Vandersanden eröffnet Pirrouet-Produktionsstätte am Standort Lanklaar mit neuer Steinpresse von Rekers (Teil 1)
Mit einem Investitionsvolumen von 32,5 Mio. Euro hat die Vandersanden Group im belgischen Lanklaar ein neues Werk zur Produktion von Pirrouet-Fassadensteinen errichtet. Das Herzstück der Pilotanlage stellt die neuartige Steinpresse RSP-500 der Rekers GmbH Maschinen- und Anlagenbau aus Spelle dar. Lesen Sie hier Teil 1, der zweite Teil folgt in der BFT 01/2025.
Mit über 800 Mitarbeitenden an 14 Standorten in Europa und Großbritannien gehört die Vandersanden zu den größten und führenden Ziegel herstellenden Familienunternehmen in Europa. Im Produktportfolio finden sich unter anderem Verblendersteine, Klinkerriemchen, Pflasterklinker und seit neuestem die CO2-negativen Pirrouet-Fassadensteine. Mit einem Investitionsvolumen von 32,5 Millionen Euro und einem Forschungszuschuss der EU in Höhe von 2,2 Millionen Euro hat die Vandersanden Group unweit des Dreiländerecks bei Aachen ein neues Werk mit 26 Mitarbeitenden auf einer Fläche von 8.000 m2 zur Produktion der Pirrouet-Fassadensteine errichtet. Das Herzstück der Pilotanlage stellt die neuartige Steinpresse RSP-500 aus dem Hause des mittelständischen Familienunternehmens Rekers GmbH Maschinen- und Anlagenbau aus Spelle dar. Mithilfe dieser innovativen Steinpresse ist es möglich, eine Produktionskapazität von derzeit 20 Millionen Fassadensteine pro Jahr auszuschöpfen. Perspektivisch kann diese Kapazität mit geplanten Erweiterungen der Anlage durch eine zweite Steinpresse auf 40 Millionen Fassadensteine pro Jahr verdoppelt werden. Durch den Einsatz der Steinpresse eröffnen sich neue Produktionsmöglichkeiten für zukunftsweisende Produkte bei gleichzeitiger Energie- und Ressourceneinsparung gegenüber konventionellen Maschinen.
Im September 2024 wurde die Anlage offiziell eingeweiht und somit ein weiterer Meilenstein im Nachhaltigkeitskonzept der Vandersanden Group erreicht. Doch damit nicht genug: Im Rahmen der Verleihung des Deutschen Nachhaltigkeitspreises (DNP) ist Vandersanden mit den CO2-negativen Pirrouet-Fassadensteinen als Sieger im Transformationsfeld Klima ausgezeichnet worden.
Nachhaltigkeitskonzept im Fokus
In dem neuen Werk werden ausschließlich klimafreundliche Produkte unter dem Label Pirrouet hergestellt. Hierbei werden nachhaltige Fassadensteine als Standard gesetzt, die definierte Anforderungen erfüllen und sich durch einen Anteil von 80 % Recyclingmaterial sowie eine CO2-Bindung von 60 kg pro Tonne Fassadenstein auszeichnen.
Doch nicht nur die Produkte stehen im Mittelpunkt, sondern auch die Mitarbeiter. Eine moderne Produktionshalle sorgt für sehr gute Arbeitsbedingungen mit viel natürlichem Licht und hoher Anlagensicherheit. Durch die Minimierung von Mitarbeiterbelastungen in Bezug auf Lärm und Staub sowie einer reinigungs- und wartungsfreundlichen Anlage wird ergonomisches Arbeiten ermöglicht. Das ist auch berücksichtigt im intelligenten Aufbau der Steinpresse, die nicht nur weniger Bewegungen im Produktionsprozess und dadurch weniger Verschleißteile beinhaltet, sondern auch in Bezug auf Wartung- und Reinigung bietet die Maschine alle Möglichkeiten, um dem Mitarbeiter optimalen Zugang zu gewähren.
Die Anlage ist eine zukunftsweisende Investition, bei der Energieeffizienz und Emissionsminderung im Mittelpunkt stehen. Waschwasserrecyclinganlagen sorgen dafür, dass das gesamte Brauchwasser aufbereitet und dem Herstellungsprozess wieder zugeführt wird. Ausschussware wird ebenfalls aufbereitet und dem Produktionsprozess zurückgeführt.
