Massivelemente just-in-time, preiswert und individualisierbar
Seit Jahrzehnten in der Betonfertigteilproduktion tätig, entschloss sich das niederländische Unternehmen Voorbij Prefab zu einer umfassenden Modernisierung seiner Palettenumlaufanlage. Ziel war es, die Produktionsabläufe zu optimieren, vollständig zu automatisieren und den Ausstoß zu steigern. Gleichzeitig sollte das Endprodukt und damit der Endkunde in den Mittelpunkt gestellt werden. In der Progress Group fand Voorbij Prefab einen Partner, mit dem der Maschinenpark modernisiert, Robotertechnik integriert und eine umfassende Softwarelösung implementiert wurde. Das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Voorbij Prefab, heute einer der modernsten Betonfertigteilproduzenten Europas, blickt auf eine lange Geschichte zurück. Gegründet im Jahr 1935, schwenkte das holländische Unternehmen früh von der Holzpfahl- und Stahlbewehrungsherstellung für die Bauindustrie auf die Produktion von Betonfertigteilen um. 1996 wurde das Familienunternehmen in die TBI Holdings integriert, einen der größten Immobilien-, Bau- und Technikkonzerne der Niederlande.
Das Unternehmen hatte jedoch zunehmend Schwierigkeiten, rentabel zu arbeiten. „Unser Portfolio war zu breit gefächert, die Lieferzeiten lang, unsere Kunden wurden unzufrieden“, sagt Jos Mulkens, CEO. In diesen Jahren belieferte das Unternehmen eine Vielzahl von Firmen aus verschiedenen Segmenten der Baubranche und produzierte Betonfertigteile für den Wohn-, Gewerbe- und Industriebau, für Tunnel, Brücken und Lärmschutzwände. Die Anzahl der Mitarbeiter belief sich auf 180.
Ein neues
Unternehmenskonzept
Die Entscheidung war klar: Ein Wechsel musste her, Voorbij Prefab sollte tiefgreifend modernisiert werden. Ziel war es, die Produktionsabläufe zu automatisieren und zu optimieren, Software zu integrieren und den Ausstoß zu steigern. Gleichzeitig sollte das Endprodukt und damit der Kunde in den Mittelpunkt gestellt werden.
Zukünftig sollten ausschließlich Massivelemente für den Wohnungsbau produziert werden – just-in-time, preiswert und individualisierbar. Die Produktion, so das Ziel, sollte vollständig automatisiert und sämtliche Prozesse, von der Vorbereitung und Planung über die Herstellung und Logistik, optimal aufeinander abgestimmt werden. Für all dies suchte das Unternehmen einen Partner, der den Umbau und die Neuorganisation schlüsselfertig realisieren konnte.
Die Progress Group erhielt schließlich den Auftrag, zusammen mit Voorbij Prefab die technischen Lösungen für eine Werksmodernisierung und -optimierung auszuarbeiten. Die beiden Unternehmen hatten bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet: Im Jahr 2003 war die bestehende Palettenumlaufanlage von den beiden Schwesterfirmen Ebawe Anlagentechnik und Progress Maschinen & Automation entwickelt und installiert wurde.
Vor dem Umbau mussten alle Anlagen von Hand und gesondert bedient werden, die Schalungsformen wurden manuell aus Holz hergestellt, der Durchsatz der Produktion war aufgrund der nicht standardisierten Betonfertigteile sehr gering. Für die anstehende Modernisierung wurde die bestehende Technik durchleuchtet und auf ihre Optimierung überprüft. Das Ziel, den Ausstoß pro Stunde zu vervierfachen, konnte nur mit dem Einsatz von Robotertechnik, einer Modernisierung des Maschinenparks und einer umfassenden Datenvernetzung erreicht werden.
Vier Modernisierungsschwerpunkte
Die Modernisierung der Anlage wurde an vier Schwerpunkten durchgeführt: der Schalungs- und Entschalvorgang wurde durch einen neuen Roboter vollautomatisiert, die Mattenfertigung in den Umlauf integriert, der gesamte Palettenumlauf inklusive der Steuerung optimiert und ebos implementiert, eine Softwarelösung der Progress Group.
Das Herzstück der erneuerten Anlage bei Voorbij Prefab ist der Schalungs- und Entschalroboter Form Master. Der Roboter führt sämtliche Arbeitsschritte des Schalungsprozesses vollautomatisch aus. Zu Beginn des Produktionszyklus entnimmt ein eigener Lagerroboter die Absteller aus dem Lager und übergibt sie an den Schalungsroboter. Dieser positioniert die Absteller nach CAD-Vorgaben auf der Palette und aktiviert die Magnete.
Am Ende des Produktionsprozesses wird die Palette abgescannt, die Absteller werden entriegelt, entnommen und dem Reinigungssystem zugeführt. Mit der erneuten Einlagerung ist der Zyklus beendet. Der Schalungs- und Entschalprozess wurde damit nicht nur präziser, es können nun auch genaue Produktionszeiten eingehalten werden. Die Zahlen sprechen für sich: die Zeit für die Vorbereitung einer Form konnte auf nur noch 6 Min. reduziert werden.
