Zusatzmittel forcieren erhebliche CO2-Reduktion bei Beton
Zementindustrie und Betonhersteller haben den Prozess der Dekarbonisierung eingeleitet und u. a. CO2-reduzierten Beton entwickelt. Der nachfolgende Beitrag zeigt auf, welche Bedeutung Betonzusatzmittel in diesem Zusammenhang bei der Herstellung bereits haben und wie sich zementgebundene Baustoffe mit Betonchemie umweltbewusst optimieren lassen.
Mit dem Beschluss der Bundesregierung, bis 2045 Klimaneutralität in Deutschland zu erreichen, ist der Druck auch in der Bauwirtschaft weiter gewachsen, umfassende Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen zu ergreifen. Den Prozess der Dekarbonisierung haben die Zementindustrie und nachfolgend die Betonhersteller längst eingeleitet und unter anderem CO2-reduzierten Beton entwickelt. Der nachfolgende Beitrag zeigt auf, welche Bedeutung Betonzusatzmittel in diesem Zusammenhang bei der Herstellung bereits haben und wie sich zementgebundene Baustoffe mit Betonchemie umweltbewusst optimieren lassen.
Es laufen bereits seit längerer Zeit Prozesse zur Klinkerreduktion im Zement und damit zur Senkung der CO2-Emissionen. Hier gibt es in Deutschland nach Ansicht von Experten allerdings noch viel Entwicklungspotenzial. Die technischen Herausforderungen, insbesondere die Plastifizierung des Betons und die Gewährleistung einer vorgegebenen Konsistenz über eine bestimmte Zeit, werden größer bei einem vermehrten Einsatz von neuen Mischzementen. Die Voraussetzungen für deren Anwendung können nur durch Betonzusatzmittel geschaffen werden.
Marktentwicklung bei Betonzusatzmitteln
Betontechnologie heutiger Prägung ist ohne Betonzusatzmittel nicht denkbar. Selbstverdichtender, hochfester und ultrahochfester Beton beispielsweise verdanken ihren Markterfolg dem Einsatz spezifischer Betonzusatzmittel. Diese haben nicht nur das Anwendungsspektrum für Beton deutlich erweitert, sie sorgen auch für eine schnellere und sichere Verarbeitung und damit für eine höhere Wirtschaftlichkeit. Betonverflüssiger und Fließmittel sind die in der Praxis am häufigsten eingesetzten Betonzusatzmittel.
Die Hersteller produzieren heute Betonzusatzmittel für eine Fülle hochspezialisierter Anwendungen vom Hochhausbau in Wüstenstaaten über Offshore-Windanlagen in den Meeren bis hin zu Tunnelprojekten in den Alpen. Die kontinuierlich erweiterten Anwendungsmöglichkeiten und die generell positive Baukonjunktur bilden international und national die Basis für stabil hohe Absatzzahlen und den gestiegenen Bedarf an Betonzusatzmitteln.
Im Jahresbericht 2021 (Seite 34, pdf-Version) veröffentlichte die Deutsche Bauchemie eine Grafik (Abb. 1) mit den Absatzzahlen von Betonzusatzmitteln für Deutschland der letzten zwanzig Jahre. Unschwer zu erkennen, dass hier im vergangenen Jahr die 200.000-Tonnen-Schallmauer zum zweiten Mal (nach 2018) durchbrochen werden konnte. Europaweit wurde seit 2015 jährlich mehr als 1,5 Mio. Tonnen verwendet.
Innovative Betonzusatzmittel unterliegen einer stetigen Weiterentwicklung und Optimierung. Ein Beispiel dafür sind die Fließmittel auf Polycarboxylatether-Basis (PCE). Diese Produkte ermöglichen es, planvoll bestimmte Betoneigenschaften einzustellen, die in der Form bislang nicht erreichbar waren. Nur so lassen sich maßgeschneiderte Lösungen erarbeiten, die auf den jeweiligen Anwendungsfall exakt zugeschnitten sind und auch den modernsten Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen genügen. Entsprechend sind die Hersteller von Betonzusatzmitteln in der Lage, einen substanziellen Beitrag zur CO2-Reduktion und damit für mehr Nachhaltigkeit bei der Betonanwendung zu leisten.