Im Rahmen des Aushärteprozesses der Fassadensteine wird CO2 hinzugeführt, sodass eine chemische Verbindung mit den calciumhaltigen Materialien entsteht und das CO2 in diesem Produkt gebunden wird. Mit einer Produktionskapazität von 20 Millionen Fassadensteinen pro Jahr und einer Absorptionsleistung von 60 kg CO2 pro Tonne Fassadensteine kann das Werk jedes Jahr 2.280 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre binden.
Die Zukunft des Produktionswerks in Lanklaar verspricht weitere innovative Produkte und Ausbaustufen, die auf einer effizienten Produktionstechnik und einem klaren Bekenntnis zur Nachhaltigkeit basieren.
Entstanden ist diese Pilotanlage aus einer vorangegangenen Testphase, in der eine kleine Steinpresse Prototypen-Fassadensteine produziert hat und die optimale Lösung zur CO2-Absorption erarbeitet wurde. Nach der gelungenen Testphase fiel die Wahl des Maschinen- und Anlagenherstellers für eine solche Steinpresse und das gesamte Produktionswerk auf die Rekers GmbH, da Rekers nicht nur danach bestrebt ist, ganzheitlich innovative Lösungen mit hohen Qualitätsstandards zu verwirklichen, sondern auch einen klaren Nachhaltigkeitsgedanken verfolgt und diese Werte proaktiv mitgestaltet.
Neue Steinpresse vom Typ Rekers RSP-500 für neue Unternehmensziele
Im Rahmen der Auswahl der richtigen Maschine setzt Vandersanden auf eine zukunftsweisende und neuartige Steinpresse aus dem Hause Rekers. Ausschlaggebend für die Vergabe an das familiengeführte Unternehmen Rekers war die Konzeptausarbeitung der bisher einzigartigen RSP-500, die vom Geschäftsführer und Firmeninhaber Norbert Foppe selbst konzipiert wurde. Dabei ist das äußere Erscheinungsbild der Steinpresse angelehnt an die ebenfalls neue und innovative Steinformmaschine RS4 aus dem Hause Rekers.
Auch wenn das Herstellungsverfahren und das Funktionsprinzip grundlegend verschieden sind, lässt sich ein Vergleich der Steinpresse mit einer Kalksandsteinpresse durchführen, um viele innovative Aspekte der Steinpresse genauer zu betrachten. Gegenüber einer Kalksandsteinpresse wird das frische Produkt nicht durch einen Greifer auf einen Härtewagen übergesetzt, sondern noch in der Steinpresse entschalt und auf Unterlagspaletten zur Aushärtekammer transportiert, was zu höheren Qualitätsstandards und besserem Produkthandling führt.
Dies sind nur einige Gründe, die für Rekers als Lieferant der Steinpresse sprachen.
Farbgebung der Rekers-Fassadensteine
Mit Bezug auf die Farbgestaltung von Produktoberflächen im automatisierten Prozess ist Rekers seit der Patentierung aus dem Jahre 2006 ein echter Vorreiter.
Das innovative, patentierte Rekers Colour Blending System ist in der Lage, bis zu sechs verschiedenfarbige Mischungen zu dosieren. Das System erlaubt die Herstellung individueller, einzigartiger und natürlich strukturierter Oberflächen mit attraktivem Farbspiel. Die Zuführung der gemischten farblichen Charge aus dem Vorsatzmischer zum Colour Blending System erfolgt mittels flexibler Kübelbahn. Die Fahrschienen können dabei kundenindividuell vom Mischer bis zum Abgabebunker angepasst werden. Der 500-Liter Fischmaulkübelwagen gibt die entsprechende Charge an den Bunker ab. Durch einzelne Wiegezellen, die an jedem der sechs Bunker verbaut sind, lassen sich genaue Dosierungen einstellen, um die gewünschten Mengen in kleinen Mengen an das Sammelband abzugeben, sodass die Farben bereits übereinandergelegt werden können. Vom Sammelband geht es dann zum Verteilerband, welches die Farben gemäß Wunsch im Vorsatzbunker der Steinpresse platziert, sodass einzigartige Farbspiele entstehen.
