfalls im Laufe des Kongresses hervorgehoben. Zahlreiche Teilnehmer nahmen an den zwei „Innovation Workshops“ teil, bei denen ausgewählte Aussteller ihre technischen Lösungen für die täglichen Herausforderungen bei der Produktion in kurzen Vorführungen präsentierten. Darüber hinaus hatten Vertreter des BIBM-Büros in Brüssel – Alessio Rimoldi (Generalsekretär), Magdalena Herbik (Managerin Kommunikation und öffentliche Angelegenheiten) sowie die neue Kollegin, Ebru Akgün (Beauftragte für Nachhaltigkeit & Kreislaufwirtschaft) – die Gelegenheit, die Lancierung der BIBM-Dekarbonisierungszusage vorzustellen, die einen Beitrag der Fertigteilindustrie zu einer nachhaltig gebauten Umwelt darstellt.
Begleitet wurde der Kongress von einer Ausstellung unter Beteiligung von 74 Unternehmen aus der weltweiten Zuliefer-, Maschinenbau- und Software-Industrie. Diese Ausstellung fand unter Federführung des Platin-Hauptsponsors des Kongresses, Master Builders Solutions, und dem Silbersponsor ALLPLAN statt.
Netzwerken
Das Rahmenprogramm für Begleitpersonen bot die Möglichkeit, die niederländische Hauptstadt etwas besser kennen zu lernen und umfasste eine Diamantentour und eine Stadtbesichtigung. Darüber hinaus hatten einige Teilnehmer die Möglichkeit, an einem Origami-Workship im Hotel Okura teilzunehmen. Ein Höhepunkt der gesellschaftlichen Veranstaltungen war das Galadinner im Rosarium im wunderschön grünen Amstelpark, bei dem die Gäste die Möglichkeit zu Gesprächen in entspannter Atmosphäre hatten.
Der nächste BIBM-Kongress ist für 2026 geplant, Einzelheiten zum Veranstaltungsort werden in den kommenden Monaten bekanntgegeben.
Text: Magdalena Herbik
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