Übersicht möglicher Optimierungsansätze
Möglichkeiten, diese Zielsetzung zu erreichen, sehen die Betonzusatzmittel-Hersteller in folgenden Bereichen bzw. Wirkungsgruppen:
Fließmittel,
Erhärtungsbeschleuniger,
Stabilisierer/Viskositätsmodifizierer,
BZM zur Optimierung der Lebensdauer von Betonbauteilen,
BZM für Geopolymerbeton und
Zusatzmittel für die Zementindustrie.
1 Fließmittel
Hier ergibt sich das umfangreichste Potenzial durch innovative Fließmittelkonzepte zur Steuerung der Verarbeitbarkeit, Betonrheologie, Verarbeitungszeit bzw. Konsistenzhaltung mit insgesamt fünf verschiedenen Optionen:
1.1 Option 1: Wassereinsparung, Klinker- und Binde-
mittelreduktion
Option 1 umfasst Wassereinsparung, Klinker-bzw. Bindemittelreduktion und damit die Senkung der CO2-Emission um bis zu 25 % CO2 bzw. bis zu 50 kg/m³-Beton - CO2 (Basis - üblicher Transportbeton mit CEM II/A). Würde man diese Schritte bei 60 % bis 70 % der in Deutschland anfallenden Transportbetonmengen von ca. 53 Mio. m³ pro Jahr umsetzen, ließen sich jährlich 1,6 Mio. bis 1,85 Mio. Tonnen CO2 einsparen. Mit weiteren positiven Effekten für die Fertigteil- und Betonwarenindustrie wäre zu rechnen.
1.2 Option 2: Neue Bindemittel und Zusatzstoffe
Diese zielt ab auf den Einsatz von neuen Bindemittel -und Zusatzstofftypen bzw. auf die Erhöhung der Zusatzstoffanteile. Damit ist eine effiziente Absenkung des Klinkerfaktors und der CO2-Emissionen möglich. Realisiert werden muss hierzu die Senkung des Klinkeranteils im Zement von heute durchschnittlich 80 % pro t Zement auf 50 % oder weniger (Kalkulationsbasis = ca. 750 bis 800 kg CO2 pro t Klinker). Dies bedeutet eine Reduktion von > 200 kg/CO2 pro t Zement und damit von > 60 bis 70 kg CO2 pro m³ Beton. Hochwirksame Fließmittel ermöglichen diese Prozesse schon heute.
1.3 Option 3: Reduktion Wasser/Zementwert
Option 3 basiert auf der Reduktion des Wasser-/Zementwertes und erreicht damit eine Steigerung der Dauerhaftigkeit der Betone. Deren Lebensdauer lässt sich um den Faktor 2 erhöhen, was zu weniger Revisionen, längeren Nutzungszeiträumen mit entsprechend später notwendigen Neubauten und einer Reduktion der Recycling-Quote führt.
1.4 Option 4: Steigerung der Druckfestigkeit
Hierbei geht es um den Effekt, der mit einer massiven Steigerung der Druckfestigkeit des Betons erreichbar ist. Die Herstellung von hochfesten und ultrahochfesten Betonen wird auch mit akzeptablen Bindemittelmengen ermöglicht. Diese Betonqualitäten bieten die Chance für eine schlankere Bauweise und weniger notwendiges Betonvolumen – bei gleichen Qualitätseigenschaften. Im Ergebnis bedeutet das nicht nur ein erhebliches CO2-Optimierungspotenzial, sondern auch ein Plus an verfügbarer Nutzfläche durch die schlankere Bauweise.
