Bemessung und Realisierung
Eine sinnvolle Anwendung für den Carbonbeton ist der Brückenbau. Aufgrund der korrosionsresistenten Bewehrung ist nur eine geringe Betondeckung erforderlich. Zusätzlich kann auf eine Schutzschicht vollständig verzichtet werden. Dadurch entstehen nachhaltige Brückenbauwerke, die nicht nur bezogen auf die Lebensdauer, sondern bereits bei der Herstellung wirtschaftlicher sein können als die herkömmlichen Bauweisen. Diese Vorteile zeigen sich bei den realisierten Brücken und ermutigen immer mehr Tragwerksplaner, mit dem neuen Werkstoff zu planen.
Die Bemessung der Carbonbetonbrücken unterscheidet sich nur geringfügig von dem bekannten Verfahren aus dem Stahlbetonbau. Das Materialgesetz für den Beton kann aus dem EC2 übernommen werden. Für die Carbonbewehrung darf ein linear-elastischer Ansatz gewählt werden. Somit kann bei der Biegebemessung die erforderliche Bewehrung entweder geschlossen oder iterativ ermittelt werden. Die Querkraftbemessung erfolgt zurzeit nur für Bauteile ohne Querkraftbewehrung und basiert auf dem EC2-Ansatz. Für beide Nachweise sind keine Tragfähigkeitsuntersuchungen notwendig. Für Brückenträger mit erforderlicher Querkraftbewehrung sind weiterhin experimentelle Tests erforderlich. Das vorhandene Sicherheitskonzept sieht einen Teilsicherheitsbeiwert für die Bewehrung von γnm = 1,3 vor.
Im letzten Jahr wurden fünf Carbonbetonbrücken realisiert. Das ist etwa die gleiche Anzahl an Bauwerken wie in den letzten 10 Jahren zusammen. Das verdeutlicht das große Interesse und die Realisierbarkeit. Drei der Brücken befinden sich auf der Landesgartenschau im Remstal und sind eine kombinierte Holz-Carbonbeton-Lösung. Durch den geringen CO2-Ausstoß bei der Herstellung liefert diese Variante eine umweltfreundliche Lösung. Ein weiteres Objekt ist die erste Straßenbrücke rein aus Carbonbeton in Gaggenau und die Hybridbrücke in Ottenhöfen (Abb.), die aus Stahlträgern und einer Carbonbetonplatte besteht.