Klimaneutrale Gebäude und Quartiere im Bestand – wesentliche Beiträge von Komponenten aus Beton
Im Rahmen großer, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderter Verbundprojekte werden ganzheitliche Systemansätze zur Realisierung von klimaneutralen Gebäuden und Quartieren entwickelt und erprobt. Systemische Versorgungskonzepte, in denen der Gewinnung, Nutzung und Speicherung von lokal anfallenden elektrischen und thermischen Energien in Form von Erneuerbaren eine zentrale Bedeutung zukommt, werden herausgearbeitet, um mit innovativen Komponenten und ganzheitlichen Konzepten lokal verfügbare Solar- und Umweltwärme zu gewinnen und den Raum zur Erwärmung bereitzustellen. Bekanntlich decken sich das Angebot von Erneuerbaren und der Bedarf an Strom und Wärme im Tages- und Jahresverlauf nur bedingt. Daher bedarf es geeigneter elektrischer und thermischer Energiespeichersysteme, mit denen die nicht direkt nutzbaren solaren Energien nebst Umweltwärme zeitversetzt bevorratet werden können.
Die systemischen Gebäude- und Quartiersansätze zeichnen sich durch den Einsatz innovativer Komponenten aus Beton aus. Grundsätzlich besitzen Betone und Mörtel hervorragende mechanische und physikalische Eigenschaften. Wärmeseitig interessieren vor allem Temperaturleitfähigkeit und Wärmespeicherkapazität.
Um solare Energien über die äußeren Gebäudehüllflächen gewinnen zu können, hat das Institut für Werkstoffe im Bauwesen (IWB) der Universität Stuttgart gemeinsam mit Unternehmenspartnern solarhybride Dach- und Fassadensysteme aus selbstverdichtenden Hochleistungsfeinkornbetonen entwickelt, erprobt und bis zur Fertigung von Kleinserienweitergeführt. Wird solare Energie oder Umweltwärme gewonnen, erfordert der systemische Ansatz Wärmepumpen, um die gewonnene Umweltwärme auf ein für die Raumerwärmung in Abhängigkeit vom Wärmeübergabesystem erforderliches Tempe-raturniveau anzuheben. Der über die Dach- und/oder Fassadensysteme gewonnene PV-Strom wird bestmöglich zur Maximierung der Eigenstromnutzung mit einem neuartigen elektrischen Druckluftenergiespeicher gekoppelt. Kann die gewonnene Solar- und Umweltwärme nicht direkt zur Bedarfsdeckung genutzt werden, muss Wärme in Wärmespeichern zwischengelagert werden. Das IWB entwickelt und erprobt diverse Wärmespeicher. Warmwasserspeicher nutzen sensible Wärme. Gleiches gilt für Speicher mit Festbeton als Speichermedium. Hierzu bietet sich die thermische Aktivierung der erdberührten Bodenplatten und Gründungsstrukturen an. Zudem wurde am IWB ein hybrider Festbetonwärmespeicher realisiert, der aus einem offenporigen Beton und integrierten Wärmetauscher-ebenen besteht. Das offenporige Gefüge des hybriden Betonspeichers bietet vielfältige Möglichkeiten, wärmeseitig eine rasche Be- und Entladung des Speichers zu realisieren.
Um eine energieeffiziente Ertüchtigung der Gebäudehülle sicherzustellen, bedarf es gerade im Bestand geeigneter Dämmstoffe und daraus gefertigter Bauprodukte. Am IWB werden mineralisch gebundene Schäume, Aerogel-dotierte Hochleistungswärmedämmputze wie auch Aerogel-Infraleichtbeton eingesetzt. Auf diese Weise lassen sich nachhaltige und bezahlbare Lösungen entwickeln, um mit klinkerreduzierten Betonen und Mörteln einen aktiven Beitrag zur Umsetzung klimaneutraler Gebäude bzw. Quartiere zu leisten.