1.5 Option 5: Einsatz von Recyclingmaterial
Betonzusatzmittel für die Nutzung von Recyclingmaterialien und regionaleren Sand- und Gesteinskörnungsqualitäten können ebenfalls einen Beitrag zur CO2-Reduzierung leisten. Bisher ungenutzte Ressourcen (ton- oder lehmhaltige Zuschläge, höhere Feinanteile, herausfordernde Sandqualitäten) können dank der heutigen Möglichkeiten zum Einsatz gebracht werden. Solcher Art Ressourcenschonung verbunden mit der Optimierung von Logistikprozessen bedeutet eine signifikante Senkung der CO2-Emissionen und zugleich weniger Entsorgungs- und Abfallmengen.
1.6 Grenzen und Maßnahmen
Es wird deutlich, dass die wissenschaftlich-technische Entwicklung viel weiter fortgeschritten ist als das reale Geschehen in den Herstellungsprozessen und den Märkten. Für diese Lücke gibt es mehrere Gründe – allen voran sind es gültige normative Regelungen, welche die Aktivierung des oben beschriebenen Potenzials deutlich beschränken. Spezielle Zulassungen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) sind äußerst zeit- und kostenaufwändig und decken nur Einzelfälle ab. Grundlegende Maßnahmen liegen deshalb in der Anpassung der Normen, der Vereinfachung von Zulassungsprozessen und übergeordnet darin, Klimaneutralität in Deutschland und Europa zu fördern.
2 Erhärtungsbeschleuniger
Erhärtungsbeschleuniger ermöglichen die Steuerung von Frühfestigkeit und zusätzlich der Endfestigkeit. In diesem Umfeld sind drei verschiedene Optionen im Hinblick auf die CO2-Reduzierung interessant:
2.1 Option 1: Kompensation der Frühfestigkeitsmin-
derung
Option 1 beinhaltet die Kompensation der Frühfestigkeitsminderung durch Klinker- bzw. Bindemittelreduktion und entsprechend den Erhalt der Ausschalfestigkeit bei reduziertem Bindemittelgehalt. In Zahlen bedeutet das eine Reduktion bis zu 10 % CO2, die Absenkung von 50 bis 70 kg/m³ Klinker bewirkt eine Reduktion von 40 bis 55 kg CO2 pro m³ Beton. Allein für die Betonfertigteilbranche mit einem Jahres-Aufkommen von ca. 5 Mio. m³ ist eine Reduktion von bis zu 225.000 t CO2 pro Jahr möglich. Mit diesem Ansatz könnten Überfestigkeiten vermieden werden, weitere Effekte ergäben sich für die Transportbeton- und Betonwarenindustrie.
2.2 Option 2: Alternative Heizenergiekonzepte
Hierbei geht es um die Einsparung von Heizenergie in Fertigteilwerken. Zur schnellen Erreichung von Mindest-Festigkeiten zur Abhebung der Fertigteile aus der Schalung werden in vielen Fertigteilwerken Heizungen eingesetzt. Bei der Verbrennung von z. B. jeweils einem Liter Heizöl entstehen rund 2,6 kg CO2. Bis zu 10 l/m³ Heizöl werden für ausgewählte Fertigteilanwendungen benötigt, das entspricht 26 kg CO2 je m³ Beton. Mit alternativen Heizenergiekonzepten wäre die Vermeidung oder signifikante Reduktion von CO2 möglich.
2.3 Option 3: Kompensation der Endfestigkeitsmin-
derung
Möglich wäre die Kompensation der Endfestigkeitsminderung durch Klinker-bzw. Bindemittelreduktion. Neben der Frühfestigkeit wird auch die Endfestigkeit durch spezielle Additive aktiv gesteigert.
Ermöglicht wird so eine Reduktion bis zu 10 % CO2 aufgrund der Nutzung von Zementen mit höheren Zumahlstoffanteil oder durch Absenkung des Bindemittelgehaltes. Denkbar wäre ein kumulatives Konzept aus Fließmittel und Stabilisierer.
