Praxislösungen in der additiven Fertigung –
Neuartige Fügeprinzipien
Der 3D-Betondruck als additive Fertigungsmethode (AM) ist eine
zukunftsweisende Technologie, die die Industrialisierung der
Bauprozesse deutlich beschleunigen wird. Der Betonaufbau erfolgt schichtweise, ohne Schalung, durch einen digital gesteuerten Werkstoffauftrag und ermöglicht die Herstellung von kraftfluss- und materialoptimierten Bauelementen. Die erste 3D-gedruckte Fußgängerbrücke ist in Madrid (2016) mit 12 m Länge und 1,75 m Breite errichtet worden und setzt sich aus mehreren, zuvor mittels Partikelbettverfahren gedruckten Betonsegmenten zusammen. Danach sind u. a. eine 8 m lange Fußgängerbrücke in Gemert (2017) sowie eine 26 m lange Fußgängerbrücke in Shanghai (2019) ausgeführt worden, die aus
8 bzw. 44 im Extrusionsverfahren gedruckten Segmenten zusammengefügt sind. Ein maßgebender Punkt bei der Errichtung solcher Bauwerke
ist die Fugenausbildung zwischen den gedruckten Segmenten, um eine ungestörte Kraftübertragung zu gewährleisten. Bisher wurden die
Stoßfugen im Allgemeinen als „Nassfugen“ ausgeführt. Die digitale
Fertigung ermöglicht zukünftig die Ausbildung innovativer hochpräziser „Trockenfugen“, die die Bauprozesse nochmals beschleunigen werden und auch einen kontrollierten Rückbau ermöglichen. Die Formgebung der Trockenfugen kann grundsätzlich direkt im Druckprozess realisiert
werden, dann aber abgestimmt auf die angewandte 3D-Drucktechnologie. Deutlich flexibler sind CNC-gesteuerte subtraktive Nachbearbeitungsverfahren, wie z. B. Schneiden, Fräsen, Schleifen (Abb. 1a). Hiermit können 3D-Bauteile unterschiedlicher AM-Prozesse an den Fügestellen entweder sehr individuell oder basierend auf einem „Fugenkatalog“
nachbearbeitet werden (Abb. 1b). Ziel ist es, hochpräzise Trockenfugen mit einem kraftflussoptimierten Strukturdesign
und den geforderten Oberflächeneigen-schaften herzustellen. Dieser Ansatz wird zurzeit im Rahmen des SFB/Transregio
TRR 277 an der TU Braunschweig im Fachgebiet Massivbau des iBMB und dem Institut für Tragwerksentwurf (ITE) erforscht.