Das neue Zeitalter gestalten – Plädoyer für den Perspektivenwechsel im Bauwesen
Die Welt erlebt derzeit einen bedeutenden Wandel. Das Anthropozän, geprägt von unkontrolliertem Wachstum und der Ausbeutung natürlicher Ressourcen, weicht einer neuen Ära, in der soziale Bedingungen und die Gesundheit des Planeten in harmonischer Beziehung zueinanderstehen – dem Zeitalter der postanthropozänen Verantwortung. Diese Transformation beinhaltet die große Chance, die Welt neu zu denken und unsere gebaute Umwelt lebenswerter, gesünder und gerechter zu machen.
Die Weichen in diese Richtung sind schon längst gestellt: Staatliche Verpflichtungen zur Klimaneutralität, die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO (SDG) und die daraus abgeleiteten Anforderungen an Unternehmungen (ESG) leiten die neue Ära ein. Selbst das Bauwesen hat mit dem Bekenntnis aller europäischer Bauminister:innen durch die Unterzeichnung der Neuen Leipziger Charta reagiert: Im Zentrum steht der grüne, gerechte und produktive Siedlungsraum.
Die anstehende Transformation verändert unseren Alltag und unsere Städte. Einfach wird das nicht und Zielkonflikte sind vorprogrammiert. Es braucht Innovation, Zusammenarbeit und gesellschaftlichen Diskurs, um zu guten Lösungen zu kommen. Wenn dies aber gelingt, so ist die Bewältigung des Anthropozäns und seiner Krisen letztendlich ein riesengroßes, nahezu unerschöpfliches Konjunkturprogramm, welches einen Konsens über viele Bereiche der Gesellschaft hinweg beinhaltet. Es geht um nicht weniger als den Umbau der Stadt und die Neugestaltung ihrer Funktionen, von Versorgung über Mobilität, Wohnen, Arbeiten, Bildung und Gesundheitsvorsorge bis hin zur Freizeitgestaltung. Nachhaltig handeln heißt, den künftigen Generationen die Zukunft offenzuhalten.
Doch die Industrie tut sich noch immer schwer mit der Transformation. Anstatt die Herausforderungen als Chance anzusehen, wird versucht, rückwärts ins Ziel des postfossilen Zeitalters zu laufen. Orientierungslosigkeit und Verzögerung sind die Folgen.
Wer das Rad der Geschichte zurückdrehen will, wird jedoch selbst unter die Räder kommen. Oder um mit den Worten von Charles Darwin zu sprechen: Es sind weder die Stärksten der Art, die überleben, noch die Intelli-
gentesten, sondern die, die sich am besten auf Veränderung einstellen. Die Zeit ist gekommen, den Schalter auf „vorwärts“ zu stellen.