2.4 Grenzen und Maßnahmen
Limitierende Faktoren sind wie bei den Fließmitteln bestehende normative Regelungen. Hier gilt es anzusetzen, umso das maximal mögliche CO2-EinsparPotenzial anzustreben.
3 Stabilisierer/Viskositätsmodifizierer
Diese Betonzusatzmittel gewährleisten eine maximale Robustheit und Sicherheit bei der Betonherstellung auch bei extrem reduzierten Bindemittelgehalten.
Der Einsatz von Stabilisierern kann die CO2-Senkung in Verbindung mit hochwirksamen Fließmitteln maximieren. So lassen sich CO2-Reduktionswerte von bis zu 25 % erreichen.
Die bestehende Grenzen und die zu ihrer Überwindung empfohlenen Maßnahmen entsprechen denen bei der Wirkungsgruppe Erhärtungsbeschleuniger (s. o.).
4 Betonzusatzmittel zur Optimierung der Lebensdauer von Betonteilen
Hierzu zählen beispielsweise Luftporenbildner, Schaumbildner, Mikrohohlkugelsuspensionen, Schwindreduzierer und Korrosionsinhibitoren.
4.1 Option 1: Mehr Dauerhaftigkeit, längere Lebens-
dauer
Die Erhöhung der Dauerhaftigkeit und Lebensdauer bedeutet weniger Revisionen, später notwendige Neubauten und eine Senkung der Recycling-Quote. Weitere Effekte durch den Einsatz dieser Betonzusatzmittel sind die Verbesserung der Dichtigkeit des Betongefüges, weniger Risse und der Schutz der Stahlbewehrung.
4.2 Option 2: Identische Dauerhaftigkeit
Durch den Einsatz von spezialisierten Betonzusatzmitteln und Additiven ist es möglich, identische Dauerhaftigkeit bei geringen Bindemittel- bzw. Klinkergehalten und höheren w/z-Werten zu erreichen. Dieser Fakt bietet zusätzliche Potenziale zur Reduzierung der CO2-Emissionen.
4.3 Grenzen und Maßnahmen
Die bestehenden normativen Regulierungen bilden auch bei diesen Optionen erschwerende Hindernisse. Hinzu kommt ein deutlich höherer Aufwand bei Ingenieurleistungen für Planung und Durchführung. In erster Linie muss auch hier eine Anpassung der Norm erfolgen.
5 Betonzusatzmittel für Geopolymerbeton
Geopolymerbeton wird unter Einsatz von alkalisch aktivierten Bindesystemen hergestellt. Durch den Verzicht auf Zement und Klinkeranteile entsteht so ein weiterer erfolgversprechenden Ansatz: Hochentwickelte Systemkonzepte aus Fließmittel, Aktivator, Bindemittel und Trennmittel ermöglichen die maximale Reduktion von CO2 um bis zu 65 %.
Neben den im vorherigen Absatz genannten Grenzen und Maßnahmen muss zur Umsetzung dieses Ansatzes auch noch Überzeugungsarbeit für die Akzeptanz dieser noch nicht genormten Technologie geleistet werden. Geforscht wird zu diesem Thema u. a. an der TU Berlin im Fachbereich Baustoffe und Bauchemie von Prof. Dr. Dietmar Stephan.
Außerdem ist festzustellen, dass für den deutschen Markt derzeit keine ausreichende Menge an Bindemitteln zur Verfügung steht, um diese Technologie derzeit auf den gleichen Stand zu bringen, wie es im Ausland bereits praktiziert wird.
6 Zusatzmittel für die Zementindustrie
Hierzu zählen beispielsweise Mahlhilfsmittel und Zement-additive. Die Optimierung der Mahlfeinheit führt zur erheblichen Leistungssteigerung von Zement und ermöglicht in Folge eine Bindemittelreduktion. Weitere Zementeigenschaften, wie z. B. Wasseranspruch, Früh- und Endfestigkeit können gezielt optimiert werden. Zusätzlich wird der Energieaufwand zur Mahlung signifikant verringert.