Mit Hilfe der mehrfarbigen Oberflächengestaltung sollen naturgetreue Farbgebungen erzielt werden, die sowohl reproduziert als auch per Zufallsprinzip generiert werden können. Das patentierte Colour Blending System in Kombination mit einer Kübelbahn bietet darüber hinaus viele Vorteile in Bezug auf Wartungs- und Reinigungsarbeiten und zeichnet sich durch gute Zugänglichkeit und eine wartungsfreundliche Bauweise aus.
Schallschutzkapsel
Eine Besonderheit der Produktionsanlage rund um die Steinpresse liegt darin, dass aufgrund des geringen Lärmpegels keine Schallschutzkapsel für die Steinpresse erforderlich ist. Diese ist durch Sicherheitstechnik mit Schutzzäunen abgesichert, sodass ein weiterer Vorteil darin liegt, dass die direkte Sicht auf den Produktionsprozess augenscheinlich offenbleibt.
Dahingegen gehören die Schallschutzkapsel für die Hydraulikstation der Steinpresse sowie die Einhausungen der Bediener- und Schaltschrankräume zum Lieferumfang der Firma Kaschwig und wurden in guter Zusammenarbeit installiert. Auch diese Teile der Gesamtanlage sind durch sehr gute Zugänglichkeit ausgezeichnet, da sowohl die Hydraulikstation als auch der Schaltschrankraum und das Colour Blending System auf einer gemeinsamen Plattform auf 4.000 mm Höhe installiert sind.
Nassseite
Die frischen Produkte werden mit Hilfe eines nahezu wartungsfreien Aushubförderers Takt für Takt über frei einstellbare produktbezogene Geschwindigkeitsrampen weitergefördert. Zudem bietet die Nassseite Freiflächen für zukünftige Erweiterungen aufgrund neuartiger Technik. Weiterhin ist auf der Nassseite ein Produktabkipper in dem Palettenförderer integriert. In einem automatischen Prozess ist dieser mit der Produktkontrolle gekoppelt und führt mangelhafte Chargen in einem Sammelbehälter zusammen, sodass diese zerkleinert und erneut in den Produktionsprozess einfließen können.Anschließend gibt der Aushubförderer die Produkte an den Aushärtebereich weiter.
Beladegerät
Bei Vandersanden übernimmt keine herkömmliche Hubleiter die Befüllung des Pufferregals, sondern ein Beladegerät mit Gegengewichten, das die Produkte von der Transportbahn abnimmt und direkt in eines von zwei Pufferregalen im Verschiebewagen einlagert. Das Pufferregal hat 33 Etagen, von denen bei Produkten bis 75 mm Höhe jede Etage belegt wird. Das Beladegerät arbeitet mit schnellen und präzisen Bewegungen, die produktspezifisch angepasst werden können. Zudem bietet das Beladegerät hinsichtlich der Instandhaltung und Wartung enorme Vorteile, da dank des Riemenantriebs keine Kettenlängung mehr zum Tragen kommt und somit das Auswechseln schwerer Ketten inklusive angeschraubten Auflagewinkeln entfällt. Der eingesetzte Pufferwagen dient der Minimierung von Wartezeiten zwischen der Maschine und Gabelwagen.
Gabelwagen
Der Gabelwagen ist, wie bei Rekers üblich, äußerst robust auf lange Lebensdauer und zuverlässigen Betrieb ausgelegt. In der neuesten Ausführung sind hierbei erneut einige Schritte im Hinblick auf vereinfachte und reduzierte Wartung- und Instandhaltung gelungen. Zur Positionierung von Gabelober- und unterwagen wird auf bewährte Laserwegmessung zurückgegriffen. Signal- und Datenübertragen erfolgen i. d. R. mittels Bluetooth oder Wifi.
Mittels der Gabelwagensteuerung kann der gesamte Prozess bis zur Auslagerung und sogar die Voreinstellung der Trockenseite und Paketierung überwacht und vollautomatisch angesteuert werden. Gemäß den hinterlegten produktbezogenen Aushärtezeiten und Aushärteparametern werden die Produkte nach der entsprechenden Zeit vollautomatisch entnommen und die Antriebe der Förderer sowie Paketierung und etwaige Verpackungsmaschinen gemäß den hinterlegten produktbezogenen Parametersätzen geladen und vollautomatisch eingerichtet.