Zusätzlich sorgt Infinity Line, ein von Progress Group entwickeltes und patentiertes Schalungssystem, für Effizienz. Bei Voorbij Prefab kommt es erstmals bei Massivwandschalungen zum Einsatz. Mit Infinity Line ist es möglich, ohne den Einsatz von Polystyrolelementen lückenfrei zu schalen und gleichzeitig die Anzahl der benötigten Absteller auf ein Minimum zu reduzieren. Somit wird nicht nur der Schalungsprozess vereinfacht und verbilligt, sondern auch die Qualität der Betonfertigteile gesteigert: Durch den Wegfall von Polystyrolelementen können perfekte Außenkanten hergestellt werden.
Optimierung
der Stahlvorbereitung
Auch die Produktion der benötigten Bewehrung wurde neu organisiert. Bei der Mattenproduktion lag der Fokus bei der Optimierung der Stahlvorbereitung. Die dafür eingesetzte Richtmaschine des Typs MSR wurde angepasst und mit einer zusätzlichen Haspel versehen. Auch das Transportsystem zur Mattenschweißanlage M-System wurde optimiert.
Die Mattenschweißanlage selbst sowie die Magnettraverse wurden neu positioniert. Zusammen mit der Magnettraverse, die die Bewehrungsmatten automatisch auf die Paletten ablegt, ermöglicht ein Stapelwagen nun den reibungslosen Transport nicht automatisch einlegbarer Matten zu den manuellen Einlegestationen. Zudem wurde die Software komplett erneuert. Durch diese Eingriffe konnte die Kapazität der Bewehrungsanlage erhöht und der Produktionsfluss durch eine optimale Abstimmung der Herstellungsschritte optimiert werden.
Leitsystem mit umfassenden Analysefunktionen
Mit ebos, der hauseigenen Softwarelösung für Betonfertigteilwerke, wurde die Modernisierung der Produktion von Voorbij komplettiert. Dieses Gesamtsystem begleitet nun durchgängig alle Aspekte des Fertigungsablaufs von der Arbeitsvorbereitung über die Produktion bis hin zur Prozessanalyse.
Die speziellen Analysefunktionen von ebos tragen in einem hohen Maß zur Planbarkeit und Transparenz der Produktion bei. Mittels eines PTS-Tests („Production Test Service“) etwa können CAD-Daten bereits vor der Produktion auf ihre Produzierbarkeit überprüft werden. Auch eine Produktionsoptimierung ist mit diesem Tool möglich. Eine andere, GPA („Graphical Performance Analyzer“) genannte Funktion, bietet die Möglichkeit, den gesamten Prozessverlauf im Nachhinein detailliert abzuspielen und zu untersuchen. Engpässe und Optimierungsmöglichkeiten sind somit auf einen Blick erkennbar. Mit diesen und weiteren Tools unterstützt ebos die Produktionssteigerung und hilft gleichzeitig, Defizite, Schwachstellen und unnötige Mehrkosten zu erkennen.
Die Modernisierung
als Weg zum Erfolg
Dank der erfolgreich durchgeführten Modernisierung der Palettenumlaufanlage gehört Voorbij Prefab heute zu den modernsten Betonfertigteilproduzenten Europas. „Wir haben einen herstellenden Betrieb mitten in die digitale Welt von heute gerückt“, gibt sich CEO Jos Mulkens zufrieden. Mit der umfassenden Reorganisation einher ging auch ein Wandel in der Denkweise des Unternehmens.
Der Umbau wurde innerhalb von nur wenigen Monaten vollzogen. Wurden vorher Betonfertigteile für den Bau von 200 Häusern pro Jahr produziert, konnte der Ausstoß nun auf 2.000 Häuser verzehnfacht werden – gleichzeitig wurde die Zeit vom Design bis zum Produktionsstart der Elemente von fünf Wochen auf fünf Tage reduziert. Insgesamt beschäftigt Voorbij Prefab jetzt 40 Mitarbeiter, davon lediglich zwölf in der Produktion.
Innovativer Vertrieb
Dass sich die Modernisierung gelohnt hat, bezeugt der Erfolg, den das Unternehmen mittlerweile hat. Voorbij Prefab beliefert nicht nur Baufirmen mit Betonfertigteilen für den Wohnbau, sondern baut auch selbst für seine Kunden. Der Vertrieb fungiert dabei als logische Fortführung der vollautomatisierten und vernetzten Produktion.
Mit dem Konzept „1-2-3 casco“ – frei übersetzt „1-2-3 Rohbau“ – stellt Voorbij Prefab den Servicegedanken und den Kunden in den Mittelpunkt. Das Design der Betonfertigteile ist flexibel, Änderungen sind bis kurz vor Produktionsstart möglich und eine Lieferzeit von sechs Tagen wird garantiert – alles ist darauf ausgerichtet, die Bauindustrie „auf den Kopf zu stellen“, wie das Unternehmen betont.
Die TBI Holdings, Voorbij Prefabs Muttergesellschaft, rief zudem die Initiative „lekkerEIGENhuis“ („Schönes Eigenheim“) ins Leben. Ziel dieser Initiative ist es, den Bau des Eigenheims so einfach wie möglich zu machen. Auf dem entsprechenden Internetportal ist es möglich, über einen Konfigurator sein Traumhaus mit wenigen Klicks bis ins Detail zu planen und die Kosten zu kalkulieren. Dabei kann zwischen 15 verschiedenen Haustypen, der Anzahl an Etagen und verschiedenen Dachformen gewählt werden. Über die Positionierung von Fenstern und Treppen geht die Planung bis in kleinste Details, wie etwa Fußböden und Sanitäreinrichtungen.
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