Zementoptimierung bedeutet in diesem Zusammenhang die Ausschöpfung des vollen Leistungsspektrums von Klinker bzw. Zement, die Maximierung des Einsatzes von Zumahlstoffen und damit Klinkerreduktion. Diese Prozesse bergen erhebliches Potenzial zur Reduktion der CO2–Emissionen.
7 CO2 reduzierte Betone in der Praxis
Für den Einsatz von Zementen mit weniger Klinker gibt es schon Betonzusatzmittel. Diese werden kontinuierlich an neue Zemente angepasst. Die Definition und Beschreibung von bereits am Markt befindlichen CO2-reduzierten Betonen und die Maßnahmen, mit denen das Attribut „CO2-reduziert“ erreicht wird, sind uneinheitlich und stellen keinen neutralen Maßstab dar. Es muss neben dem charakteristischen Wasser-Zement-Wert (W/Z-Wert) immer auch ein Mindestzementgehalt eingehalten werden, um die Qualitätskriterien einzuhalten.
Um den Einsatz von CO2-reduziertem Beton zu erhöhen, sind außer den oben beschriebenen Optionen und technischen Maßnahmen in der Produktion auch begleitende Mechanismen aus dem Markt erforderlich. Dazu gehört beispielsweise das Verhalten der ausschreibenden Stellen, die sich offenbar schwertun, eingefahrene Prozesse zu verlassen und öffentliche Bauvorhaben tatsächlich nachhaltig auszuschreiben. Vorschläge, solche Gebäude außerhalb der Norm als Pilotprojekte für echte nachhaltige Ausführung in der Betontechnologie zu nutzen, finden so gut wie keine Resonanz. Auch die unbedingte Priorität der Wirtschaftlichkeit verhindert Marktwachstum CO2-reduzierter Betone. Es gilt häufig noch die Maßgabe, mit dem günstigsten Beton die minimal geforderte Leistung zu erreichen. Aber: wenn der CO2-Preis weiter steigt und die Zementhersteller die Zementpreise weiter erhöhen (müssen), dann werden nachhaltige Betone automatisch die wirtschaftlichsten werden.
8 Ausblick
Der CO2-Preis wird also wesentlich die weitere Entwicklung CO2-reduzierter Betone mitbestimmen. Deshalb müssen die Unternehmen einerseits die Preise für weniger nachhaltige Zemente erhöhen und andererseits die Entwicklungsdefizite der Vergangenheit aufarbeiten und neue Zemente kreieren, bis zu deren Marktreife dann aufgrund der langwierigen Normungsprozesse wieder relativ viel Zeit vergeht.
Der Schlüssel zur weiteren Entwicklung und Etablierung CO2-reduzierter Betone liegt in einem innovativen Gemeinschaftsakt aus den o. g. Ansätzen: innovative Betonzusatzmittel, CO2 optimierte Zemente sowie nutzbare, regionale Kies- und Sandvorkommen. Diese Komponenten bilden die Basis für die zukünftigen normativen Grenzen der Regelwerke für die Betonherstellung. Betonzusammensetzungen mit wenig Zement, Feinanteilen und wenig Wasser. Neue, klinkerreduzierte Zemente verlangen innovative Lösungen, um die Leistungsfähigkeit des Betons, insbesondere die Frischbetoneigenschaften, zu gewährleisten.
Behindert werden die Entwicklungsprozesse durch unflexible Regulierungen wie etwa die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten (ZTV-ING)“ und die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen Wasserbau (ZTV-W)“. Darin wird der Einsatz von Betonzusatzmitteln mit den Wirkstoffgruppen Saccharose und Hydroxycarbonsäure (und für Mischprodukte, welche diese Wirkstoffgruppen enthalten) für nicht zulässig erklärt. Manche Fachleute sehen das anders und halten die Verwendung für sinnvoll, weil damit bei der Betonzusatzmittelherstellung erdölbasierte Rohstoffe wie PCE oder Tenside durch nachwachsende Rohstoffe (Zucker-Saccharose, Glukonat, Weinsäure) ersetzt und damit die Ökobilanz von Betonzusatzmitteln optimiert würde. Die Vorgaben der ZTV seien auch deshalb unrealistisch, weil Saccharose und Hydroxycarbonsäure überall sonst in Europa erlaubt seien und eingesetzt würden.
