Maßnahmen zur CO2-Reduktion
Mit der Zement- und Betonherstellung sind weltweit mehr als 6 % der vom Menschen verursachten CO2‑Emissionen verbunden. Es ist bekannt, dass durch eine gezielte Substitution des im Zement bzw. Beton enthaltenen gebrannten Zementklinkers durch alternative Stoffe eine deutliche Reduzierung des Treibhauspotenzials erreicht werden kann. Aufgrund der wirtschaftlichen, technischen und ökologischen Vorteilhaftigkeit werden in Deutschland derzeit insbesondere Hüttensand und Steinkohlenflugasche als Zementbestandteil bzw. Betonzusatzstoff verwendet. Allerdings ist die Verfügbarkeit dieser Stoffe begrenzt, weshalb ein deutlich verstärkter Einsatz dieser Stoffe in der hiesigen Zement- und Betonindustrie nicht möglich ist. Als zusätzliche alternative Ersatzstoffe bieten sich insbesondere gut verfügbarer Kalkstein und calcinierter Ton an.
In den letzten Jahren wurden diverse Alternativen zum Portlandzementklinker für die Anwendung im Betonbau, sog. „Alternative Binders“, erforscht und entwickelt, die nicht oder nur teilweise auf herkömmlichem Portlandzementklinker basieren, wie z. B. Geopolymer, Celitement und CSA-Zement. Allerdings ist ihre Verwendung für üblichen Massenbeton kurz- und mittelfristig aufgrund offener technischer Fragen (z. B. Herstellungsprozess, Dauerhaftigkeit), normativer Beschränkungen oder Wirtschaftlichkeitsgründen voraussichtlich nicht möglich.
Mögliche betontechnologische Maßnahmen zur Reduktion des Klinkergehalts und deren Substitution durch umweltfreundliche Ersatzstoffe wurden bereits von den Autoren in [1] vorgestellt (Abb.). Sofort umsetzbar ist eine CO2-Reduktion durch Minimierung des Klinkergehalts von Beton im Rahmen der derzeitigen normativen Regelungen von Zement und Beton bzw. der bauaufsichtlichen Zulassungen. Zunächst ist für viele Anwendungen bzw. Expositionsklassen die Verwendung klinkerarmer Zemente nach DIN EN 197-1 (CEM II/B und CEM III) möglich. Zudem kann der Zementgehalt bis auf den jeweiligen Mindestzementgehalt nach DIN 1045-2 abgesenkt werden. Zur Sicherstellung des erforderlichen Leimgehaltes ist in der Regel eine Zugabe inerter Zusatzstoffe, wie z. B. Kalksteinmehl oder ggf. reaktiver Stoffe, wie z. B. Steinkohlenflugasche, erforderlich. Kurz- bis mittelfristig ist eine weitere Klinkerreduktion bzw. CO2-Minderung nur durch eine Novellierung der normativen Regelungen von Zement (DIN EN 197-1) und Beton (EN 206-1/DIN 1045-2) möglich.
Auf Basis des oben vorgestellten Prinzips wurden von den Autoren in Zusammenarbeit mit anderen Forschungspartnern umweltfreundliche Betone mit Multikompositzementen aus Klinker, Hüttensand und Kalkstein entwickelt. Diese Betone weisen im Vergleich zu Referenzbeton aus deutschem Durchschnittszement (EPD-Zement) signifikante CO2-Einsparungen, je nach Zementzusammensetzung, auf [2]. Für Betone aus Zement mit 50 M.-% Klinker, 30 M.-% Hüttensand und 20 M.-% Kalkstein wurde eine CO2-Reduktion von 35 % erreicht. Eine baupraktische Anwendung ist kurz- bis mittelfristig auf Grundlage des Entwurfs der neuen Zementnorm (DIN EN 197-1:2014) in Verbindung mit einer bauaufsichtlichen Zulassung bzw. Aufnahme des Zementes in DIN 1045-2 absehbar. Eine Verwendung der Multikompositzemente mit 20 % und 35 M.-% Klinker, mit einer CO2-Reduktion von 45 % bzw. 55 %, ist mittel- bis langfristig nur durch Weiterentwicklung der DIN 197-1 sowie DIN 1045-2 möglich.