Aufgrund der CO2-Zuführung im Rahmen des Aushärteprozesses ist es erforderlich, die einzelnen Aushärtekammern luftdicht zu verschließen, sodass die Schienenstruktur des Gabeloberwagens in diesem Bereich unterbrochen wird. Zwei Antriebsachsen ermöglichen es dem Gabeloberwagen diese Unterbrechung zu überqueren und die Produkte in den einzelnen Aushärtekammern ein- und auszulagern. Um dies sehr leichtgängig ausführen zu können, sind am Oberwagen zwei Pedalachsen angebracht.
Darüber hinaus ist es möglich, mit Hilfe des Gabelwagens die Tore der einzelnen Aushärtekammern zu öffnen, zu verfahren und zu verschließen, sodass ein optimaler Aushärteprozess gewährleistet werden kann. Des Weiteren ist der Gabelwagen mit einer Dreheinheit ausgestattet, die zukünftig zum Einsatz kommt, um die Produkte nach der Aushärtung einer Nachbearbeitungslinie in einer weiteren Halle zuzuführen.
Rotho ProCarbonCure System Aushärtekammer
Für die Erhärtung der Pirrouet-Fassadensteine setzt Vandersanden auf die zukunftsweisende Technologie des Rotho Pro Carbon Cure-Systems. Dieses System ermöglicht das sichere Karbonatisieren der Produkte in einer Atmosphäre mit hoher CO2-Konzentration. Denn die Erhärtung von Produkten mit Bindemitteln auf Basis von mineralischen Rückständen aus der Stahlindustrie erfordert einen Paradigmenwechsel, da diese Rückstände Kohlendioxid benötigen, um ihre Festigkeit zu erreichen. Härten übliche Bindemittel, wie z. B. Zement oder sonstige Kleber, unter Luft aus und erreichen nach einer Weile ihre Festigkeit, so passiert genau das bei diesen Bindemitteln mit mineralischen Rückständen aus der Stahlindustrie nur im sehr geringen Maße und nach einer nur sehr langen Zeit. Deshalb ist für die Erhärtung von solchen Bindemitteln die Schaffung einer Atmosphäre mit einer hohen CO2-Konzentration zwingend erforderlich, um die Produkte ausreichend mit Kohlendioxid zu versorgen. Durch den Aufbau einer solchen Atmosphäre können die Fassadensteine große Mengen an Kohlendioxid aufnehmen und damit einen substanziellen Beitrag zu dessen Sequestrierung leisten. Jedoch war hierzu die Entwicklung einer neuen Erhärtungstechnik notwendig, die nur wenig mit der aus der Betonindustrie bekannten Prozesstechnik zu tun hat. Als Resultat der Überlegung entstand das Rotho Pro Carbon Cure-System, das sich bei der Firma Vandersanden zum Karbonatisieren von Bindemitteln auf Basis von mineralischen Rückständen aus der Stahlindustrie bestens bewährt hat.
Die Beauftragung von Rotho zum Bau der CO2-Härtekammern geschah ebenfalls vor dem Hintergrund, dass Rotho sowohl ein Spezialist für die Erhärtung von Betonwaren ist als auch für die Trocknung von keramischen Produkten wie Dach- und Mauerziegeln ist. Denn Kenntnisse aus beiden Fachdisziplinen werden benötigt, um die Pirrouet-Fassadensteine im höchsten Maße karbonisieren zu können. Dieser Zusammenhang erklärt sich aus dem Sachverhalt, dass das Kohlendioxid in das Produkt eindiffundieren muss, damit es mit mineralischen Rückständen aus der Stahlindustrie reagieren kann. Dazu muss jedoch auch ein Teil des Anmachwassers verdampft und Kapillare geschaffen werden, um das Kohlendioxid in das Innere des Produkts zu transportieren. Bedenkt man zudem,
dass Kohlendioxid in höheren Konzentrationen schädlich bis tödlich für den menschlichen Organismus sein kann, können hieraus Anforderungen abgeleitet werden, die für eine qualitätsgerechte Kohlendioxid-Erhärtung wichtig sind.
Mehr dazu lesen Sie in Teil 2 des Beitrags.
CONTACT
Vandersanden
Riemsterweg 300
3740 Bilzen/Belgium
+32 8951 0140
Rekers GmbH
Maschinen- und Anlagenbau
Gerhard-Rekers-Str. 1
48480 Spelle/Germany
+49 5977 9360
Robert Thomas Metall- und Elektrowerke
GmbH & Co. KG
Hellerstr. 6
57290 Neunkirchen/Siegerland
+49 2735 788-0
www.rotho.de/de/