Trotzdem geht der Trend zur CO2-Reduzierung weiter. In der Dokumentation „Klimaneutralität 2050“ der Agora Energiewende finden sich zahlreiche Beispielberichte, in denen Unternehmen konkrete Zielvorgaben und Strategieschritte benennen, wie sie das Thema CO2-Reduzierung angehen.
Ein deutscher Zementhersteller etwa formuliert so: „Bis 2019 haben wir bereits eine Minderung des CO2-Fußabdrucks von Zement um 22 %, verglichen mit 1990, erreicht. 2020 haben wir das wissenschaftsbasierte Ziel einer Reduktion des CO2-Fußabdrucks von Zement um 30 % bis 2030, verglichen mit 1990, auf 2025 vorverlegt. Für 2030 streben wir eine Reduktion um mehr als 15 % gegenüber 2019 auf weniger als 500 kg CO2 pro Tonne Zement an. Unser langfristiges Ziel ist, bis spätestens 2050 über unser gesamtes Produktportfolio hinweg Beton CO2-neutral anzubieten.“
Die wichtigsten Maßnahmen zur Emissionsminderung für die nächsten zehn Jahre sind:
Vermehrter Einsatz alternativer Roh- und Brennstoffe,
Substitution des CO2-intensiven Klinkers im Zement durch zementähnliche Sekundärstoffe mit deutlich geringerer CO2-Bilanz,
Umfangreiche Investitionen in Anlageneffizienz und CO2-Reduktion auf Werksebene,
Erhöhung des Anteils nachhaltiger, CO2-armer Betonprodukte.
Um diesen letzten Punkt in der Liste tatsächlich voranzutreiben, sind innovative Betonzusatzmittel unabdingbar. Einen wesentlichen Beitrag leisten will u. a. auch das aktuelle Verbundforschungsvorhaben „ReCyCONtrol – Selbstlernende Steuerungstechniken für die automatisierte Produktion robuster Ressourcenschutzbetone – Schlüssel für die umfassende Verwertung mineralischer Stoffströme“. Ziel dieses vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes ist die Herstellung robuster und vielseitig einsetzbarer Betone mit Gesteinskörnung aus Betonrezyklat auf Basis von Altbeton. Versuchsvorhaben wie dieses stehen für das Engagement der Betonzusatzmittelhersteller, mit einem breiten Innovationsspektrum den notwendigen Weg der CO2-Reduktion in der Betontechnologie konsequent und nachhaltig mitzugestalten.
Der Industrieverband Deutsche Bauchemie e.V. vertritt die Betonzusatzmittelhersteller und unterstützt die notwendigen Prozesse in den Mitgliedsunternehmen intensiv auch auf europäischer Ebene. Als Beispiel können hier die Muster-Environmental Product Declarations (Muster EPDs) angeführt werden. Aktuell werden die sechs europäischen Muster-EPDs für Betonzusatzmittel des Europäischen Betonzusatzmittel-Verbandes EFCA aktualisiert und verlängert. Die Arbeit an den Dokumenten begleitet für die Deutsche Bauchemie der Arbeitskreis 2.1 „Beton- und Mörtelzusatzmittel und Umwelt“ im Fachausschuss 2 „Betontechnik“. Vertreter dieses Gremiums wirken im EFCA-Environmental-Committee mit und liefern hier fachlichen Input. Diskutiert wird auf dieser Ebene auch die Erarbeitung einer zusätzlichen Muster-EPD für CO2-optimierte verflüssigende Betonzusatzmittel.
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REFERENCES/LITERATURE: