Vorhersage des Beton-Schwindverhaltens
Die Zementindustrie (Klinkerherstellung) verantwortet weltweit circa 6 % der vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen. Die Reduzierung des Klinkergehalts in Zement und Beton durch Anwendung kalksteinreicher Zemente kann daher zu einer Absenkung des Treibhauspotenzials beitragen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wurde festgestellt, dass Beton aus Zement mit 50 M.-% Kalkstein und einem reduzierten Wasser-Zement-Wert von 0,35 – neben einer deutlichen CO2-Einsparung von bis zu 25 % gegenüber konventionellen Betonen – hinreichende Frisch- und Festbetoneigenschaften aufweist [1]. Es wurde weiterhin beobachtet, dass die Verformungseigenschaften der Betone mit hohen Kalksteingehalten, insbesondere das Kriech- und Schwindverhalten, signifikant von der Art des Kalksteins beeinflusst werden [1].
Im Rahmen einer vertiefenden Forschungsarbeit wurden das Trocknungsschwinden, das autogene Schwinden und das Karbonatisierungsschwinden von Zementstein und Beton mit unterschiedlichen Kalksteingehalten und Kalksteinarten experimentell analysiert. Es wurde festgestellt, dass das Schwinden der kalksteinreichen Betone stark von den chemisch-mineralogischen Eigenschaften des Kalksteins abhängt. Dabei wurden der Alkaligehalt und der Methylenblauwert des Kalksteins als maßgebliche Einfluss größen identifiziert.
Auf Basis der experimentellen Ergebnisse und der thermodynamischen und mechanischen Gesetzmäßigkeiten wurde ein analytisches Modell zum Trocknungsschwinden von Zementstein und Beton in Abhängigkeit vom Kalksteingehalt und von den chemisch-mineralogischen Eigenschaften des Kalksteins entwickelt. Dieses Modell berücksichtigt die gleichzeitige Wirkung des Spaltdrucks und des Kapillardrucks als dominierende Schwindmechanismen [2]. Zudem wurden die Eignung der aktuellen DIN EN 1992-1-1 für kalksteinreiche Betone geprüft und ein Vorschlag zur Anpassung des Bemessungsansatzes unter Berücksichtigung des Kalksteingehalts und dessen chemisch-mineralogischer Zusammensetzung präsentiert.